Der Weltmeister ist wieder da!

Beinharter Fight: Verstappen schlägt Leclerc und siegt in Saudi-Arabien

JEDDAH, SAUDI ARABIA - MARCH 27: Max Verstappen of the Netherlands driving the (1) Oracle Red Bull Racing RB18 leads Charles Leclerc of Monaco driving (16) the Ferrari F1-75 during the F1 Grand Prix of Saudi Arabia at the Jeddah Corniche Circuit on March 27, 2022 in Jeddah, Saudi Arabia. (Photo by Peter Fox/Getty Images)
Max Verstappen presste sich in der Schlussphase des Saudi-GP an Charles Leclerc vorbei
JB1 / WTM, Getty Images, Bongarts
von Martin Armbruster

Max Verstappen hat beim Großen Preis von Saudi-Arabien gegen Ferrari mit aller Macht zurückgeschlagen und das zweite Rennen der Formel-1-Saison gewonnen. Der Weltmeister triumphierte dank eines Überholmanövers in der Schlussphase vor WM-Spitzenreiter Charles Leclerc und dessen Scuderia-Kollegen Carlos Sainz.
Sergio Perez half die erste Pole Position seiner Karriere nichts: Der Mexikaner hatte Pech mit dem Boxenstopp-Timing und landete auf Rang 4.
Hinter Ferrari und Red Bull klaffte in Dschidda eine happige Lücke: „Best of the Rest“ war Mercedes-Pilot George Russell als Fünfter. Rekordchampion Lewis Hamilton kämpfte sich im zweiten Silberpfeil von Startplatz 15 immerhin auf 10 vor, sammelte noch einen WM-Punkt ein.
Nico Hülkenberg, nach Mick Schumachers Ausfall einziger deutscher Starter, belegte im Aston Martin Platz 12.

Action pur zwischen Verstappen und Leclerc

Wie schon in Bahrain lieferten sich Verstappen und Leclerc einen Rad-an-Rad-Kampf auf Biegen und Brechen. Und wieder zeigte sich: Mit den neuen Autos ist Hinterherfahren und Überholen deutlich einfacher, die Action heißer. Vier Runden vor Schluss setzte Verstappen auf der Start/Ziel-Geraden den entscheidenden Stich, flog am Ferrari vorbei.

„Ich habe das Rennen genossen, es war hartes, aber faires Racing. So sollte jedes Rennen sein, auch wenn ich natürlich lieber gewonnen hätte“, sagte Leclerc, der sich mit dem Extrapunkt für die schnellste Rennrunde trösten konnte und seine WM-Führung behauptete.

Verstappen war nach der Nullnummer von Bahrain aus dem Häuschen: „Es war ein super Rennen, wir haben hart gekämpft da vorne. Wir mussten es auf lange Sicht angehen, dieses Rennen. Am Ende konnte man sehen, dass wir die etwas bessere Pace hatten. Es war nicht einfach, das zu schaffen. Letzten Endes sind wir jetzt gut in die Saison gestartet“, resümierte der 24-Jährige.

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So lief Verstappens Sause am Roten Meer: Der Saudi-GP im Zeitraffer

Vor dem Start: Lange Gesichter bei AlphaTauri: Tsunodas Motor ist futsch und lässt sich nicht reparieren. Ein bitteres Wochenende für den Japaner. Weil Schumacher nach seinem Crash nicht fährt, gehen somit nur 18 Autos ins Rennen.

Start/Runde 1: Pole-Debütant Perez kommt gut aus den Puschen, verteidigt die Spitze im Sprint zur ersten Kurve souverän vor Leclerc. Dahinter kauft sich Red-Bull-Mann Verstappen im zweiten Knick außen den Ferrari von Sainz, schiebt sich an Position 3 – stark!

Runde 4: Russell hält die Mercedes-Fahne hoch, beschleunigt Alpine-Pilot Ocon aus – Rang 5.

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Alpine-Piloten liefern sich heißen Zweikampf

Runde 5-9: Sacrebleu! Knüppelharter Zweikampf der Alpine-Piloten um die Plätze 6 und 7. Ocon drückt Altmeister Alonso auf Start/Ziel fast in die Mauer, verteidigt sich auch danach mit dem Messer zwischen den Zähnen. Im siebten Umlauf hat Alonso genug, zieht in Kurve 1 außen vorbei, haut seinem Stallrivalen danach die Tür zu.

