Ärztebundpräsident Montgomery
"Herdenimmunität gegen Corona kurzfristig nicht erreichbar"

Experten warnen schon länger davor, dass die befürchtete Ausbreitung der Delta-Variante in Deutschland das Erreichen der Herdenimmunität weiter erschweren könnte. Zwar nimmt die Zahl der gegen Corona Geimpften zu, aber wann eine Herdenimmunität stattfindet, ist offen. Daher stellen der Weltärztebund-Präsident Montgomery und führende Immunologen Forderungen auf.
Anreize für Impfungen schaffen
Der Präsident des Weltärztebundes, Frank Ulrich Montgomery, ist der Meinung, dass eine Herdenimmunität kurzfristig nicht zu erreichen ist. "Menschen, die skeptisch sind, müssen wir überzeugen. Die zehn Prozent, die sich ums Verrecken nicht impfen lassen wollen, werden ihre Immunität erreichen, indem sie eine Erkrankung durchmachen", sagt Montgomery den Zeitungen der Funke Mediengruppe einem Vorabbericht zufolge.
Für eine Herdenimmunität müsse der Anteil der Geimpften bei 85 Prozent liegen. Der Schlüssel zum Erfolg sei eine möglichst hohe Durchimpfung der Bevölkerung, so Montgomery, dafür müsse man Anreize setzen. "Ich glaube aber nicht, dass wir auf die Maske komplett verzichten können."
Herdenimmunität ohne Impfung von Kindern nicht erreichbar
Die Deutsche Gesellschaft für Immunologie geht davon aus, dass eine Herdenimmunität gegen das Coronavirus ohne die Impfung von Kindern und Jugendlichen nicht erreichbar ist. "Klassischerweise geht man von einer Herdenimmunität aus, wenn 60 bis 70 Prozent der Bevölkerung gegen den Erreger geschützt sind. Das setzt aber voraus, dass sich der Erreger in diesen Personen nicht vermehren kann", sagte Vizepräsident Reinhold Förster den Zeitungen der Funke Mediengruppe am Dienstag.
Bei Sars-Cov-2 sei dies aber anders: Menschen könnten das Virus übertragen, obwohl sie selbst nicht erkrankt seien, obwohl sie geimpft und vollkommen symptomfrei seien. Mit der Delta-Variante habe sich die Situation verschärft: "Sie ist deutlich ansteckender. Sie betrifft sehr stark Jugendliche und Kinder", sagte Förster. "Solange diese Gruppe gar nicht oder wenig geimpft ist, werden wir keine Herdenimmunität bekommen."
Aus Sicht des Robert Koch-Instituts sollten im Kampf gegen die Delta-Variante mindestens 85 Prozent der 12- bis 59-Jährigen und 90 Prozent der Menschen ab 60 Jahren vollständig geimpft sein. "Bei rechtzeitigem Erreichen dieser Impfquote scheint eine ausgeprägte 4. Welle im kommenden Herbst/Winter unwahrscheinlich", heißt es in einem Papier des RKI, das am Montag veröffentlicht wurde. (dpa/jar)