"Nicht weit vor Latifi"

Marko stichelt gegen "Herr Russell"

Formula One F1 - Australian Grand Prix - Melbourne Grand Prix Circuit, Melbourne, Australia - March 13, 2020   Red Bull advisor Helmut Marko speaks to the media   REUTERS/Loren Elliott
Helmut Marko - graue Red-Bull-Eminenz und immer zur Diskussion bereit
gb, REUTERS, LOREN ELLIOTT

Sein Ex-Williams-Teamchef Jost Capito hält ihn schon für einen „teilgeschliffenen Diamanten“, viele andere Experten und Beobachter sehen in George Russell einen kommenden Formel-1-Weltmeister. Selten hat ein Fahrer mit so viel Vorschusslorbeeren in einem Topauto Platz genommen wie dieses Jahr der Brite. Helmut Marko stimmt in die Lobeshymnen noch nicht ein und sagt: Russell muss erstmal liefern!

Marko setzt Fragezeichen hinter Russells Rennspeed

„Jetzt schauen wir mal, was der Herr Russell bei Mercedes zeigen wird und ob die vielen Vorschusslorbeeren gerechtfertigt waren. Das will ich erst einmal sehen“, sagte Marko der „Autorevue“. Im Qualifying sei der junge Engländer fraglos „sensationell. Aber wenn man sich seinen Rennspeed anschaut, dann ist er nicht weit vor (Nicholas, d. Red.) Latifi gewesen“, stichelte der Red-Bull-Berater.

Russell sitzt in dieser Saison nach zwei bitteren Williams-Jahren endlich im Silberpfeil. Im Vorjahr hatte er die ersten Punkte mit dem britischen Traditionsteam gesammelt, belegte mit 16 Punkten einen respektablen 15. Platz in der Fahrer-WM. Besonders bemerkenswert: Sein Regen-Ritt in der Spa-Quali auf Rang 2 vor Mercedes-Star Lewis Hamilton, der ihn bei der Rennfarce tags darauf hinter Sieger Max Verstappen aufs Podest spülte.

Schon 2020 hatte Russell sein Potenzial angedeutet. Beim Sakhir-GP sprang er kurzfristig für den an Covid erkrankten Hamilton ein, gab Stammpilot Valtteri Bottas gleich eine auf den Deckel. Im Rennen verhinderten lediglich ein verpatzter Mercedes-Stopp und ein Platten Russells Premierensieg. Viele F1-Experten halten den 23-Jährigen spätestens seit dieser Wüsten-Performance für einen potenziellen Weltmeister – Marko muss noch überzeugt werden.

Sainz der Leclerc-Entzauberer

Lob gab’s vom „Doktor“ dagegen für Ferrari-Mann Carlos Sainz. Der Spanier zähle „sicher zu den Topleuten“ im Fahrerfeld, so Marko: „Das hat er ja bewiesen. In meinen Augen hat er Leclerc entzaubert.“

Die Zahlen stützen Markos These. Gleich in seiner ersten Saison ließ Sainz (Platz 5) den hoch gehandelten Charles Leclerc (Platz 7) in der WM hinter sich. Der junge Monegasse hatte seinerseits in den Jahren zuvor Sebastian Vettel bei den Roten alt aussehen lassen.

Wie Verstappen gehörte auch Sainz früher zum Red-Bull-Juniorprogramm, das Marko über viele Jahre aufgebaut hatte. 2015 fuhren die beiden in ihrer ersten Saison in der Königsklasse für das damalige Toro-Rosso-Team (heute AlphaTauri). Laut Marko ein Knackpunkt in Sainz-Karriere. Dieser habe das Pech gehabt, „im entscheidenden Moment auf Verstappen zu treffen. Dass er auf Anhieb sauschnell ist, haben wir schon beim ersten Test in Silverstone gesehen. Er war fast auf dem gleichen Niveua wie Verstappen. Fast“, erinnerte sich der Österreicher.

Als 2016 die Fragen angestanden habe, welchen Jungpiloten man ins Seniorteam befördere, sei die Sache allerdings „klar“ gewesen, betonte Marko. Verstappen löste bei den „Bullen“ Daniil Kvyat ab, gewann als jüngster Pilot der F1-Geschichte gleich sein ersten Rennen für Red Bull in Barcelona. Der Rest ist bekannt. (mar)