Was ihr vorher wissen solltet Ich habe einen Hund aus Ungarn adoptiert - so lief es ab

Hund aus dem Tierschutz aussuchen und fertig? So einfach ist es nicht!
Wer sich dafür entscheidet, einen Hund aus dem Ausland zu adoptieren, muss einiges beachten. Denn zum einen bekommt nicht jeder Mensch einfach so einen Hund. Und zum anderen kann es entweder ganz lange dauern, bis das neue Familienmitglied da ist – oder richtig schnell gehen. So war es zumindest bei mir, als ich meine Hündin Luna aus Ungarn zu uns geholt habe.
Ich will einen Hund adoptieren - und finde Luna, die im Tierheim in Ungarn sitzt
Januar 2022. Ich scrolle, wie so häufig, durch Anzeigen von Hunden, die zu vermitteln sind. Es gibt große und kleine, junge und alte Hunde von der Straße oder von Besitzern, die verstorben sind. Alle verdienen ein Zuhause – doch eine gewinnt mein Herz: Luna.
Auf dem Foto, das für sie eingestellt ist, schaut sie leicht an der Kamera vorbei, die großen hellbraunen Augen und das helle Näschen begeistern mich sofort. Sie sei laut Anzeigentext „lieb und schüchtern“ und sitzt in einem Tierheim in Ungarn.
Sie ist eine Rassehündin, ein Cavalier King Charles Spaniel – und wurde jahrelang als Zuchthündin missbraucht. Als sogenannte „Vermehrerhündin“ war ihr einziger Sinn für ihren Besitzer, einen Wurf Welpen nach dem nächsten zu bekommen. Mit ihren damals geschätzten fünf Jahren hatte sie bereits „ausgedient“ und landete im Tierheim.
Der Anzeigentext betont auch: Sie kennt nichts, hat nie etwas von der Welt gesehen. Sie kann keine Kommandos, ist nicht stubenrein. Aber es heißt auch: Sie ist offen und lieb, verträglich mit anderen Tieren und auch Kindern. Für mich und meinen Partner ist die Entscheidung klar: Wir wollen Luna ein neues Zuhause geben. Doch ob wir sie bekommen, entscheiden andere.

