Gynäkologin klärt auf
Hängebusen durch BH? Sieben Brust-Mythen im Faktencheck

BH – ja oder nein? Gerade jetzt im Sommer, wenn die Temperaturen steigen, stellen sich viele Mädchen und Frauen die Frage, ob es wirklich nötig ist, einen BH zu tragen. Wenn der Schweiß läuft und der Körper klebt, kann dieser nämlich dafür sorgen, dass Frau sich noch unwohler fühlt.
BH an oder aus? Frauen verschiedenen Alters diskutieren im Wartezimmer
Genau zu diesem Thema gibt es eine Diskussion in meinem Wartezimmer.
Frauen verschiedenen Alters sitzen dort und warten auf ihre Untersuchung. Eine junge Frau ist mit ihrer Mutter dort. Sie trägt keinen BH unter ihrem Top. Die Mutter leidet sichtbar unter dem warmen Wetter, wedelt sich mit einer Zeitung etwas Wind zu und klagt: „Es ist einfach zu heiß. Es ergibt überhaupt keinen Sinn, sich zu duschen, denn schon nach zehn Minuten ist man wieder schweißgebadet.“ „Du musst dich einfach luftiger anziehen. Und vor allem diesen dämlichen BH weglassen. Darunter staut sich die Hitze noch mehr“, entgegnet die Tochter. „So ein Unsinn! Ohne BH leiert die Brust aus! Das merkst du jetzt noch nicht, aber in ein paar Jahren wirst du es bereuen, keinen angezogen zu haben!“ antwortet die Mutter. Eine etwas ältere Frau mischt sich daraufhin ein: „Also, wenn ich dazu etwas sagen darf: Ich habe neulich gelesen, dass es eine Studie gibt, die besagt, dass das Gegenteil der Fall ist. BHs sorgen wohl dafür, dass die Brust irgendwann hängt!“ Die Tochter nickt triumphierend.
Aber was stimmt denn nun? Schützt der BH vor einem Hängebusen oder fördert er ihn sogar?
Zeit, sich das einmal etwas genauer anzuschauen. Und mit weiteren Mythen rund um die weibliche Brust aufzuräumen!
Mythos 1: Das Tragen eines BHs führt zu einem Hängebusen
FALSCH!
Vor einigen Jahren behauptete ein französischer Arzt, dass das regelmäßige Tragen eines Büstenhalters dazu führe, eine hängende Brust zu entwickeln. Diese These versuchte er mit einer durchgeführten Studie zu belegen. 15 Jahre lang hatte er dafür insgesamt 320 Frauen zwischen 18 und 25 Jahren untersucht. Sein Ergebnis: Durch das stetige Tragen eines BHs „gewöhne“ sich die Brust daran, die natürliche Stützfunktion lasse nach und das Resultat sei ein hängender Busen. Obwohl recht schnell deutlich wurde, dass die Studie viele Mängel aufwies und dadurch nicht repräsentativ war, ploppt sie immer mal wieder in den Medien auf. Stand der Dinge ist dennoch: Das Tragen eines BHs sorgt NICHT für einen Hängebusen!
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Mythos 2: Mit BH bleibt der Busen straff
FALSCH!
Es gibt keine medizinische Studie, die belegt, dass das Tragen eines BHs einem Hängebusen vorbeugt. Trotzdem fühlen sich viele Frauen wohler, wenn sie einen tragen. Gerade Mädchen und Frauen, die eine große und schwere Brust haben, empfinden häufig große Erleichterung, wenn der BH etwas von dem Gewicht abnimmt. So wird gleichzeitig die Rückenmuskulatur weniger stark belastet. Auch beim Sport greifen viele Frauen auf einen speziellen Sport-BH zurück. Der hält die Brust und sorgt dafür, dass sie durch die Bewegung nicht schmerzt. Und was führt nun tatsächlich zu einem Hängebusen? Der natürliche Alterungsprozess ist einer der Hauptgründe. Dadurch verliert die Haut nämlich an Elastizität und erschlafft. Weitere Gründe sind genetische Veranlagung, starke Gewichtsschwankungen und allgemein schwaches Bindegewebe. Auch Rauchen und eine ungesunde Ernährung können eine schlaffe Brust fördern.
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Mythos 3: 80 Prozent aller Frauen tragen den falschen BH
FRÜHER RICHTIG, HEUTE EHER FALSCH!
