Sie "spielen" von morgens bis abends Krieg
In Polen ganz normal: Kinder verbringen Ferien in Militärcamps
Mit der Waffe im Anschlag und in Tarnkleidung pirscht die „Soldatin“ durch den Wald bei Wiechlice, rund 200 Kilometer östlich von Dresden. Doch in der Uniform steckt keine junge Frau, die als Angehörige der Armee in einem Krisengebiet ihren Dienst leistet. Nein, es ist ist Julia, ein junges Mädchen aus Polen. Ihre Ferien verbringt die 17-Jährige in einem Militärcamp. Das ist für polnische Kinder und Jugendliche nicht ungewöhnlich, diese für uns eher umstrittene Art des Ferienprogramms ist dort sehr beliebt. Aber Julia scheint nicht ganz freiwillig dort zu sein.
10 Tage zelten die Kinder im Militärcamp im Wald
Sie leben in Zelten ohne jeglichen Komfort mitten im Wald. In der Nacht sei es recht kalt, erzählt der Junge, mit dem sich Julia ihr spartanische Behausung teilt. Zehn Tage lang pirschen sie sich durchs Unterholz, üben mit täuschend echt aussehenden Waffen das Schießen. Die Erwachsenen nennen sich „Instructor“. Bis auf einen sind es Studenten ohne militärische Ausbildung. Einer der Instructor meint: „Wenn du angeln gehst, kannst du stattdessen auch schießen.“ Ein merkwürdiger Vergleich. Das sei hier wie Sport. Man sehe im Militärcamp keine Gefahr der Verherrlichung von Gewalt, den Kinder sei der Unterschied zwischen Spiel und Realität klar. Aber kann ein Kind wirklich den Unterschied verstehen? Sollte „Krieg spielen“ wirklich eine Freizeitbeschäftigung sein?
Julia will nicht Soldatin werden
Wegen seines Berufswunschs ist ein junger Campteilnehmer hier: „Mein Opa war Soldat, mein Vater war Soldat, deswegen will ich auch Soldat werden.“ Julia ist von diesem Beruf nicht überzeugt, auch, wenn sie schon das dritte Mal am Militärcamp teilnimmt. Ihr Vater schickt die 17-Jährige immer wieder dorthin. „Aber… Es ist nicht so, dass ich es nicht wollen würde, allerdings irgendwie würden mir die Menschen Leid tun. Es wäre zu hart für mich“, meint Julia etwas verlegen. Bei ihr scheint es zumindest ein Bewusstsein dafür zu geben, dass das „Spielen“ von Krieg nicht normal ist. (lha)