Der Bewerbungsprozess: Darf ich die Hündin überhaupt adoptieren?
Ich habe bereits mehrfach schmerzhaft erfahren müssen, dass nur, weil man sich für einen Hund interessiert, man diesen nicht zwangsläufig vermittelt bekommt. Schon zwei Mal wurden wir für andere Hunde abgewiesen. Der Grund war jedes Mal unsere Wohnlage. Wir leben mitten in der Stadt – das schreckt viele Tierschutzorganisationen ab.
Dennoch versuche ich es noch einmal. Ich schreibe eine lange Mail an die Tierschutzorganisation GuardianAngel4dogs e.V., die Luna vermittelt. Zwei Tage später bekomme ich einen Anruf.
Wenn ihr auch einen Hund adoptieren wollt, solltet ihr euch auf folgende Fragen vorbereiten:
Seid ihr sicher, dass ihr für den Rest des Hundelebens für das Tier sorgen könnt?
Wie hoch schätzt ihr die Kosten für euren Hund pro Monat? Könnt ihr euch das dauerhaft leisten?
Habt ihr Rücklagen, falls euer Hund krank wird?
Welche Impfungen und Schutzuntersuchungen sollte euer Hund haben, wenn ihr ihn adoptiert?
Wie regelt ihr die Betreuung des Hundes während der Arbeitszeit?
Wie regelt ihr die Betreuung des Hundes während Urlauben?
Wie lange plant ihr euren Hund regelmäßig allein zu lassen?
Wenn ihr als Paar einen Hund adoptiert: Zu wem kommt das Tier, wenn ihr euch trennt?
Wenn ihr auf alle diese Fragen eine Antwort habt, die im Sinne der Tierschutzorganisation und zum Wohle des Hundes ist, geht es weiter.
In der Regel, so war es auch bei uns, folgt jetzt ein Hausbesuch. Eine Person vom Tierschutzverein kommt zu euch nach Hause, lernt euch persönlich kennen und begutachtet euer Zuhause und die Umgebung. Wenn auch hier alles passt, steht der Adoption nichts mehr im Weg.
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So sind die Bedingungen für Hunde in ungarischen Tierheimen
Vom ersten Kontakt mit der Organisation bis zum Zeitpunkt, an dem ihr euren Hund das erste Mal bei euch habt, kann es durchaus dauern. Oft ist aber allen Beteiligten daran gelegen, euren Hund schnell nach Deutschland zu bringen. Der Grund: Die Bedingungen für Hunde in ungarischen Tierheimen.
Oft sind viel zu viele Hunde auf engem Raum. Gerade kleine und ängstliche Hunde, die sich im Rudel nicht durchsetzen können, sind unterernährt, weil sie zu wenig Futter abbekommen. Die Tiere haben in der Regel keine Namen, sind nur Nummern. Im Winter ist es kalt, Krankheiten verbreiten sich leicht.
Auch deshalb drängt bei unserer Luna die Zeit: Es ist mittlerweile Anfang Februar. Wir wissen, dass jeder Tag im Tierheim für sie schlimm ist. Deshalb entscheiden wir: Bringt unseren Hund so schnell es geht zu uns!
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Hund kommt aus Ungarn nach Deutschland: So laufen Transport und Übergabe
Da wir auf eine Pflegestelle verzichten, wird Luna direkt vom ungarischen Tierheim zu uns nach Hause gebracht. Die Fahrt dauert laut der Tierschutzorganisation drei Tage, es gibt feste Pausen, damit die Tiere nicht dehydriert oder zu erschöpft ankommen. Mit Luna zusammen werden noch weitere Hunde aus Ungarn nach Deutschland transportiert. Der Transport von Ungarn nach Deutschland kostet in der Regel 250 bis 350 Euro.
Die Übergabe erfolgt nach knapp 72 Stunden über einen Mann, der kaum Deutsch spricht. Aber: Er geht liebevoll mit der kleinen, viel zu dünnen Hündin um, die er auf dem Arm trägt. Er überreicht ihre Papiere und den Impfausweis und nimmt das Geld für den Transport an sich.
Dann ist er schon wieder weg – und wir haben unseren Hund.
Erschöpft, verängstigt und oft krank: Erstmal aufpäppeln!

Die ersten Minuten nach der Ankunft erkundet die Kleine unsere Wohnung. Sie wirkt aufgeschlossen, doch als sie sich vor meinem Freund erschrickt, macht sie sich ganz klein und vor Angst Pipi. Wir merken: Wir haben noch einen langen Weg vor uns.
Die ersten Tage sind geprägt von Aufpäppeln. Luna ist viel zu dünn, hat entzündete Augen und Ohren, zudem Magenprobleme. Sie kennt, wie die meisten Hunde, die aus Ungarn kommen, fast nichts.
Sie hat noch nie Fahrräder, eine Straßenbahn oder Skateboards gesehen. Leine und Geschirr sind ihr fremd. Sie ist weder stubenrein, noch kann sie Grundkommandos. Glatter Parkettboden bereitet ihr Probleme, sie schlittert mehr als dass sie läuft. Treppen? Unüberwindbare Hindernisse, die sie noch nie gesehen hat.
Das alles sind Dinge, die man wissen sollte, wenn man einen Hund aus Ungarn adoptiert. Ihr müsst, wenn euer Tier angekommen ist, noch einmal viel Arbeit investieren. Aber aus Erfahrung kann ich sagen: Es lohnt sich.
Schon nach wenigen Tagen hatte unsere Hündin so großes Vertrauen in uns, dass der Alltag uns kaum noch Probleme bereitet hat. Nach wenigen Wochen war sie stubenrein und kannte die wichtigen Kommandos. Und heute? Ist sie ein Teil unserer Familie, den man sich nicht mehr wegdenken könnte.
Würde ich also wieder einen Hund aus Ungarn adoptieren? Ja, jederzeit.