Wie erklärt die Justiz der Familie von Walter Lübcke dieses Bild?
Skandal nach Lübcke-Urteil: Angeklagter posiert vor Justizbeamten für Fotos
Höchststrafe für Stephan Ernst - mildes Urteil für Markus H.
Für den Mord am Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke wird Stephan Ernst sehr lange im Gefängnis sitzen. Das Gericht in Frankfurt verurteilte ihn am Donnerstag zur Höchststrafe. Sein Bekannter Markus H. dagegen wurde lediglich wegen unerlaubten Waffenbesitzes verurteilt – ein Jahr und sechs Monate auf Bewährung. Das Urteil ist für Markus H. offenbar ein Grund zur Freude: Wie auf mehreren Fotos zu sehen ist, machte er direkt nach dem Urteil ein paar Schnappschüsse mit seinen Strafverteidigern – wohl zur Erinnerung an den für ihn erfolgreichen Ausgang des Prozesses.
Ausgerechnet ein Justizbeamter ist der Fotograf
Auf den Fotos posieren Markus H. und seine beiden Verteidiger Björn Clemens und Nicole Schneiders lächelnd direkt vor der offenen Tür des Gerichtssaals. Im Saal selbst war das Fotografieren allerdings verboten – auch für Presse- und Medienvertreter. Trotzdem hat die Knipserei nach dem Urteil nach RTL-Informationen für Markus H. keinerlei direkte Konsequenzen. Als Fotograf für die Erinnerungsbilder dient dabei ausgerechnet ein Justizbeamter des Gerichts in Frankfurt.
Gericht auf RTL-Anfrage: Fotos „unüblich und unpassend“
Für den Angeklagten scheint das Urteil ein Grund zum Feiern zu sein – mit Fotos will er diesen Moment offenbar für immer einfangen. Schon die Aufnahmen selbst sind mehr als ungewöhnlich, dass aber ausgerechnet ein Justizbeamter sie knipst, hat einen üblen Beigeschmack.
Auf RTL-Anfrage bezeichnet eine Sprecherin des Gerichts die Fotos als „unüblich und unpassend“. „Wir werden den Vorgang hier unmittelbar aufgreifen, aufklären und die dann ggf. erforderlichen Maßnahmen ergreifen“, so die Sprecherin.
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Markus H. im Lübcke-Prozess nur für unerlaubten Waffenbesitz verurteilt
Markus H. war wegen Beihilfe zum Mord an Walter Lübcke angeklagt. Stephan Ernst hatte ihn wiederholt belastet und ausgesagt, dass er bei der Tat anwesend gewesen sei. Das sah das Gericht allerdings nicht als erwiesen an. Zwar hätten beide Angeklagte dieselbe rechtsextreme Weltanschauung geteilt. Doch das Gericht habe weder feststellen könne, dass H. den Tatentschluss von Ernst förderte, noch dass er es für möglich hielt, dass Ernst einen politischen Entscheidungsträger töten würde, hieß es in der Urteilsbegründung.
Stattdessen verurteilte das Gericht H. nur wegen unerlaubten Waffenbesitzes. Er hatte eine zur Deko-Waffe umgebaute Maschinenpistole gekauft, die nicht vollständig unbrauchbar gemacht worden war.
Familie und Freunde bestürzt über mildes Urteil für Markus H.
Im Interview mit RTL macht Rainer Hahne, ein Freund von Walter Lübcke, seinem Ärger über das milde Urteil Luft: "Jetzt kann der durch Kassel laufen und weiter sein rechtsradikales Gedankengut verbreiten." Auch Walter Lübckes Ehefrau und seine zwei Söhne zeigten sich über das Urteil gegen H. enttäuscht: Man sei überzeugt, dass er mit Ernst den Mord geplant und vorbereitet habe. „Es schmerzt die Familie, dass das Gericht trotz ihrer Ansicht nach überzeugender Beweislage im Fall H. zu einem anderen Urteil gekommen ist“, sagte ein Sprecher der Familie. Man wolle nun in Ruhe entscheiden, ob man Revision einlege.