Presse tauft ihn "Harry Pain"
Hohn und Spott für Harry Kane nach Elfmeter-Fehlschuss - auch schon auf dem Platz
Ihm war der Schmerz deutlich anzusehen! Harry Kane hockte nach Abpfiff kraftlos auf dem Rasen, beide Hände an den Kopf gepresst, den Blick starr nach unten, niedergeschlagen, untröstlich. Weil der Kapitän kurz vor Schluss einen Strafstoß über die Latte drosch, schied England im WM-Viertelfinale gegen Frankreich aus. Unmittelbar danach prasselten Hohn und Spott auf Englands Superstar ein.
Im Video: Der Elfmeter-Fehlschuss von Kane
Mbappé mit einem Fehltritt auf dem Platz
Bereits während des Spiels freute sich Frankreichs Superstar Kylian Mbappé riesig über den dramatischen Fehlschuss von Kane. Er sprang in die Luft, riss beide Arme zum Jubel hoch und grinste breit. Sogar die TV-Kameras fingen die Bilder ein, wie Mbappé mit weit aufgerissenem Mund jubelte und offensichtlich über den Stürmer der Three Lions lacht. Spott und Hohn nur Sekunden nach dem verschossenen Elfmeter – das ist sicher nicht die feine englische Art.
Fans spotten im Internet drauf los
Das Bild von Mbappé verbreitete sich rasend schnell im Internet. Und dort gab es noch viele andere Reaktionen zu lesen, wegen welcher Kane wohl am liebsten im Boden versinken würde. „Marcus Rashford sollte das Tor aus 25 Metern treffen (Freistoß kurz vor Schluss, Anm. d. Red.), nachdem Harry Kane den Burj Khalifa aus Katar aus elf Metern getroffen hat, das sagt eigentlich alles“, schrieb ein Fan auf Twitter. Ein anderer nahm sogar Bezug zu den sportpolitischen Diskussionen rund um die „One Love“-Kapitänsbinde bei dem Turnier: „Wenn Harry Kane weniger Zeit damit verbracht hätte, dumme politische Botschaften zu verbreiten und mehr Zeit mit dem Üben von Elfmetern verbracht hätte, wäre England möglicherweise nicht vorzeitig nach Hause geschickt worden. Weniger Armbinden, mehr Fußball!“
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Auch bei den britischen Medien war der verschossene Elfmeter natürlich das Thema! Obwohl die Boulevardzeitung „Sun“ Harry Kane schnell in „Harry Pain“ umtaufte blieb dort der Hohn sonst aus. „Elfmeterschmerz ... schon wieder“, diagnostizierte etwa der „Mirror“, nachdem Englands alte Fußball-Krankheit wieder ausgebrochen war.
Altes Video mit Rugby-Star geht viral
Im Internet geisterte auch schnell ein mehr als vier Jahre altes Video herum, das Kane nun abermals einholt. Es beweist: Das Missgeschick des Stürmers hat eine Vorgeschichte. Auf diese sprangen die Kane-Kritiker natürlich an. Rugby-Star Jonny Wilkinson zeigt Kane darin, „wie man eine WM gewinnt“. Kane tritt vom Punkt an – und haut den Ball links unten sicher ins Netz. Doch Wilkinson, dessen goldener Kick England 2003 zum Rugby-Champion gemacht hatte, schimpft: „Nein, nein, du machst alles falsch!“ Wilkinson schreitet zur Tat und haut das Leder übers Tor. „So geht das!“ Kane wendet ein: „Aber der ging doch meilenweit drüber!?“ Naja, meint Wilkinson, „auf diese Weise habe ich die WM mit England gewonnen...“ Also tritt Kane erneut an – und jagt den Ball unter dem Applaus von Wilkinson in die Wolken. „Viel besser, Harry. So geht das!“
"Er würde morgen wieder schießen“
Bei all dem Spott ist Kane der Rückhalt der Nationalmannschaft sicher. Jude Bellingham rannte direkt nach seinem Fehlschuss zum Kapitän, um ihn aufzumuntern. Nach dem Spiel eilte Torhüter Jordan Pickford heran und hielt einen Kameramann entschlossen vom Filmen der tragischen Figur ab. Cheftrainer Gareth Southgate nahm seinen Kapitän in der riesigen Wüstenzelt-Arena von Al-Chaur herzlich in den Arm und gab ihm wärmende Worte mit auf den Weg.
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Wohl kaum einer konnte sich nach dem spektakulären 1:2 gegen Weltmeister Frankreich so gut in die grenzenlose Enttäuschung Kanes hineinversetzen wie Southgate, dessen verschossener EM-Elfmeter von 1996 bis heute nachhallt. „Es ist grausam für ihn“, sagte Southgate. „Aber er hat sich nichts vorzuwerfen. Er würde morgen wieder schießen.“
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Auch Kane selbst meldete sich zu Wort: „Wir haben alles gegeben und es läuft auf ein kleines Detail hinaus, für das ich die Verantwortung übernehme. Man kann sich nicht davor verstecken, es tut weh und es wird einige Zeit dauern, bis man darüber hinwegkommt, aber das gehört zum Sport dazu“, schriebt er merklich enttäuscht auf Twitter.
Kane verpasst mit seinem Fehlschuss einen Rekord
Für Kane besonders bitter: Hätte er nach dem ersten Strafstoß zum zwischenzeitlichen 1:1 auch den zweiten verwandelt, wäre er nun im Besitz des alleinigen Tor-Rekords der englischen Nationalmannschaft. So teilt er sich den Titel des Rekordschützen aktuell noch mit Wayne Rooney – beide kommen auf 53 Tore im Dress der Three Lions. Doch Kane, 29 Jahre alt, dürfte den Rekord bald brechen. Das ist nur eine Frage der Zeit – und vielleicht ein kleiner Trostpreis. (jlu/dpa/sid)
