Nach Terroranschlag auf Weihnachtsmarkt in Berlin: Polizei schluderte bei der Fahndung

ARCHIV - HANDOUT - Die Bildkombo zeigt die am 21.12.2016 vom Bundeskriminalamt (BKA) veröffentlichten Fahndungsfotos des Berliner Weihnachtsmarkt-Attentäters Anis Amri. Knapp sieben Monate nach dem islamistischen Terroranschlag auf dem Weihnachtsmarkt nimmt ein parlamentarischer Untersuchungsausschuss des Berliner Abgeordnetenhauses seine Arbeit auf. (zu "Berliner Untersuchungsausschuss zum Terroranschlag beginnt" vom 13.07.2017) Foto: -/Bundeskriminalamt/dpa +++(c) dpa - Bildfunk+++
Der Tunesier Anis Amri war in Berlin mit einem geklauten Lkw in eine Menschenmenge gerast.
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Schwere Vorwürfe gegen die Berliner Polizei bezüglich ihrer Arbeit am Abend des Terroranschlages auf den Berliner Weihnachtsmarkt am Breitscheidplatz. Der Tunesier Anis Amri war mit einem geklauten Lkw in eine Menschenmenge gerast und hatte dabei elf Menschen getötet und mehr als 60 verletzt. Dem 'RBB' und der 'Berliner Zeitung' liegt ein brisanter polizeiinterner Bericht vor. Der wirft der Polizei vor, viel zu spät die angemessenen Maßnahmen getroffen zu haben. Demnach ließ die Behörde mehr als drei Stunden verstreichen, bis sie Fahndungssofortmaßnahmen einleitete, die bei Terroranschlägen vorgesehen sind.

Experten gingen sehr früh von einem Terrorakt aus

Die Folge war, dass die Beamten zu wenig koordiniert vorgingen. Tatort und mögliche Fluchtwege wurden nicht systematisch abgeriegelt und abgesucht. So hatte der Täter, Anis Amri, sowohl genügend Zeit als auch ausreichend Möglichkeiten, den Tatort und wahrscheinlich auch die Stadt zu verlassen.

Weiter heißt es, dass Experten sehr früh von einem Terrorakt ausgingen. Die Polizei schätzte die Lage jedoch weiter als 'Amok-Lage' ein und ergriff nicht die sogenannte Maßnahme 300. Diese beinhaltet sofortige Fahndung und umgehendes Aufsuchen aller bekannter islamistischer Gefährder, um zu überprüfen, wo diese sich aufhalten. Die Maßnahme 300 wurde erst drei Stunden nach dem Anschlag ausgelöst. Sowohl die Bundespolizei als auch die Polizei der Länder Bayern, Brandenburg und Thüringen leiteten wesentlich früher Fahndungen ein.

Der Grund, warum Berlin so spät reagierte war, dass die Polizei sehr schnell einen Tatverdächtigen gefasst hatte und daher andere Maßnahmen nicht als nötig erachtete. In Wahrheit aber hatte die Polizei den Falschen geschnappt und Amri war flüchtig. Darüber hinaus bemängeln andere Polizeistellen die schlechte Kommunikation der Berliner Polizei.

Linke und Grüne fordern Aufklärung

Der Bericht liegt angeblich schon länger vor und behandelt alles, was im Rahmen der Ermittlungen nach dem Anschlag auf dem Breitscheidplatz geschah und unternommen wurde. Eine Schlussfolgerung aus dem Bericht ist, dass die Führungsgruppe am Anschlagsabend ungeübt und das Personal zufällig ausgewählt war. Am Ort des Geschehens hätten die Beamten weitgehend intuitiv und ohne Anweisung gehandelt. Viele Führungspersonen seien schlicht unvorbereitet gewesen.

Linke und Grüne, die beide mit der SPD in Berlin regieren, fordern schnellstmögliche Klärung des Falles und eine Antwort darauf, wie und warum Amri so schnell verschwinden konnte.