Ist das das Aus für das "Polizei-Google"?Karlsruher Bundesverfassungsgericht stuft "Hessendata" als verfassungswidrig ein

„Hessendata“ soll da helfen, wo das menschliche Hirn nicht mehr weiterkommt. Das Programm durchforstet verschiedene Datenbanken der Polizei, um mögliche Querverbindungen zwischen Tätern, Verbrechen, Orten usw. zu finden, die Ermittlern sonst vielleicht nie aufgefallen wären. Das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe hat aber nun das Urteil gefällt, dass der Einsatz dieser Software in seiner jetzigen Form verfassungswidrig ist.

Was ist das Problem mit „Hessendata“?

Insbesondere Datenschützer halten die Verwendung der Software für kritisch. In Hessen werden zunächst einmal nur Daten aus Polizeibeständen ausgewertet. In einer der Datenbanken sind allerdings auch Opfer und Zeugen erfasst - oder jemand, der einmal einen Kratzer am Auto zur Anzeige gebracht hat. Die Gesellschaft für Freiheitsrechte (GFF), die die Überprüfung in Karlsruhe angestoßen hatte, hält das für hochproblematisch. Das Programm mache auch vor unbescholtenen Menschen nicht Halt.

In Hessen, wo die Polizei schon seit 2017 mit der Software arbeitet, bekommt der Gesetzgeber bis spätestens Ende September Zeit, die problematische Vorschrift neu zu regeln.

Landespolizeipräsident hält Software für unproblematisch

Hessens Polizeipräsident Robert Schäfer geht davon aus, dass die Polizei auch nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts weiter mit der Analyse-Software Hessendata arbeiten kann. Die einschränkenden Vorgaben des Gerichts hätten aber zur Folge, “dass mit Daten nicht so umgegangen werden kann, wie das bisher der Fall war“.

Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) in Hessen hingegen fordert nun rasch eine Alternative. Die Hilfe von Computersystem sei bei der Ermittlungsarbeit dringend notwendig. Es sei utopisch zu glauben, die zur Aufklärung schwerer Verbrechen relevanten Informationen könnten aus einem Wust von Daten „händisch“ herausgefischt werden, sagt der Gewerkschafter Jochen Kopelke. Nur mit geeigneter Software sei eine rasche Auswertung ermittlungsrelevanter Daten möglich. Wichtig sei dies beispielsweise bei Ermittlungen zu sexualisierter Gewalt gegen Kinder.

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Innenminister: Hessendata weiter verwendbar

Nach Einschätzung des hessischen Innenministers Peter Beuth (CDU) ist der Einsatz der Datenanalyse-Software Hessendata auch nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts möglich. Das Urteil habe die Notwendigkeit moderner Analysewerkzeuge für die Polizeibehörden grundsätzlich anerkannt und ermögliche den weiteren Einsatz von Hessendata, sagt Beuth. „Das ist ein wichtiges Signal für die weitere Digitalisierung der Ermittlungsarbeit unserer Sicherheitsbehörden.“

Auch der Vorsitzende des Ersten Senats, Gerichtspräsident Stephan Harbarth, sagte, dass eine „verfassungsgemäße Ausgestaltung“ der Arbeit mit der Software grundsätzlich möglich sei.(dpa/kmü)