Sie hat "eine furchtbare Flucht hinter sich"

Lehrerin Iryna Mikulska flüchtete selbst: Nun unterrichtet sie ukrainische Flüchtlingskinder in Norderstedt

Iryna Mikulska unterrichtet die geflüchteten Kinder in Englisch und unterstützt als Dolmetscherin in den anderen Fächern.
Iryna Mikulska musste aus der Ukraine vor dem Krieg flüchten. Hier in Norderstedt unterrichtet die 38-jährige Lehrerin aus Kiew nun Kinder, die ebenfalls flüchten mussten.
RTL Nord

Sie flüchtete selbst vor dem Krieg – und will nun geflüchteten Kindern helfen und sie weiterbilden: Iryna Mikulska ist die erste ukrainische Lehrerin, die in den Schulbetrieb in Schleswig-Holstein integriert wird. RTL Nord durfte sie bei einem ihrer ersten Schultage begleiten.
Lese-Tipp: Alle aktuellen Informationen rund um den Angriff auf die Ukraine finden Sie jederzeit im Liveticker

Die Augen der Kinder waren "voller Angst"

Iryna Mikulska musste aus der Ukraine vor dem Krieg flüchten. Hier in Norderstedt unterrichtet die 38-jährige Lehrerin aus Kiew nun Kinder, die ebenfalls flüchten mussten.
Iryna Mikulska musste aus der Ukraine vor dem Krieg flüchten. Hier in Norderstedt unterrichtet die 38-jährige Lehrerin aus Kiew nun Kinder, die ebenfalls flüchten mussten.
RTL Nord

Iryna Mikulska ist studierte Englisch-Lehrerin aus Kiew. An der Gemeinschaftsschule Harksheide in Norderstedt unterrichtet sie künftig im sogenannten DaZ-Bereich (Deutsch als Zweitsprache). Dort gibt es eine Klasse mit 13 ebenfalls aus der Ukraine geflüchteten Kindern. Für die sei sie nicht nur als Lehrerin wichtig, sondern auch als muttersprachliche Bezugsperson, erzählt sie im RTL Nord-Interview auf Englisch: „Ich erinnere mich an Montag, als ich das erste Mal in diese Schule kam und ich sah die Schüler mit ihren Eltern und ich sah ihre Augen voller Angst“, berichtet Iryna Mikulska. „Sie sprechen kein Deutsch und nur wenig Englisch und sie sind in einer neuen Stadt, in einem neuen Land und sie kennen sich nicht aus. Und als ich dann anfing, ukrainisch mit ihnen zu sprechen, entspannten sie sofort.“

Der Job als Lehrerin hilft auch ihr selbst bei der Eingewöhnung

Die Kinder aus der Ukraine sind sehr glücklich, dass sie nun eine Lehrerin haben, die ihre Muttersprache spricht.
Die Kinder aus der Ukraine sind sehr glücklich, dass sie nun eine Lehrerin haben, die ihre Muttersprache spricht.
RTL Nord

Dabei ist der Beginn für die 38-Jährige selbst nicht einfach, hat sie doch gerade erst eine Flucht hinter sich und ihre Heimat und Familie zurückgelassen: „Ich fühlte mich zuerst extrem einsam. Ich wollte nur nach Hause. Ich weinte und dachte, ich bin jetzt hier und habe nichts.“ Doch der Job an der Schule erweist sich für sie als Glücksfall: „Als ich anfing zu arbeiten und wusste, ich habe jetzt einen Job, einen Arbeitsplatz und Kollegen, die mich verstehen, die mich auch brauchen. Ab da fühlte ich mich nützlich und seit diesen fünf Tagen denke ich nicht so an die Tragödie. Natürlich vermisse ich die Stadt, ich vermisse meine Familie, aber ich fühle mich nicht mehr ganz so elend.“

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Sobald wieder Frieden herrscht, möchte sie zurück

Aber auch für die anderen Lehrer an der Schule, wie Dilay Parlak, ist Iryna Mikulska eine große Hilfe: „Sie steht uns wirklich immer mit Rat und Tat zur Seite“, erzählt Dilay Parlak aus der Praxis. Denn Iryna Mikulska unterrichtet nicht nur selbst in Englisch, sondern assistiert und übersetzt auch in den anderen Fächern. „Wenn die Schüler dann mal wirklich einen Arbeitsauftrag nicht verstehen, übersetzt sie dann gleich. Das geht natürlich alles viel schneller und wir gewinnen an Zeit“, freut sich Dilay Parlak über die neue Hilfe.

„Die Zusammenarbeit funktioniert wunderbar, man spricht sich ab, man tauscht sich aus“, zieht Schulleiter Rainer Bülck ein erstes Fazit. „Es geht ja einfach nur darum, den Kindern etwas Normalität zu vermitteln und natürlich auch fachlich ein bisschen Lernzuwachs zu erwirken und das funktioniert bis jetzt wunderbar.“ Wie lange Iryna Mikluska der Schule erhalten bleiben wird, ist ungewiss. Denn sobald wieder Frieden herrscht in der Ukraine, möchte sie zurück in ihr Land.

Mehr ukrainische Lehrkräfte an Schleswig-Holsteins Schulen

Rund 1100 ukrainische Kinder sind bereits an den schleswig-holsteinischen Schulen im Unterricht.
Rund 1100 ukrainische Kinder sind bereits an den schleswig-holsteinischen Schulen im Unterricht.
RTL Nord

Am Mittwoch (30. März) hatte Schleswig-Holsteins Bildungsministerin Karin Prien (CDU) die 38-Jährige als erste ukrainische Lehrerin begrüßt. "Es ist uns sehr schnell gelungen, die erste Lehrerin aus der Ukraine einzustellen", freute sich Prien und betonte im RTL Nord-Interview: "Sie ist seit drei Wochen hier und hat eine furchtbare Flucht hinter sich. Aber sie beschreibt eben auch, wie wichtig es ist, für die Kinder aus der Ukraine, die mit ihr jemanden haben, der aus ihrer Heimat kommt, der mit ihnen auch Ukrainisch sprechen kann."

Prien kündigte zudem an, dass in den kommenden Tagen weitere Verträge mit Lehrkräften aus der Ukraine geschlossen werden. Aktuell liegen dem Bildungsministerium 22 weitere Bewerbungen vor. Sie sollen als Unterstützungslehrkräfte arbeiten. Derzeit besuchen nach Ministeriumsangaben rund 1100 Schüler aus der Ukraine schleswig-holsteinische Schulen.