Allein über die Bundesstraße bis zum Pool nach Hause

Kita-Schock in Wietze: Fünfjährige Jungs büxen unbemerkt aus

21.06.2018, Brandenburg, Wildau: Ein leerer Spielplatz auf dem Gelände der Kita Wirbelwind. Mindestens 150 Kita-Kinder in Wildau (Dahme-Spreewald) sind wegen Übelkeit und Erbrechen am Donnerstag von Rettungskräften versorgt worden. Nach Angaben der Stadtverwaltung waren zwischen 150 und 160 Kinder in den drei kommunalen Kitas der Stadt betroffen sowie einige der Betreuer. Laut Lagezentrum des Polizeipräsidiums in Potsdam wurden 13 der Kinder ins Krankenhaus gebracht. Es gebe die Vermutung, dass die Übelkeit und das Erbrechen vom Essen kommen könnte, das in die Kitas geliefert worden sei. Von dem Essen wurden laut Stadt Proben genommen, die untersucht werden sollen. Foto: Patrick Pleul/dpa-Zentralbild/ZB +++ dpa-Bildfunk +++
Nach dem Mittagsschlaf konnten die Kinder über einen Zaun klettern. (Symbolbild)
ppl, ZB, Patrick Pleul

Das hätte auch ganz anders ausgehen können.
Am vergangenen Freitag (17. Mai) klettern zwei Fünfjährige über den Zaun der Kita Villa Fliegenpilz in Wietze, Niedersachsen, laufen über die stark befahrene Bundesstraße B214 nach Hause und spielen unbeaufsichtigt am Pool im Garten des Elternhauses. Das Unglaubliche: Zunächst fällt es niemanden auf.

Schockanruf während der Arbeit

Es ist ein riesen Schreck für die Mutter: Während sie bei der Arbeit ist, klingelt plötzlich ihr Telefon: „Mensch, unser Sohn ist hier im Garten, sein Freund auch“, erzählt ihr Mann, der nur zufällig zuhause ist. Die Kinder verraten, dass sie aus der Kita weggelaufen sind. „Wir haben dann gewartet, dass der Kindergarten anruft, eigentlich fällt es ja schnell auf, wenn Kinder fehlen“, berichtet die Mutter im Gespräch mit RTL.

Doch die Kita meldet sich erst fast eine Stunde später, wohl weil zuvor intensiv nach den Jungen gesucht wurde - für die Mutter unverständlich. Der Bürgermeister der Gemeinde Wietze Wolfgang Klußmann (CDU) entgegnet allerdings: „Bevor man Eltern unnötig in Panik versetzt, geht man lieber noch einmal auf Nummer sicher.“

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„Wir können dafür keine hundertprozentige Sicherheit geben“

Laut der Mutter seien nach dem Vorfall einige Sicherheitsmängel der Kita deutlich geworden. „Der Zaun zur Bundesstraße ist der niedrigste Zaun in der ganzen Gemeinde Wietze“, erläutert sie. Auch hätten die Kinder ohne Probleme den elektronischen Türöffner betätigen können, dazu hätten sie einfach nur auf eine Heizung klettern müssen.

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Die Gemeinde Wietze hat den Türöffner mittlerweile umgesetzt. „Dort, wo wir die Möglichkeit hatten nachzubessern, haben wir das getan“, so Bürgermeister Wolfgang Klußmann auf Nachfrage von RTL. „Ich habe vollstes Verständnis für die Verunsicherung der Eltern. So etwas sollte auf keinen Fall passieren, es kann aber passieren. Wir können dafür keine hundertprozentige Sicherheit geben.“

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Mutter wartet noch auf aufrichtige Entschuldigung

Die betroffene Mutter erzählt im Gespräch mit RTL, dass ihr Sohn seit dem Vorfall zu Hause bleibt. Das Vertrauen in die Einrichtung sei stark beschädigt, dabei betont sie aber: „Generell sind wir immer zufrieden mit dem Kindergarten gewesen.“ Die Kita-Leitung habe sich einsichtig gezeigt, dennoch habe sie das Gefühl, dass sich die Beteiligten herausreden. „Ich glaube, eine aufrichtige Entschuldigung kommt, wenn alles etwas abgekühlt ist“, sagt sie.

Auch Bürgermeister Wolfgang Klußmann hofft, dass der Vorfall schnell aufgearbeitet werden kann, sodass die Eltern ihre Kinder bald wieder mit einem guten Gefühl in den Kindergarten bringen.