Verstappen-Team schuldig gesprochen, aber ...Verstoß gegen Budgetdeckel: FIA bestraft Red Bull (noch) nicht

Bis zum Montagnachmittag musste die Formel-1-Welt auf das Urteil im Zuge der Überschreitung des Budgetdeckels von Red Bull 2021 warten, jetzt hat der Motorsport-Weltverband FIA gesprochen: Red Bull ist schuldig, hat im Vorjahr mehr Geld ausgegeben, als erlaubt. Um welchen Betrag der Rennstall die Budget-Obergrenze überschritten hat, teilte die FIA ebenso wenig mit, wie das Strafmaß. Nur so viel: Es habe sich um einen „geringfügigen“ Verstoß gegen das Finanzlimit gehandelt.
Das heißt: Red Bull hat 2021 weniger als fünf Prozent des erlaubten Budgets (7,43 Millionen von insgesamt 148,6 Millionen Dollar) zusätzlich ausgegeben. Das der Mitteilung beigefügte Strafmaß lässt Raum für Interpretationen. Red Bull muss demnach mit einer Geldstrafe oder einer „geringfügigen“ (minor) sportlichen Strafe rechnen. Außerdem wurde Aston Martin ein verfahrensrechtlicher Verstoß gegen die Budget-Obergrenze zur Last gelegt. Davon abgesehen, sei das Team aber innerhalb des Kostenlimits geblieben.
Verstappens WM-Titel wohl nicht in Gefahr
Über mögliche Strafen und Konsequenzen will die FIA zu einem späteren Zeitpunkt informieren. Mutmaßlich wird es für Red Bull auf eine Geldstrafe hinauslaufen. Möglich ist aber auch, dass den Fahrern Verstappen und Sergio Perez sowie dem Team für 2021 WM-Punkte abgezogen werden. Auch eine "öffentliche Verwarnung", ein reduziertes Budget, der Ausschluss aus einer oder mehreren Sessions oder Beschränkungen bei Tests könnten theoretisch folgen. Denkbar ist auch dass Red Bull den Windkanal zur Fahrzeugentwicklung nur eingeschränkt nutzen darf.
Dass Verstappen nachträglich Punkte verliert und er seinen ersten WM-Titel aus dem Vorjahr verliert, ist höchst unwahrscheinlich. In der Vergangenheit wurden bei groben Regelverstößen der Teams stets auch die Teams bestraft und nicht die Fahrer, so etwa beim Spionage-Skandal um McLaren und Ferrari 2007. Heißt: Die FIA könnte Red Bull in der Konstrukteurs-WM 2021 einen ganzen Batzen Punkte abziehen. Am Ergebnis würde sich womöglich nichts ändern, da Red Bull damals als Zweiter einen großen Vorsprung auf Ferrari (P3) hatte. Die FIA hätte aber einen Präzedenzfall geschaffen, um klarzustellen: Verstöße gegen das Budgetlimit sind kein Kavaliersdelikt, sondern werden hart bestraft und können wehtun.
Für die Regelhüter ist das Ganze ein Drahtseilakt, da die Budgetobergrenze erst seit dem Vorjahr gilt und es keinen klar definierten Strafenkatalog gibt. Mehrere Teamchefs, darunter Mattia Binotto (Ferrari), Toto Wolff (Mercedes) und Andreas Seidl (McLaren) hatten ein hartes Vorgehen seitens des Weltverbands bei einem Bruch des Cost Cap gefordert. Die Intention: Überziehen soll sich auch bei kleineren Verstößen nicht lohnen, also eine Strafe nach sich ziehen, die verkraftbar ist.
VIDEO: Max Verstappen auf dem Weg zum Formel-1-Dominator
Geld bedeutet Zehntelsekunden
Entscheidend wird sein, um viel Geld Red Bull letztlich die Budgetgrenze überschritten hat. Ferrari-Teamchef Binotto rechnete jüngst vor, dass Mehrausgaben von fünf Prozent einen signifikanten Vorteil bedeuteten. Mit fünf Prozent mehr Geld könne Ferrari 70 zusätzliche Ingenieure einstellen, die ein Auto eine halbe Sekunde schneller machten, so der Italiener. In Japan sagte Binotto, selbst zwei oder drei Prozent Extra-Budget könnten über die entscheidenden Zehntel entscheiden, über Pole Position oder zweite Stratreihe.
Hätte Red Bull mehr als fünf Prozent überzogen, sieht das Regelwerk einen obligatorischen Punktabzug oder gar den Ausschluss von der WM vor.
Red Bull hält sich "alle Optionen" offen
Red Bull zeigte sich in einem ersten Statement "überrascht und enttäuscht" über das Ergebnis der FIA-Budgetprüfung. Man sei der Überzeugung, sich bei "allen relevanten Ausgaben" an den finanziellen Spielraum gehalten zu haben, also "müssen wir den Bericht der FIA genau prüfen", hieß es weiter. Welche Schlüsse Red Bull aus dem Bericht zieht, blieb zunächst unklar, man halte sich "alle Optionen offen".
Verstappens Rennstall hatte die Spekulationen über Mehrausgaben mehrfach scharf zurückgewiesen und sogar mit rechtlichen Schritten gedroht, auch die FIA sprach wiederholt von "unbegründeten Spekulationen und Vermutungen". Eigentlich sollte am Mittwoch Klarheit herrschen, doch ihre selbst gesetzte Frist konnte die FIA nicht einhalten. (lde/mar/sid)