Ältere Untersuchungen haben gezeigt, dass etwa 80Prozent aller Frauen den falschen BH tragen. Mittlerweile geht man davon aus, dass es nicht mehr ganz so viele sind. Der Grund ist, dass die Auswahl an Größen und Formen immer größer geworden ist und es mittlerweile für jede Frau den passenden Büstenhalter gibt. Außerdem stehen heutzutage mehr Informationen zur Verfügung, worauf man beim BH-Kauf achten sollte. Leider bedeutet das im Umkehrschluss nicht, dass jetzt alle Frauen den passenden BH tragen. Man geht davon aus, dass immer noch 50 Prozent daneben liegen.
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Mythos 4: Durch das Tragen eines BHs kann Brustkrebs entstehen
FALSCH!
Dieser Mythos ist schnell geklärt: Nein, BHs, Bustiers oder Korsetts führen nicht zu Brustkrebs! Es gibt dafür keinerlei wissenschaftliche Daten. Leider ist es dennoch ein Gerücht, das sich hartnäckig hält und die Frauen verunsichert. Risikofaktoren für die Entwicklung von Brustkrebs sind nachgewiesenermaßen u.a. Rauchen, Alkohol, Übergewicht, ungesunde Ernährung und Bewegungsmangel- der BH gehört nicht dazu!
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Mythos 5: Durch die Pille wächst der Busen
FALSCH!
Immer wieder kommen junge Mädchen in meine Praxis, die die Pille nehmen möchten, obwohl sie keinen Verhütungsschutz brauchen. Der Grund dafür ist der unstillbare Wunsch nach einem größeren Busen. Meist haben sie von Freundinnen oder Klassenkameradinnen gehört, dass die Pille dafür sorgt, dass die Oberweite wächst. Leider muss ich sie jedes Mal enttäuschen. Zwar stimmt es, dass das Östrogen der Kombinationspille dafür sorgen kann, dass die Brust mehr Wasser einlagert und dadurch voluminöser wirkt, nach dem Absetzen verschwindet dieser Effekt aber sofort wieder.
Lese-Tipp: Brustkrebsvorsorge: Wie Sie Ihre Brust richtig abtasten
Mythos 6: Durch Sport wird die Brust größer
FALSCH!
Oft hört man, dass durch regelmäßiges Training die Größe des Busens zunehmen kann. Auch wenn Sport natürlich grundsätzlich sinnvoll ist, so hat das keinen Einfluss auf die Größe der Oberweite. Ein gutes Beispiel dafür sind Bodybuilderinnen. Die wenigsten haben natürlicherweise große Brüste, obwohl sie sehr durchtrainiert sind. Was trainiert werden kann, ist der Brustmuskel, der unter dem Busen liegt. Dadurch entsteht unter anderem eine schöne Körperhaltung. Der Busen an sich wächst dadurch aber nicht.
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Mythos 7: Mit Silikonimplantaten darf man nicht stillen
FALSCH!
Mittlerweile sind Brust-OPs überhaupt keine Seltenheit mehr. Auch viele junge Frauen entscheiden sich aus verschiedenen Gründen, ihren Busen kosmetisch verändern zu lassen. Ein sehr beliebtes Verfahren ist hier die Einlage von Silikonimplantaten. Nicht selten habe ich Frauen in meiner Sprechstunde sitzen, die sich bereits vor Jahren Implantate haben einlegen lassen, jetzt schwanger sind und mich fragen, ob sie damit im Anschluss überhaupt stillen können oder dürfen. Dürfen Sie! Die Implantate werden hinter die Brustdrüse eingesetzt. Studien konnten außerdem zeigen, dass durch die Silikoneinlagen die Gesundheit des gestillten Babys nicht gefährdet wird.
BH tragen oder nicht? Jeder, wie er mag!
Nachdem Mutter und Tochter gemeinsam mein Sprechzimmer betreten, fragen sie mich ganz direkt, ob es nun medizinisch empfohlen ist, einen BH zu tragen oder nicht. Ich spreche mit ihnen darüber. Beide nicken. „Und was raten Sie uns jetzt?“, möchte die Mutter wissen.
„Dass Sie das genauso machen, wie Sie es möchten. Und wenn Sie einen BH tragen wollen, dann unbedingt einen passenden, der gut sitzt. Er sollte an keiner einzigen Stelle drücken oder einschneiden. Er sollte einen guten Halt geben, ohne die Bewegung oder die Atmung einzuschränken. Und er sollte Ihnen von der Optik hergefallen, denn viele Frauen fühlen sich stärker und selbstbewusster, wenn Sie sich in Ihrer Unterwäsche wohlfühlen. Das kann ich zwar durch keine medizinische Studie belegen, erlebe ich aber jeden Tag.“