Rätsel um Tod von Kinder-Schönheitskönigin geht weiterCold Case JonBenét Ramsey (†6): Polizei nimmt erneut Ermittlungen auf

1996 wurde die sechsjährige JonBenét Ramsey ermordet. Bis heute ist die Tat an der US-Kinder-Schönheitskönigin nicht aufgeklärt. Nun nimmt die Polizei erneut die Ermittlungen auf – ganze 26 Jahre später.
"21.000 Hinweise, Briefe und E-Mails"
Das zuständige Boulder Police Department hat angekündigt, erneut die Ermittlungen zu dem Fall aufzunehmen und sich dafür mit dem Colorado Case Review Team zusammengeschlossen. „Seit dem Mord an JonBenét sind die Ermittler Spuren nachgegangen, die aus mehr als 21.000 Hinweisen, Briefen und E-Mails resultierten. Wir sind in 19 Staaten gereist, um mehr als 1000 Personen zu befragen oder mit ihnen zu sprechen“, teilte das Polizeidepartement in einer Erklärung mit.
Rückblick: Was geschah am 25. Dezember 1996?

Am zweiten Weihnachtsfeiertag im Jahr 1996 geht in Atlanta, Georgia um 5.52 Uhr ein Notruf bei der Polizei ein. Es ist die aufgelöste Mutter der sechsjährigen JonBenét Ramsey, Patsy Ramsey. Sie gibt ihre Adresse durch und sagt: „Beeilen Sie sich. Kommen Sie! [...] Unser Kind wurde entführt.“
Anschließend fahren Beamte zum Haus der Familie. Es gibt einen handgeschriebenen Zettel, mit einer Geldforderung in Höhe von 118.000 Dollar. Den soll Patsy Ramsey, nach eigener Aussage, versteckt am Hintereingang des Hauses gefunden haben. Die Entführer würden sich telefonisch melden, doch niemand rief je an.
Die Ramseys selbst fingen an, ihr Haus ein weiteres Mal zu durchsuchen. Und tatsächlich: John Bennett Ramsey fand seine kleine Tochter leblos im Keller. Ihr Mund war mit Klebeband zugeklebt, ihre Arme waren gefesselt. Die Rechtsmedizin stellte später fest, dass die Sechsjährige körperlich misshandelt wurde. Auch ihr Intimbereich wies Verletzungen auf. Zu ihrem Tod führte die Strangulation und ein Schädel-Hirn-Trauma.
Der Zettel, den die angeblichen Entführer hinterließen

Der mutmaßliche Entführer-Zettel, sowie der Stift, mit dem die Notiz verfasst wurde, stammten aus dem Haus der Familie Ramsey. Experten schätzten, dass es circa 21 Minuten gedauert haben muss, diesen Zettel zu schreiben. Es seien wohl „absichtlich“ Rechtschreibfehler eingebaut worden, damit man denken könne, der/die Täter seien nicht amerikanisch. Der Text des Briefes soll teilweise angeblich wortwörtlich aus einem Krimi stammen, der im Bücherregal des Hauses stand.
Auch merkwürdig soll die geforderte Summe im Erpresser-Brief gewesen sein: 118.000 Dollar. Diese Summe entsprach genau der Summe, die Familienvater Ramsey als Bonus von seinem Arbeitgeber bekam.
Außerdem habe es wohl keine Einbruchsspuren gegeben. Vorne am Haus habe Schnee gelegen und man habe nur Abdrücke feststellen können die ins Haus, aber nicht aus dem Haus raus geführt hätten. Was in diesem Zusammenhang unerwähnt blieb: Hinter dem Haus lag gar kein Schnee! Hier hätten mutmaßliche Täter also auch ohne Spuren das Haus verlassen können.
Aufgrund der vielen Ungereimtheiten und dem großen öffentlichen Interesse – die Medien im ganzen Land veröffentlichten Fotos der kleinen Schönheitskönigin – gerieten auch die Eltern unter Verdacht.
Pädophiler gesteht 2006 den Mord an JonBenét Ramsey
Im Jahr 2006 gesteht ein Lehrer mit pädophiler Neigung plötzlich den Mord an der US-amerikanischen Kinder-Schönheitskönigin. Wie man später feststellte, wollte John Mark Karr mit seiner Aussage Aufmerksamkeit erregen. Seine DNA stimmte nicht mit den Spuren am Tatort überein. Aus Mangel an Beweisen wurde das Verfahren gegen ihn eingestellt.
2017 belastet Pathologe Dr. Spitz indirekt den neunjährigen Bruder von JonBenét, Burke Ramsey. Als mögliche Tatwaffe kommt für ihn auch eine Taschenlampe in Betracht, die nicht viel Kraft erfordert um eine tödliche Kopfverletzung, wie bei der Sechsjährigen zu verursachen. Kurze Zeit später tritt der Bruder des getöteten Mädchens zum ersten Mal vor die Kamera. Er selbst bestreitet die Tat. Die Familie wurde schließlich von der Staatsanwaltschaft offiziell entlastet, etwas mit dem Mord an JonBenét zu tun zu haben.
Ungelöster Mordfall: Probleme bei den Ermittlungen
Heute ist auch klar, dass die damaligen Ermittler viele Fehler gemacht haben. Da man zunächst von einer Entführung ausging, wurde das Haus weder durchsucht, noch Spuren gesichert. Nachdem die Sechsjährige vermisst gemeldet wurde, seien Freunde und Bekannte bei der Familie ein und aus gegangen. Das habe es später unmöglich gemacht, Hinweise zu finden.
Als zu der angegebenen Zeit eines weiteren Anrufs der angeblichen Entführer, das Telefon still stand, habe man erst das Haus durchsucht. Der Vater habe seine Tochter alleine aufgefunden. In einem Abstellraum im Keller. Er selbst habe die Leiche schließlich in den Arm genommen, ihr das Klebeband vom Mund abgezogen und sie nach oben gebracht. Dies habe vor allem den Forensikern ihre Arbeit sehr erschwert.
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Ermittler-Team bittet, DNA-Spuren mithilfe neuester Technik erneut untersuchen zu dürfen

Bereits im Sommer 2022 hatte ein US-Ermittler-Team gefordert, den Fall erneut mit modernster DNA-Technologie zu untersuchen. Dafür hatten sie eine „GoFundMe“-Petition ins Leben gerufen. Auch JonBenéts Vater bat öffentlich darum, die Untersuchungen durchführen zu lassen. Die Mutter des Mädchen, Patsy Ramsey, ist 2006 an Krebs gestorben.
Halbbruder: "Interessant"
JonBenéts Halbbruder John Andrew Ramsey kommentierte die Ankündigung der Polizei lediglich mit „Interessant“. In den vergangenen Jahre hatte Ramsey immer wieder die Arbeit der Behörden stark kritisiert. Darunter schrieb er: „Das sind positive Nachrichten. Ein Schritt nach vorne. Es muss noch mehr getan werden, um einen Mörder zu fassen, aber es ist machbar.“ (tpo/mca)