Eine Runde später versucht Ocon an gleicher Stelle den Konter, bremst dabei aber so spät, dass er die Auslaufzone nehmen muss. Weil er das nicht darf, muss Ocon den Spanier wieder durchlassen. Bottas und Magnussen reiben sich die Hände – sie kommen den Alpinisten ganz nah. Heiße Windschattenduelle auf Start/Ziel, die zeigen: mit den Autos der 2022er Generation ist mehr Action!

Runde 10: Perez kontrolliert an der Spitze die Pace, rangiert 2,3 Sekunden vor Leclerc, der ein 1,8-Sekunden-Polster auf Verstappen hat. Im Team-Radio von Leclerc wähnt man sich im Vorteil: „Wir bleiben bei Plan A. Unsere Reifenabnutzung ist besser als bei Red Bull.“ Scuderia-Kollege Sainz bekommt dagegen „Plan B“ aufs Ohr.

Runde 12-14: Was geht bei Hamilton? Auf harten Reifen gestartet, macht der Mercedes-Star mühsam Boden gut, krallt sich erst Norris im McLaren, dann den AlphaTauri von Gasly – P10 für Sir Lewis, der damit in den Punkten angelangt ist. Stallrivale Russell zieht derweil unbehelligt als Fünfter seine Bahnen.

Ocon hat sich und seine Reifen im Kampf gegen Alonso aufgerieben. Bottas rauscht dank Ferrari-Power im Heck auf der Start/Ziel-Geraden vorbei auf Rang 7.

Runde 16-18: Ferrari scheint die Reifen tatsächlich weniger hart ranzunehmen als Red Bull: Als Leclerc seinen Rückstand auf 1,6 Sekunden drückt, holt die Box den Mexikaner zum Stopp. In 2,9 Sekunden bekommt Perez harte Pneus. „Checo“ kommt unglücklich direkt hinter Silberpfeil-Pilot Russell wieder auf die Piste.

Wenige Augenblicke später der erste Crash des Tages: Latifi – am Samstag im Qualifying schon in der Bande – kracht im Williams am Ende der letzten Kurve in die Mauer. Ein Klassiker: zu früh aufs Gas, Übersteuern, Ende. „Ich weiß nicht, was da los war“, schreit der Kanadier verzweifelt. Williams-Capo Capito schaut entsetzt.

Weil Latifis Wrack geborgen werden muss, wird erst das Virtual Safety Car aktiviert, dann kommt das Safety Car auf die Strecke. Glück für Leclerc und Verstappen, die sofort ihre Reifen wechseln und so an Perez vorbeiziehen. Das versucht auch Sainz, der aber nach der Boxenausfahrt zurückstecken muss, weil Perez eiskalt auf seiner Linie bleibt. „Er hat mich rausgedrückt, das war gefährlich“, meckert Sainz sofort am Funk. Die Rennleitung notiert die Aktion und ermittelt.

Randnotiz: Hamilton ist durch die erste Boxenstopp-Phase auf P7 vorgerückt, war aber auch noch nicht beim Service. Das gleiche gilt für Hülkenberg, der auf einmal Neunter ist.

Hamilton kämpft mit einem Haas

Fliegender Re-Start/Runde 21: Das Safety Car biegt ab, Leclerc zwingt das Feld zum Entenmarsch. Der Monegasse gibt in der letzten Kurve zum genau richtigen Zeitpunkt Stoff, hält Verstappen in Schach. Dahinter bekommt Perez die Ansage Sainz, auf Platz 3 durchzulassen – die Konsequenz für seine harte Linie gegen Sainz. Diskussionswürdig.

Runde 24/25: Heißes Duell zwischen Magnussen und Hamilton um P5. Der Brite schafft’s kurz vorbei, auf der Geraden folgt der Haas-Konter - wer hätte das letztes Jahr für möglich gehalten?! Im folgenden Umlauf bremst sich Hamilton in Kurve 1 sauber vorbei. Und das mit alten Schluffen, nicht schlecht.

