La Palma lockt Gaffer an
Katastrophentourismus beim Vulkanausbruch

Auf der Isla Bonita liegt eine merkwürdige Stimmung: Einerseits leben die Bewohnerinnen und Bewohner auf der Südhälfte der Insel seit Wochen mit der Angst, ihre Häuser und ihre Existenzen zu verlieren. Schlimmstenfalls sogar ihr Leben. Andererseits beginnen Gastronomen gerade damit, ihr Tourismuskonzept umzustellen, wollen gezielt Vulkantouristen anlocken. Tourismus und Not liegen extrem nah bei einander. Unser Reporter Dominique Fleckiger ist vor Ort und beschreibt seine Eindrücke.
Public Viewing-Feeling bei sprühender Lava

Die einen fliehen vor dem Vulkan, die anderen suchen ihn. Man hört erste Vergleiche mit den ebenfalls vulkanischen Inseln von Hawaii, die seit langem sogenannte Vulkanspotter magisch anziehen. Sprühende Lava, ohrenbetäubendes Grollen und Ascheregen lösen eine große Faszination aus, sogar bei vielen Einheimischen. Neben Touristen aus aller Welt kommen auch Canarios von den anderen Inseln nach La Palma, um den namenlosen Vulkan besonders nachts zu beobachten. Einige bringen Weinflaschen mit und liegen sich in den Armen – Public Viewing-Feeling. Während direkt nebenan Existenzen zerstört oder bedroht sind.
Fragt man die Spotter, ob sie moralische Bedenken haben, ist ein Argument auf ihrer Seite: Wenn Touristen die Insel nach Corona und Vulkanausbruch meiden, ist den Einheimischen am allerwenigsten geholfen. Denn neben der Landwirtschaft lebt die kleine Kanareninsel hauptsächlich vom Tourismus.
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Hotelauslastung auf La Palma derzeit bei nur 15 Prozent
Wie lange die Eruption noch anhält, können Vulkanologen oder Geologen kaum seriös vorhersagen. Es könnte noch einige Wochen dauern, schlimmstenfalls aber auch noch einige Monate. Erst am Freitag breitete sich eine riesige dunkle Aschewolke über großen Teilen der südlichen Insel aus. Sie wirkte bedrohlich, besonders im Zusammenspiel mit dem tiefen Grollen, den Erdbeben und dem Lavaregen.
Die offizielle Hotelauslastung liegt auf La Palma derzeit bei nur 15 Prozent. In dem Hotel, in dem Reporter Dominique Fleckinger und sein Team derzeit unter kommen, sind allerdings aktuell alle Zimmer belegt. Trotzdem findet man niemanden am großen Pool. Der Grund? Vielleicht haben sich alle auch heute wieder auf den Weg gemacht zum speienden Vulkan – der ist jedenfalls wieder zum Treffpunkt von dutzenden Schaulustigen geworden, die von der Faszination des Vulkans immer wieder magisch angezogen werden.
IM VIDEO: Neue, riesige Lavaströme auf La Palma
Der Vulkan auf der Kanareninsel La Palma spuckt gerade so viel Lava, Rauch und Asche wie noch nie seit Beginn des aktuellen Ausbruchs. (kse)