„Anachronistisch und von zweifelhaftem Geschmack“

Italien in Aufregung: Dieser Kalender ist angeblich zu freizügig

Kalender
Die Aufnahmen zu dem Kalender stammen aus einem Video des Fotostudios Belviso

Dass so ein Kalender in den prüden USA zum Politikum wird, hätte uns nicht überrascht, aber leichtbekleidete Frauen lösen auch im eher entspannten Italien Aufregung hervor.
Es geht um einen Kalender aus der Stadt Cerignola in Apulien. Darin zu sehen: Zehn junge Frauen. Sie tragen Miniröcke, knappe Shorts und enge Oberteile. Das ist vielen Sittenwächtern zu freizügig, sie stellen deswegen Stadtverwaltung und Bürgermeister an den Pranger.
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„Es ist absurd, Frauen mitten in der Stadt in Badekleidung zu zeigen“

Die Fotos entstanden im vergangenen Sommer am Rande eines „Miss Italia“-Wettbewerbs. Sie zeigen Teilnehmerinnen an historischen Plätzen der 58.000-Einwohner-Stadt in Provinz Foggia. Angefertigt wurden sie vom Fotografen Guiseppe Belviso, der ein Video von der Entstehung auf seiner Facebook-Seite zeigt. Er hat den Kalender dem 100-jährigen Bestehen des Fotostudios gewidmet. Die Gemeinde unterstützte das Projekt, deswegen ziert auch das Stadtwappen die Kalenderblätter.

Jetzt schlagen die Wellen der Empörung hoch. Franca Dente, Sprecherin des Frauenverbandes Impegna nannte es „absurd, Frauen mitten in der Stadt in Badekleidung zu zeigen“. Ex-Bürgermeister Franco Mette echauffierte sich regionalen Medien über angebliche „Posen fragwürdigen Geschmacks“ der jungen Frauen.

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Stadtrat prangert ihn als „den Kalender der Peinlichkeiten“ an

Für Stadtrat Nicola Netti stellt das Werk einen „den Kalender der Peinlichkeiten“ dar. Er sagte: „Nichts Schockierendes, außer dass es sich um einen institutionellen Kalender handelt. Aber stellen Sie ihn sich in Schulen oder in den Büros der bischöflichen Kurie vor.“

„Anachronistisch und von zweifelhaftem Geschmack“ findet sein Politiker-Kollege Gianvito Casarella den Kalender. „Wenn ich das Wappen der Stadt darauf anbringen müsste, hätte ich es vermieden und mich auf andere „Schönheiten“ von Cerignola konzentriert.“ Nicht einmal das Staatsfernsehen RAI übertrage heute noch Schönheitswettbewerbe, führt er aus.

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Stadträtin: „Als Frau bin ich (...) nicht beleidigt"

Kultur-Stadträtin Rossella Bruno versteht die Aufregung nicht. Sie stellt klar, dass es sich nicht um einen offiziellen Kalender der Stadt Cerignola handele. Sie hoffe damit, „das Feld von politischen Kontroversen zu räumen, die auf dem Anspruch basieren, den persönlichen Geschmack zu objektivieren.“ Sie sei verwundert darüber, dass sich zum Zeitpunkt der Misswahl im Juli 2023 niemand zu Wort gemeldet habe.

„Warum jetzt so viel Skandal?“, fragt sie. „Da es sich um persönliche Meinungen handelt, werde ich auch meine äußern. Als Frau bin ich von der naiven Darstellung weiblicher Schönheit im Kalender nicht beleidigt.“ Als Stadträtin schätze sie die Initiative zur der schönen und historischen Altstadt Cergnolas. Belviso habe sie „mit Geschmack und Anmut“ umgesetzt.

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Fotostudio bezeichnet Kritik als „vulgäre Hetze“

A COUNTESS FROM HONG KONG, Sophia Loren, 1967
Auch das italienische Nationalheiligtum Sophia Loren begann seine Karriere als Teilnehmerin einer Misswahl. Das Foto zeigt sie 1967 im Film "Die Gräfin von Hollywood"
picture alliance / Courtesy Everett Collection, -

Das Fotostudio bezeichnet die Kritik als „vulgäre Hetze“, die jungen Frauen seien in „absolut angemessener Kleidung fotografiert worden. Belviso verteidigt auch die Wahl zur Miss Italia. Sie sei „eine nationale Veranstaltung, die seit über 80 Jahren besteht“, so das Studio. Es verweist auf spätere Stars wie Miriam Leone, Anna Valle, Gina Lollobrigida und Sophia Loren. Dies seien „nur einige der berühmtesten Namen, die diese Veranstaltung hervorgebracht hat.“