Ferrari wieder vorne
Raketen-Angriff überschattet das 2. Training und Leclerc-Bestzeit

Nahe Dschidda trifft eine offenbar von jemenitischen Rebellen abgefeuerte Rakete eine Öl-Raffinerie – die Formel 1 aber fährt weiter. Das 2. Training zum Großen Preis von Saudi-Arabien und der Tagessieg von Charles Leclerc geraten zur Nebensache. Der Ferrari-Pilot fuhr in 1:30,074 am schnellsten, zog sich aber einen Schaden am Wagen zu. Auf Platz zwei folgte Max Verstappen (+0,1) vor Carlos Sainz (+0,2). Lewis Hamilton (+0,4) belegte den fünften Rang.
Angriff nahe der Strecke schockt die Formel 1
Beunruhigende Meldungen machten kurz nach dem Ende der ersten Session am Freitag die Runde. Eine Anlage des F1- und Aston-Martin-Sponsors Aramco, ein Öl-Gigant, wurde von einer Rakete getroffen. Die Huthi-Rebellen aus Jemen bekannten sich zu dem Angriff. Kurz vor dem geplanten Start des 2. Trainings wurde es dann hektisch, die Teamchefs und Offiziellen berieten sich. Dann die Entscheidung: Es wird gefahren – mit 15-minütiger Verspätung zwar, aber es wird gefahren. Dabei dürfte den wenigsten Piloten nach dem Schrecken zu fröhlichem Sport-Alltag zu Mute gewesen sein.
"Jetzt haben wir einen Krieg in Europa und hier 20 km von uns einen Raketenangriff. Angenehm ist das nicht", sagt Red-Bull-Berater Helmut Marko am Sky-Mikro.
Die Rennserie gab sich zunächst bedeckt. „Wir warten auf weitere Informationen der Behörden, was passiert ist“, teilte die Formel 1 am Freitag zu den bedrohlichen Szenen mit. Die Rennserie hielt zunächst am Rennprogramm fest und so sprangen um 20 Uhr Ortszeit die Ampeln tatsächlich auf Grün.
Video: Raketenangriff nahe der Saudi-Strecke
The Show Must Go On
Mit Bauchgrummeln begann also die zweite Session, die deutlich repräsentativere Bedingungen bot als der erste Aufgalopp am Mittag in der Sonne. Denn zur gleichen Zeit sollen am Samstag die Qualifikation und am Sonntag das Rennen stattfinden.
Im Vergleich zum ersten Training gingen es die beiden Ferrari-Piloten Carlos Sainz und Charles Leclerc stürmischer an, setzen sich mit Medium-Reifen schnell an die Spitze. Wieder klagten die Scuderia-Fahrer über heftiges Bouncing, also das Hoppeln der Renner. Noch größer war der Ärger darüber bei Mercedes, die wieder wie wild über die Strecke wackelten.
Auf Soft-Reifen jagte der Monegasse Leclerc zur Bestzeit, kurz danach aber lange Gesichter. In Kurve 4 nahm Leclerc die Mauer mit. Er befürchtete einen Schaden am F1-75 und drehte in die Box ab. Das Training war für den 24-Jährigen gelaufen. Offenbar war die Spurstange gebrochen.
Magnussen wieder mit Problemen
Pechvogel des Tages blieb Kevin Magnussen. Nachdem der Däne im Haas-Team das erste Training wegen Hydraulik-Problemen größtenteils verpasst hatte, lenkte er den VF-22 am Saudi-Abend zunächst sicher um den Stadtkurs. Doch mitten in der Session berichtete er von Motorproblemen, kurz darauf musste er seinen Renner abstellen und aussteigen.
Sein Teamkollege Mick Schumacher bekam die Ferrari-Power in seinem Heck noch nicht ganz auf den Track. Er beendete die Session auf Rang 13 (+1,095). Der zweite deutsche Fahrer Nico Hülkenberg, der erneut den Corona-infizierten Sebastian Vettel ersetzt, landete im Aston Martin auf Rang 16, zwei Zehntel hinter Stallkollege Lance Stroll.
Das Kräfteverhältnis in Dschidda scheint sich derweil abzuzeichnen. Ferrari, Red Bull und Mercedes versammelten sich vereint in der Top 6 - wobei zwischen Hamilton/Russell und der Spitze mehr als vier Zehntel lagen. Allerdings: Leclerc hatte bei seiner schnellsten Runde den Soft-Reifen drauf, Verstappen und Sainz die Medium-Walzen – genau wie das Silberpfeil-Duo. Für die Pole bahnt sich wohl das nächste Duell zwischen Ferrari und Red Bull an.
Doch all das ist angesichts der Geschehnisse vor dem Training erst einmal zweitranging.
Um 22 Uhr Ortszeit (20 Uhr deutscher Zeit) trafen sich die Teamchefs erneut zu einem Meeting mit den F1-Verantwortlichen. Es sollte final geklärt werden, ob Quali und Rennen am Wochenende sicher sind – und überhaupt gefahren wird. Die einhellige Meinung lautet: Wir fahren. (msc)