Corona-Gegner erklären Demo zu GottesdienstEx-TV-Pfarrer Jürgen Fliege bei "Querdenken"-Demo in München

Allerheiligen-Gebet oder Anti-Corona-Demo? Gut 1.900 Menschen haben sich am Sonntag auf der Münchner Theresienwiese versammelt – dazu aufgerufen hatte die Initiative „Querdenken 089“, die die Corona-Regeln ablehnt. Die Veranstaltung am Sonntag war ursprünglich geplant, um gegen den Teil-Lockdown zu protestieren. Doch aus der angemeldeten Demo wurde am Sonntag spontan ein Gottesdienst – offenbar vor allem, um Maskenpflicht und Teilnehmerbeschränkungen zu entgehen. Passend dazu war auch ein bekanntes Gesicht als Redner angemeldet: Ex-TV-Pfarrer Jürgen Fliege durfte auf der Bühne seine Ansichten rund um die Corona-Einschränkungen verbreiten.
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Stadt München erlaubte nur 1.000 Teilnehmer bei "Querdenken"-Veranstaltung - Schlupfloch genutzt
„In stillem Gedenken an unser geliebtes Grundgesetz“ – unter dieser absurden Mischung aus Trauermarsch und Demo hatte die Initiative die Veranstaltung auf Facebook angekündigt. Angemeldet als Demonstration mit 5.000 Teilnehmern hatte die Stadt München aber nur 1.000 Menschen als maximale Anzahl von Teilnehmern zugelassen – auch zwei Gerichte bestätigten diese Auflagen. Außerdem, auch eine Auflage der Polizei, sollte auf der Veranstaltung eine Maskenpflicht herrschen.
Weil es jedoch bei Gottesdiensten im Freien in Bayern keine maximale Teilnehmerzahl gibt, sahen die Veranstalter hier wohl ein Schlupfloch. Es herrscht zwar Mund-Nasen-Schutz-Pflicht, dieser muss aber nicht am Platz getragen werden. Kurz vor Beginn erklärte „Querdenken 089“ die Veranstaltung also zum Freiluft-Gottesdienst.

Polizei ließ Veranstaltung zunächst laufen
„Hier geht es nicht um Versammlungsfreiheit, hier geht es um einen Gottesdienst“, hatte einer der Redner am Sonntag auf der Theresienwiese gesagt, bevor er die Teilnehmer aufrief, mit ihm zu beten. Die Polizei ließ die Veranstaltung zunächst laufen, „da Inhalte und der Charakter eines Gottesdienstes erkennbar waren“, wie es hieß.
TV-Pfarrer Jürgen Fliege ruft zum "Trauern um das Grundgesetz" auf
Für einen Gottesdienst sprach offenbar auch die Rede des Pfarrers im Ruhestand Jürgen Fliege. In den Neunzigern als TV-Pfarrer bekanntgeworden, fiel er in den letzten Jahren eher durch seine Nähe zur Esoterik auf – auch ein Disziplinarverfahren der evangelischen Kirche wurde 2011 deswegen gegen ihn eingeleitet.
Im Zuge der Corona-Krise machte er wieder von sich Reden und trat bereits mehrfach auf Veranstaltungen der Initiative „Querdenken“ auf. Auf der zum Gottesdienst erklärten Demo am Sonntag sprach er unter anderem von einem „Regime der Angst“ und rief zum Trauern um das Grundgesetz auf – die Corona-Regeln sorgten dafür, dass man „Grundrechte von Artikel 1 bis 19“ nicht mehr habe, sagte Fliege. Auf der Bühne waren während seines Auftritts Grablichter und mehrere mit einer Deutschland-Flagge bedeckte Särge aufgebaut.

Polizei bricht Veranstaltung vorzeitig ab - "Allerheiligen gilt als stiller Feiertag"
Weil es gegen Abend aber so gar nicht mehr andächtig zuging, wurde die Veranstaltung gegen 19.00 Uhr von der Polizei beendet. Die Veranstaltung habe sich dann immer mehr in Richtung eines Konzerts entwickelt, so die Polizei. „Allerheiligen gilt als stiller Feiertag“, bei der Veranstaltung habe es aber auch Musik und vermehrt Applaus gegeben, hieß es. Auch weil der Veranstalter sich nicht einsichtig gezeigt habe, sei die Veranstaltung nach den Angaben schließlich abgebrochen worden.
Bei der An- und Abreise der Teilnehmer sprach die Polizei nach eigenen Angaben rund 200 Belehrungen wegen nicht oder nicht richtig getragener Mund-Nasen-Bedeckungen aus. In zwei Fällen sei es zu einer Anzeige wegen Verstößen gegen das Infektionsschutzgesetz gekommen, in fünf Fällen seien Ermittlungen wegen des Verdachtes des Vorzeigens falscher Atteste nötig geworden.
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