Ferrari ist zurück
"Mamma mia!" Die Rückkehr der Roten Göttin

Ferrari hat wieder eine Rote Göttin. Nur ein Rennen der Saison 2022 brauchte es, um die vor Jahren ins Mittelfeld abgerutschte Scuderia zurück an die Spitze zu katapultieren. Kann der Traditionsrennstall wieder um den Titel kämpfen?
Leclerc beendet die bittere Durststrecke

910 Tage. 910 lange Tage. So lang musste der Rennstall Ferrari, mussten die Fans der Roten auf einen Grand-Prix-Triumph warten. Ausgerechnet Sebastian Vettel, der die Scuderia vor zwei Jahren titellos und ernüchtert verlassen hatte, hatte den letzten Erfolg eingefahren. Am 22. September 2019 raste er in Singapur zum Sieg. An jenem Tag war auch der letzte Doppelsieg der Italiener. Damals landete Emporkömmling Charles Leclerc auf Platz zwei. Zweieinhalb Jahre später beendete dieser Leclerc die bittere Durststrecke.
Der Monegasse galt damals schon als Riesentalent und womöglich kommender Weltmeister. An dem Talent biss sich Vettel schlussendlich die Zähne aus. Das Problem: Bislang hatte Leclerc nur wenig titelreifes Material, mit dem er um die Punkte fuhr. Zu schlecht waren der SF90, SF1000 und SF21.
Ferrari aktuell die stärkste Kraft der Formel 1

2022 könnte sich das ändern. Der F1-75 hat das Potential die Herzen der Tifosi höher schlagen zu lassen und die beiden Ferrari-Piloten regelmäßig aufs Podium zu hieven. Das neue technische Reglement mit den neuen Aerodynamik-Vorgaben haben die Roten mit am besten umgesetzt. Die Zuverlässigkeit passt, der neue Motor brummt. Haas-Teamchef Günther Steiner bezeichnete den Motor von Ferrari jüngst als stärksten im Feld.
Das deutete sich schon in den Testfahrten in Barcelona und Bahrain an. In Sachen Speed machte Ferrari an diesem Wochenende in Bahrain keiner etwas vor – weder Mercedes noch Red Bull. Das zeigte sich am Sonntag schon beim Start. Der 24-Jährige war in der Lage, die Führung gegen Weltmeister Max Verstapen und dessen RB18 zu verteidigen. Auch in den engen Rad-an-Rad-Duellen der Runde 17 bis 19, kam Leclerc immer wieder zurück. Beim Re-Start in Runde 50 war er ebenfalls den „Bullen“ überlegen.
So rollte Leclerc zum historischen Sieg. Der erste der Saison 2022, auf den noch weitere folgen sollen. „Genauso sollten wir diese Saison starten. Auf Eins und Zwei, Baby! Mamma Mia!“, funkte Leclerc noch aus seinem Renner, während rings um ihn herum das traditionelle Feuerwerk losging. Kurz darauf Jubel-Party bei der Siegerehrung. Und die Ferrari-Mechaniker sangen derart inbrünstig die italienische Nationalhymne mit, dass selbst die Kicker der „Squadra Azzurra“ neidisch werden würden.
Fazit: Die Pace stimmt. Und die Stimmung erst recht.
"Die Arbeit hat sich ausgezahlt"
„Ich bin so glücklich. Die beiden letzten Jahre waren so schwierig fürs Team“, sagte Leclerc im Sieger-Interview. „Alle haben einen unglaublichen Job gemacht und uns dieses Auto hingestellt. Doppelsieg mit Carlos - mehr hätten wir uns nicht erhoffen können. Danke an alle.“
Von dem Verstappen-Aus kurz vor Ende des Rennens profitierte insbesondere der zweite Ferrari-Mann. Carlos Sainz sprang auf zwei und machte den Doppelsieg perfekt. Der Spanier zollte seinem Stallkollegen Respekt. „Gratulation an Charles. Ferrari ist zurück. Da, wo das Team in den letzten zwei Jahren hätte sein sollen. Die Arbeit hat sich ausgezahlt.“
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Sainz winkt Vertragsverlängerung
Dass man auch etwas Renn-Glück gehabt habe, räumten sowohl Sainz als auch Mattia Binotto ein. Der Ferrari-Capo, der in den vergangenen zwei Jahren viel Kritik einstecken musste, war „happy fürs Team“. „Sie haben so viel und so lange Arbeit in das Auto gesteckt.“
Am Wagen wurde für 2022 erfolgreich in Maranello getüftelt, nun wird derzeit an einer Vertragsverlängerung mit Sainz gearbeitet. Dessen Arbeitspapier läuft Ende 2022 aus. Binotto macht keinen Hehl daraus, dass man gerne langfristig auf den Spanier setzen möchte. „Unser Ziel ist es, weiter zusammenzubleiben.“
Zweieinhalb Jahre musste Ferrari also auf den ersten Sieg in einem Rennen warten. Doch es gibt ja auch noch eine andere offene Rechnung. Eine, die noch viel wichtiger ist. Der letzte Weltmeistertitel der Scuderia liegt noch viel weiter zurück – nämlich 5.264 Tage.