Lebensgefährliche Verläufe sollen verhindert werden
Medikamente gegen Corona - Was bringen sie wirklich?

Eine Tablette gegen Corona? Einige Medikamente wurden eben erst neu in der EU zugelassen. Im Einsatz sind sie aber schon länger. Doch was bringen sie?
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"Impfung ist der bessere Weg"
Experten beurteilen die Studien über die Arzneimittel durchaus positiv. Sie schützen zwar nicht vor einer Infektion, können aber einen schweren Krankheitsverlauf verhindern. „Die Medikamente sind eine Säule in der Coronavirus-Bekämpfung“, sagt Pharmazie-Professor Thorsten Lehr von der Universität des Saarlandes. „Es ist gut, dass wir endlich diese Mittel haben.“ Doch eine Kehrtwende für die Pandemie sieht der Wissenschaftler aus Saarbrücken in ihnen noch nicht. „Die Impfung ist der billigere und definitiv viel bessere und effizientere Weg.“
Was bringen Ronapreve und Regkirona?
Jüngst gab die EU für zwei Antikörper-Medikamente grünes Licht: Ronapreve des Schweizer Pharmaunternehmens Roche und Regkirona des Herstellers Celltrion aus Südkorea binden bei Infizierten das Spike-Protein von Sars-CoV-2 an sich, so dass der Erreger nicht in die Körperzellen eindringen kann. Damit soll dessen Ausbreitung verhindert und die Viruslast möglichst niedrig gehalten werden.
Beide Mittel müssen als Infusion verabreicht werden - meistens im Krankenhaus. Seit Kurzem wird die Behandlung nach Angaben des Münchner Universitätsklinikums rechts der Isar dort auch ambulant angeboten.
Bei Ronapreve, einem Antikörper-Cocktail aus Casirivimab und Imdevimab, zeigen Studien: Die Gefahr für Risiko-Patienten, nach einer Corona-Infektion ins Krankenhaus zu kommen oder gar zu sterben, ist um 70 Prozent reduziert. Zudem soll sich bei frisch Infizierten die Viruslast um 90 Prozent verringern und die Gefahr, überhaupt Symptome zu entwickeln, um etwa die Hälfte.
Regkirona mit dem Antikörper Regdanvimab zeigt bei Patienten mit milden bis moderaten Symptomen, dass sie schneller genesen und seltener einen schwereren Verlauf haben. Die Europäische Arzneimittelbehörde EMA verweist etwa auf eine Studie, nach der rund drei Prozent der behandelten Patienten in Kliniken eingewiesen werden mussten, Sauerstoff bekamen oder sogar starben. Bei den Patienten, die das Mittel nicht bekommen hatten, waren es gut elf Prozent.
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Medikamente nicht für alle geeignet
„Die Medikamente haben eine ganz gute Schutzwirkung, aber mit einer Wirksamkeit von etwa 75 Prozent gegen schwere Verläufe liegen sie noch unter der Wirksamkeit von mRNA-Impfungen - vor allem nach einer Booster-Impfung“, sagt Lehr. Zudem müsse sich erst noch beweisen, wie effektiv die Medikamente in der Realität seien. Denn Ergebnisse aus klinischen Studien seien in der Regel nicht eins zu eins übertragbar, die Wirksamkeit möglicherweise niedriger.
Und es gibt noch einen Haken: Die beiden Mittel sind nicht für alle Corona-Betroffenen geeignet, sondern eigentlich nur für Patienten mit Risiko für einen schweren Verlauf - die aber noch keine oder wenige Symptome haben. „Wenn sie zu spät eingesetzt werden, wirken die Mittel deutlich schlechter“, erklärt Lehr. Auch der Virologe Christian Drosten von der Berliner Charité hatte Ende September gesagt, dass eine Verabreichung der Antikörper-Mittel „fast immer schon zu spät“ sei. Denn bei einem durchschnittlichen Patienten habe sich das Virus bereits zu Symptombeginn im Körper stark vermehrt. (dpa/jar)