Flug MH370: RTL-Luftfahrtexperte Ralf Benkö klärt auf

Unglücksursache noch ungeklärt: Was ist auf dem Flug MH370 passiert?
Unglücksursache noch ungeklärt: Was ist auf dem Flug MH370 passiert?
Reuters

Das Rätsel um das verschollene Flugzeug der Malaysia Airlines bleibt weiter ungelöst. RTL-Luftfahrtexperte Ralf Benkö erklärt, was beim Flug MH370 passiert sein könnte.

Frage: "Warum wurde das Flugzeug der malaysischen Airline immer noch nicht gefunden?"

Ralf Benkö: "Wenn man keine genauen Informationen hat, wie es zum Unglück gekommen ist, dann wird eine Suche und Ortung auf dem Meer schnell schwierig. Es gibt zwar eine letzte Position der Maschine, die aufgrund der Radardaten rekonstruierbar ist. Doch die Boeing 777 muss nicht genau dort abgestürzt sein. Sie kann auch noch nach Abreißen des Radarkontakts in eine andere Richtung abgedreht sein. Die Radardaten haben in manchen Regionen der Welt Lücken. Schon in fünf Minuten legt ein Verkehrsflugzeug im Reiseflug rund 75 Kilometer zurück. Es könnte also auch bei einem Sturzflug deutlich vom Kurs abgekommen sein.

Das Unglück geschah zudem bei Nacht. Die Suchaktion startete deshalb direkt nach dem Alarm also auch erst einmal unter schwierigen Sichtbedingungen. Wrackteile treiben auf dem Wasser schnell ab. Auch so etwas vergrößert das Suchgebiet. Es gibt einige Beispiele, bei denen die Suche nach Flugzeugwracks unter Wasser sogar bei recht genauer Kenntnis des Absturzorts mehrere Tage gedauert hat. Kennt man diese Such-Position eher nicht genau, dann kann eine solche Suche auch Wochen oder Monate dauern."

"Terroranschlag ist nicht auszuschließen"

Frage: "Was sind die technischen Schwierigkeiten bei der Verortung der Passagiermaschine?"

Ralf Benkö: "Es gibt zwar Notsender in den Verkehrsmaschinen. Der eine, 'ELT' genannt, arbeitet in der Regel aber nicht unter Wasser. Die Flugschreiber an Bord haben weitere Notsender, die unter Wasser aktiviert werden und mindestens einen Monat lang arbeiten sollen. Doch ihre Signale sind vergleichsweise schwach und reichen unter Wasser nur wenige Kilometer weit. Um sie zu orten, müsste ein Schiff also recht dicht an der Absturzstelle vorbei fahren. Deshalb ist jetzt also Ausdauer bei der Suche gefragt.

Frage: "Was könnte mit dem Flugzeug passiert sein?"

Ralf Benkö: "Es spricht vieles dafür, dass es ein Unglück war, das sehr plötzlich und überraschend geschehen ist. Sonst hätten die Piloten vermutlich einen Notruf abgesetzt. Da die Reiseflugphase eigentlich die ungefährlichste Flugphase ist, kann man einen Terroranschlag oder eine Entführung mit Kampf im Cockpit nicht ausschließen. Denn alle anderen denkbaren Szenarien sind für sich gesehen nicht sehr wahrscheinlich: Eine Explosion eines der Treibstofftanks durch einen Kurzschluss, was 1996 einen Jumbo-Jet bei New York auseinander riss. Eine Explosion eines Triebwerks mit schwerer Beschädigung einer Tragfläche. Ein komplettes Verrücktspielen der Steuerung?

Um dieser Sache auf den Grund gehen zu können, ist es extrem wichtig, die Flugschreiber zu finden und auszuwerten. In einem ähnlichen Fall, dem Air France Absturz mitten im Atlantik 2009, gab es zum Glück automatisch vom Flugzeug gesendete Textnachrichten, die zeigten: es hatte einen Ausfall weiterer Teile der automatischen Steuerung gegeben. Dass es dann aber auch die Piloten waren, die im Anschluss die Kontrolle endgültig verloren, brachte auch in diesem Fall erst die Auswertung der Flugschreiber an den Tag. Auf eine Entführung des Flugzeuges würden bisher aber alle Fakten passen: plötzlicher Höhenverlust – Entführer zwingen Piloten, das Radar zu unterfliegen. Die Maschine ändert den Kurs und fliegt eine halbe Stunde oder länger weiter, normal würden Piloten bei einem technischen Problem in dieser Zeit einen Notruf absetzen – außer, wenn Entführer im Cockpit das verhindern sollten. Am 11. September 2011 kam es an Bord des Fluges UA93 dann zu einem Kampf im Cockpit. Die Maschine geriet dabei in einen Sturzflug und prallte auf. So könnte es auch jetzt gewesen sein – theoretisch. Die Polizei ermittelt derzeit unter anderem auch in diese Richtung."