SPD, Grüne und FDP verhandeln über die Ampel
Koalitionsverhandlungen in der Krise: Ampel-Honeymoon schon vorbei?

von Maximilian Storr
In den vergangenen Wochen demonstrierten sie bewusst Einigkeit, lichteten sich auf Selfies ab, betonten Gemeinsamkeiten, versprachen Verschwiegenheit und repräsentierten eine neue Aufbruchstimmung im Land. Mit einem Sondierungspapier besiegelten SPD, Grünen und FDP die Koalitionsverhandlungen.
Seitdem war es recht still. Bis jetzt. Allmählich offenbart sich, dass die Verhandlungen deutlich komplizierter werden könnten, als bisher nach außen kommuniziert wurde. Auf Grün scheint die Ampel jedenfalls noch lange nicht zu stehen.
Steckt die mögliche Koalition in ihrer ersten Krise, bevor sie überhaupt an den Start gegangen ist?
Annalena Baerbock: "Sind noch nicht so weit"
Besonders bei den Themen Klima, Verkehr, Bauen und Finanzen sei die Situation verfahren, erfuhr RTL aus Verhandlungskreisen. Und Grünen-Chefin Annalena Baerbock hat dem RBB-Inforadio einen Einblick gegeben, warum eigentlich alle Themen vom Klimaschutz, dem Kernthema der Partei, abhängig sind. Die Klimaschutz-Aufgabe müsse sich nämlich querschnittartig durchziehen. Das betreffe vor allem den Baubereich und den Verkehrssektor, wo die Treibhausgas-Emissionen bisher nicht ausreichend gesunken seien. „Da sind wir noch nicht so weit, dass wir sagen können, wir haben jetzt alle Weichen dafür gestellt, auf den 1,5-Grad-Pfad zu kommen.“, sagte Baerbock.
Die Grünen-Chefin resümierte: „Wir brauchen eine neue Bundesregierung, die Veränderung in diesem Land erreicht, die nicht nur Fortschritt auf Papiere draufschreibt, sondern den dann auch in den wesentlichen Kernbereichen löst.“
Mit Blick auf den angestrebten Koalitionsvertrag fügte sie hinzu: „Wir können noch nicht sagen, wann er fertig ist, weil wir bei zentralen Baustellen noch nicht sehen, dass wir sagen können, dann sind wir fertig. Diese Erneuerung des Landes soll in den nächsten vier Jahren greifen. Und da kommt es jetzt nicht auf vier Tage mehr oder weniger an in den Gesprächen.“
Auch der Grünen-Bundesgeschäftsführer Michael Kellner kritisierte: „Wir sehen derzeit zu wenig Fortschritt, was die inhaltliche Substanz anbetrifft.“ Versöhnliche Töne schlägt dagegen die SPD ein.

RTL-Politkchef Blome: "Das wird dauern. Zum Erfolg verdammt sind SPD, Grüne und FDP trotzdem."
„Es ist ganz normal, dass während der Verhandlungen mal die eine oder die andere Partei mal zufriedener oder unzufriedener ist. Das kommt da auch ein bisschen darauf an, in welche Arbeitsgruppe man da gerade blickt“, sagte die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer dem „ZDF Morgenmagazin“ und ergänzte: „Wir verhandeln in guter Atmosphäre. Und dass es ab und zu mal ruckelt, ist doch das Normalste auf der Welt.“ Gute Miene zum bösen Spiel?
Für RTL-Politikchef Nikolaus Blome ist klar: „Bei drei Parteien mit so unterschiedlicher Weltanschauung ist die Koalitionsbildung natürlich schwer. Bislang war das hinter einer großen Harmonie-Fassade verborgen. Aber jetzt geht es ganz konkret zum Beispiel ums Geld, um schmerzhafte Eingriffe beim Klimaschutz oder um ein so umstrittenes Thema Migration. Das wird dauern. Zum Erfolg verdammt sind SPD, Grüne und FDP trotzdem."
Bei den Unterhändlern hoffe man jetzt auch auf das Geschick der Chefrunde um Olaf Scholz (SPD), Christian Lindner (FDP), Baerbock und Robert Habeck (Grüne), wie RTL aus Verhandlungskreisen erfahren hat. Ob rund um den Nikolaus-Tag schon eine Koalition steht, bleibt also wohl noch abzuwarten.