Anonymer Brief bringt italienische Polizei auf richtige Fährte
Angeleint wie ein Hund: Bruder sperrt Schwester 22 Jahre in winzigem Raum ein

Waren 400 Euro Witwenrente Grund genug, eine Frau einzusperren? Das spekuliert die italienische Polizei, nachdem Einsatzkräfte eine 67-Jährige von einem jahrelangen Martyrium erlöst haben. 22 Jahre lang hatte ihr Bruder sie gefangen gehalten. Sie musste in einem winzigen Raum leben. Ihr Peiniger fesselte sie und stellte sicher, dass niemand ihre Hilferufe hören konnte.
Bruder und Schwägerin fesselten Opfer mit Schnur
Das Opfer wollte nach dem Tod ihres Mannes nicht alleine leben. Deshalb nahm sie 1995 das Angebot ihres Bruder an, bei ihm einzuziehen. Er lebte in der 500-Seelen-Gemeinde Casalciprano in der Provinz Campobusso. Das spätere Opfer zog in das alte Zimmer ihrer Eltern. Doch kurze Zeit später begann ein Horror-Trip: Die Beziehung zu ihrem Bruder verschlechterte sich drastisch. Sie musste aus dem Zimmer ausziehen und wurde in einen winzigen Raum verbannt, der nur über eine Außentreppe erreichbar war.
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Ab diesem Zeitpunkt war sie die Gefangene ihres Bruders. Festgebunden an einen Nagel in der Wand fristete sie ihr Dasein. Niemand hörte ihre Schreie. Der Bruder und seine Frau stellten eine schwarze Platte vor das einzige Fenster des Raums. So waren sie absolut sicher, dass niemand sie jemals hören würde. Der einzige Lichtblick der Witwe: Einige Frisörbesuche. Doch auch dort konnte sie niemandem von ihrem Schicksal erzählen. Denn die Schwägerin war immer dabei. Sie stellte sicher, dass das Opfer zu niemandem ein Wort sprach. Einmal im Monat erlaubten es ihre Peiniger ihr, sich in einem Waschzuber zu waschen. Einen Arzt sah sie in den 22 Jahre nie.
Mögliches Motiv: Witwenrente
Wie die italienische Zeitung „Corriere della sera“ berichtet, habe die Frau mehrfach versucht, Hilfe zu bekommen. Doch sie scheiterte. Erst ein anonymer Brief brachte die Polizei auf ihre Fährte.
Bei ihrer Befreiung flossen Tränen vor Freiheitsglück. „„Seid ihr wirklich hierhergekommen, um mich zu befreien?“, fragte sie die Beamten. Dann habe sie angefangen, heftig zu weinen. Ein „befreiendes Weinen“, so beschreibt es Edgar Pica. Er ist Major der Carabinieri der Kompanie Bojano. „Ich wurde geschlagen und bedroht“, erzählte das Opfer ihren Rettern. Trotz ihrer furchtbaren Erlebnisse habe sie einen gefassten und klaren Eindruck gemacht, sagte Pica.
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Der Bruder und die Schwägerin des Opfers befinden sich nach wie vor auf freiem Fuß. Es gebe keine Gefahr einer Wiederholung der Straftat, so die Begründung. Noch ist das genaue Tatmotiv nicht bekannt. Es könnte aber um die rund 400 Euro Witwenrente gehen, die die Frau regelmäßig bezog. (eon)