Haas-Rennstall entscheidet sich für Hülkenberg
Teamchef Günther Steiner nennt Gründe für Schumacher-Aus
Günther Steiner hat sich lange Zeit genommen für seine Entscheidung. Jetzt ist sie raus. Mick Schumacher fährt 2023 nicht mehr für Haas in der Formel 1, stattdessen soll Routnier Nico Hülkenberg den US-Rennstall flott(er) machen. Am Medientag vor dem F1-Saisonfinale in Abu Dhabi nennt Steiner Gründe für das Schumacher-Aus – die netter klingen, als das offizielle Team-Statement.
Haas bekommt „sehr glaubwürdige und bewährte Fahrerbesetzung"
Danke, Tschö, maach et joot! Günther Steiner ist zwar Südtiroler und kein Kölner. Der kölsche Klang fasst aber ganz gut zusammen, wie Haas die Trennung von Mick Schumacher am Freitagmorgen offiziell gemacht hat. „Ich danke Mick für seinen Beitrag zum Team in den letzten zwei Jahren. Wir haben uns entschieden, in Zukunft andere Wege zu gehen, wünschen Mick auf den nächsten Stufen seiner Karriere aber alles Gute“, teilte der Rennstall um 6 Uhr MEZ mit.
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Wenig später folgte das zweite Bulletin, in dem Nico Hülkenberg als Nachfolger vorgestellt wurde. Der 35-Jährige bringe Erfahrung und Wissen ins Team, sei ein „hervorragender Qualifier“ und „solider Racer“, lobte Steiner seinen neuen Fahrer. Zusammen mit dem ebenfalls arrivierten Kevin Magnussen habe Haas nun im nächsten Jahr ein „sehr glaubwürdige und bewährte Fahrerbesetzung, von der wir glauben, dass sie das Team in der Startaufstellung nach vorne pushen wird. Das ist natürlich das Ziel, das ausschlaggebend war für Nicos Rückkehr in die Formel 1.“
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Mick verursachte Millionen-Schaden
Wer hier zwischen den Zeile liest, der liest heraus: Mick Schumacher war Haas nicht gut, nicht erfahren, nicht zuverlässig genug. Nicht credible, glaubwürdig genug, um in der umkämpften Team-WM Eindruck zu schinden. In dieser belegt Haas derzeit mit Magnussen und Schumacher Platz 8. Von den 37 Punkten gehen 25 auf das Konto des Dänen, der doppelt so viele einfuhr, wie Schumacher.
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In seiner zweiten Formel-1-Saison machte der 23-Jährige schlicht zu viele Fehler, vor allem zu viele schwere Fehler. In Saudi-Arabien und Monaco zerlegte er seinen Boliden komplett, verursachte im Budget des nicht auf Rosen gebetteten US-Teams Zusatzausgaben in Millionen-Höhe. Um die drei Millionen Dollar soll Schumi jr. in die Wand gesetzt haben.
Wie sehr ihn das ärgerte, daraus machte Steiner nie einen Hehl. In seltener Klarheit zählte er Schumacher im Saisonverlauf an, vor dem US-GP in Austin stimmte dann auch Team-Eigentümer Gene Haas in die Kritik ein. Der Druck auf Schumacher wurde immer größer: Dass er trotz dieses Drucks seit Saisonmitte vor allem im Rennen auf Augenhöhe mit Magnussen fuhr, überzeugte Steiner und Haas nicht. Sie wollten Punkte – und einen erfahrenen Piloten.
Haas hat keine Zeit
Jugend oder Erfahrung? Steiner hatte die Cockpit-Besetzung bei Haas stets an diese Kardinalfrage geknüpft. Und hat diese nun klar beantwortet. Was Hülkenberg dem Team denn bringe, was Mick Schumacher nicht habe, wurde der 57-Jährige in Abu Dhabi gefragt. Die Antwort begann wie erwartet mit E.
"Erfahrung. Er ist lang Formel 1 gefahren, ist für Teams im Mittelfeld gefahren und weiß, wie die arbeiten. Er weiß, wie wir besser werden können. Wir haben uns angeschaut, wo er gefahren ist, und die Teams haben in der Zeit immer Fortschritte gemacht. Wir hoffen, dass uns das mit ihm auch gelingt. Daher haben wir so entschieden“, erläuterte Steiner.
Hülkenberg fuhr von 2010 bis 2019 durchgängig in der Königsklasse, überzeugte in den Vorjahren immer wieder als Last-Minute-Ersatz für coronakranke Fahrer. Bei 181 Grands Prix war „Hulk“ am Start, Schumacher dagegen feierte erst 2021 sein F1-Debüt, holte diese Saison seine ersten Punkte. Es sei klar, dass Schumacher gar nicht die Erfahrung seines Landsmanns haben könne, so Steiner. „Es braucht Zeit, diese Erfahrung zu machen, und Zeit haben wir gerade nicht. Wir wollen vorankommen. Wir wollen nicht da stehenbleiben, wo wir jetzt sind, sondern wir wollen besser werden."
All das traut Haas Hülkenberg zu – und Schumacher eben nicht oder nicht in gleichem Maße. Er würde nicht sagen, dass der Sohn von F1-Ikone Michael Schumacher nicht bereit sei, verpackte Steiner seine Worte in Watte und nahm den Rennstall in die Pflicht. „Auch das Team muss viel besser werden. Ich gebe nicht Mick die Schuld daran, dass wir stehen, wo wir stehen."
Haas ist kein Ausbildungs-Verein
Steiners Begründung ist auch ein Eingeständnis. Sein Ansatz, 2021 zwei Rookies ins Team zu holen, Schumacher und den Russen Nikita Mazepin, ist krachend gescheitert. Mazepin war von Anfang an viel zu schwach, fuhr nur wegen der Millionen seines Vaters Dmitri fürs Team. Und Schumachers Lernkurve verlief nach Steiners Meinung eben zu flach.
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Haas aber ist kein Ausbildungs-Team wie AlphaTauri oder auch Williams. Und Steiner kein Teamchef, der jungen Fahrern den Arm um die Schulter legt, wie etwa die Red-Bull-Eminenzen Franz Tost und Helmut Marko oder Alfa-Romeo-Teamchef Frédéric Vasseur.
Steiner sieht die Formel 1 (zu Recht) als Leistungsgesellschaft. Performt sein Fahrer nicht, erhöht er den Druck. Ob der Teamchef Mick Schumacher in dessen Entwicklung damit nicht unnötig gebremst, ja gehemmt hat –, darüber wird gestritten. Onkel Ralf wirft Steiner genau das vor.
Das Aus bei Haas kann aber sein Gutes für Schumacher haben. Es sieht so aus, als komme der 23-Jährige kommendes Jahr bei Mercedes als Test- und Ersatzfahrer unter, 2024 könnten sich dann ganz neue Türen auftun. In der Zwischenzeit mit einem Lewis Hamilton zusammenzuarbeiten, ist da mit Sicherheit nicht das Schlechteste. (mar)