„Der hat die weiße Linie gekreuzt“, petzt Verstappen am Funk. Gemeint ist natürlich Leclerc, der die Linie zur Boxeneinfahrt tatsächlich berührt hat. Das ist verboten. Setzt es eine Strafe? Nein!

Runde 28/29: Hülkenberg ist auf alten Reifen zunehmend wehrlos. Norris lässt ihn stehen, verweist den Hulk auf Rang 13. Wenig später fliegt auch Gasly am Aston Martin vorbei.

An der Spitze führt Leclerc nach einer zwischenzeitlich schnellsten Rennrunde 1,7 Sekunden vor Verstappen.

Runde 36/37: Alonso lässt es krachen, schiebt sich an Magnussen vorbei an Position 7. Eine Runde später der Schock. „No Power“, funkt der 40-Jährige durch. Statt fetter Punkte eine Nullnummer für Alonso. Das gleiche Schicksal ereilt Ricciardo, dessen McLaren an der Boxeneinfahrt stehenbleibt.

Bottas macht den Defekt-Hattrick innerhalb einer Runde perfekt, wird in die Garage geschoben.

Runde 38-40: Kurios: Auch Alonso schafft es nicht zurück in die Garage, verstopft nochmals die Boxeneinfahrt. Das Virtual Safety Car übernimmt die Pace. Noch bevor die Rennleitung die Zufahrt zur Box schließt, nutzt Hülkenberg den Moment für einen Wechsel auf Medium-Pneus. Hamilton guckt in die Röhre: Als er pitten will, um seine durchgenudelten Walzen abzugeben, ist die Einfahrt zu.

Verstappen setzt spät den entscheidenden Stich

Runde 41: Wieder Vollgas, die Virtual-Safety-Car-Phase endet. Hamilton kommt sofort zum Reifenwechsel, der mit 3,9 Sekunden aber nicht wirklich hinhaut. Der Rekordchampion kommt als Zwölfter direkt hinter Albon (Williams) und Magnussen (Haas) wieder zurück. Punkte noch möglich.

Runde 42: Verstappen drückt auf den Pinsel, kommt Leclerc in Kurve 1 ganz nah. Wer hat seine Gummis besser gemanagt? Das ist hier die Frage!

Runde 43: Jetzt geht es um den Sieg: Vor der letzten Kurve rauscht Verstappen an Leclerc vorbei. Doch dessen Konter auf Start/Ziel folgt sofort. Eine heiße Schlussphase kündigt sich an.

Runde 44: Was ein irrer Zweikampf! Leclerc und Verstappen steigen vor der letzten Kurve Seite an Seite in die Eisen, um nicht als Erster über die DRS-Linie zu rauschen und so auf der Geraden einen Nachteil zu haben. Der Holländer bremst dabei zu heftig, verliert Schwung, Leclerc hat die bessere Traktion und bleibt vorne. Verstappen will derweil wieder erkannt haben, dass der Monegasse die Boxen-Linie gekreuzt haben soll.

Runde 47-50/Ziel: Jetzt kennt Verstappen keine Gnade: Er hält sich in der letzten Kurve clever zurück – dank DRS fliegt er auf Start/Ziel an Leclerc vorbei und übernimmt die Führung. Das war’s? Mitnichten! Leclerc klebt am Bullen wie eine lästige Mücke. Verstappen hat aber Glück, dass in Sektor 1 über zwei Runden wegen einer Kollision zwischen Albon und Stroll Gelbe Flaggen gezückt werden.

In der letzten Runde saugt sich der Ferrari vor der letzten Kurve dann wieder bedrohlich nah ran. Dicht an dicht beschleunigen die Rivalen auf die Zielgerade – Verstappen bleibt hauchdünn vorne, tütet seinen 21. GP-Sieg ein. Leclerc, Sainz und Perez folgen. Russell betreibt als Fünfter Schadensbegrenzung für Mercedes, Ocon jubelt im Alpine über Rang 6, genauso wie McLaren-Pilot Norris, der unerwartete Siebter wird. Gasly, Magnussen und Hamilton komplettieren die Top 10.