Behandlungskosten liegen über dem DurchschnittÄrztin hilft genitalverstümmelten Frauen – wegen Krankenkassen-Forderung droht ihr der Ruin

Dr. Eiman Tahir hilft Frauen, die unvorstellbares Leid erlitten haben. Tausende Opfer weiblicher Genitalverstümmelung hat die Münchner Gynäkologin in ihrer Praxis bereits behandelt. Doch weil die Behandlung mehr kostet, als den Krankenkassen lieb ist, fordern die einem Bericht der "Abendzeitung" (AZ) zufolge von der Ärztin satte 133.000 Euro zurück. Tahir droht der Ruin.
70.000 Opfer weiblicher Genitalverstümmelung in Deutschland
30 bis 40 Prozent der Frauen, die die Gynäkologin behandelt, kämpft mit den schrecklichen Folgen der Genitalverstümmelung. "Die Vulva wird zugenäht und die Frauen haben lebenslang Beschwerden, sie sind traumatisiert und psychisch auffällig", sagt Tahir in einem Instagram-Video. "Sie haben Schmerzen beim Geschlechtsverkehr, Schmerzen bei der Periode, Schmerzen beim Wasserlassen. Ihr ganzes Leben ist geprägt von Schmerzen." 70.000 Betroffene leben dem Bericht zufolge in Deutschland.
Ärztin Dr. Eiman Tahir kann Strafe nicht zahlen
Für die Opfer der Verstümmelung braucht die Ärztin mehr Zeit und muss spezielle Untersuchungsmethoden anwenden – entsprechend höher sind die Behandlungskosten. Eine Rechnung, die die Krankenkassen nicht mitmachen. Ihre Abrechnung entspreche "nicht dem Gynäkologen-Fachgruppen-Durchschnitt", erläutert Dr. Eiman Tahir.
Sie soll nicht nur die Rückforderung begleichen, sondern ist schon zu einer Geldstrafe von mehr als 17.000 Euro verurteilt worden. Mit der Androhung, in den Knast zu wandert, falls sie nicht zahlt. "Ich soll ins Gefängnis, weil ich beschnittene Frauen behandle", klagt sie im Instagram-Video. Das Dilemma: Zahlt sie, ist sie ruiniert und muss ihre Praxis dichtmachen.
Münchens Ex-OB Christian Ude unterstützt Gynäkologin
Doch zum Glück bekommt die Gynäkologin Unterstützung. Der frühere Münchner Oberbürgermeister Christian Ude (SPD) sagt der AZ: "Mehrere betroffene Frauen haben sich an mich gewandt in der großen Sorge, dass ihnen und allen Frauen, die von genitaler Beschneidung betroffen sind, eine unverzichtbare psychosoziale und medizinische Hilfe verloren gehen könnte ohne jede Aussicht auf zeitnahen Ersatz. Dr. Tahirs Praxis scheine ihm in vielfacher Hinsicht "unvergleichbar" zu sein. "Ein Verschwinden gerade dieser Praxis wäre nicht nur für die betroffenen Patientinnen, sondern auch in der öffentlichen Wirkung noch schlimmer."
Zudem hat der Verein "Nala e.V. Bildung statt Beschneidung" ein Crowdfunding gestartet, um der Ärztin zu helfen: 150.000 Euro sind schon zusammengekommen. Ein kleiner Lichtblick für Dr. Tahir, denn die Pleitegefahr scheint damit vorerst gebannt. (bst)