Dr. Christoph Specht: „Ich halte den Vorschlag für richtig“

Experte bewertet Lockerungen der Isolationspflicht in vier Ländern

Dr. Christoph Specht schaut in die Kamera.
Dr. Christoph Specht begrüßt die Entscheidung der vier Bundesländer.
Moritz Jansen, photoMo

Corona-positiv zur Arbeit gehen? Genau das soll bald ganz offiziell möglich sein. Zumindest für Menschen, die in Baden-Württemberg, Bayern, Hessen und Schleswig-Holstein leben. Denn nach Angaben des baden-württembergischen Gesundheitsministeriums haben sich die vier Bundesländer darauf verständigt, die Isolationspflicht für Corona-Infizierte aufzuheben.

Lauterbach kritisiert Baden-Württemberg für geplante Abschaffung der Corona-Isolationspflicht

Wer also künftig in einem der vier Bundesländer positiv auf das Coronavirus getestet wird, soll sich nicht mehr in häusliche Absonderung begeben müssen.Laut dem baden-württembergischen Gesundheitsministerium sollen in Baden-Württemberg, Bayern, Hessen und Schleswig-Holstein „zeitnah“ neue Regelungen in Kraft treten. Die konkreten Details würden derzeit ausgearbeitet.

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) kritisiert die Pläne der vier Bundesländer: "Das kommt jetzt zur Unzeit und findet nicht die Billigung der Bundesregierung", so Lauterbach. Und es gebe auch keinen medizinischen Grund, auf die Isolationspflicht zu verzichten. Ganz im Gegenteil: Man müsse weiter dafür sorgen, dass die Fallzahlen begrenzt werden und nicht steigen. Es gebe immer noch etwa 1.000 Todesfälle durch eine Covid-Infektion pro Woche, „und das Land steht vor einer Winterwelle“, warnt der Bundesgesundheitsminister.

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„Mit Superspreading-Events am Arbeitsplatz würde ich nicht rechnen"

Mediziner Dr. Christoph Specht hingegen begrüßt die Entscheidung der vier Bundesländer: „Ich halte den Vorschlag für richtig.“ Der Vorschlag sei im Prinzip nichts anderes als eine normale „erwartbare Konsequenz, orientiert an der Maßgabe des Machbaren“. „Immer mit Maske rumlaufen, immer die Leute in Isolation schicken, sobald sie positiv getestet werden – das können wir uns einfach gar nicht leisten“, erklärt Specht. Und warnt: „Wenn wir das nämlich täten - jetzt momentan machen wir das ja noch so - dann verschärfen wir den Personalmangel in der kritischen Infrastruktur, wie im Krankenhaus. “Corona-positiv getestete Menschen, die symptomlos seien, unter kontrollierten Bedingungen weiter arbeiten zu lassen, „halte ich da durchaus für das kleinere Übel.“ Andere Länder wie die USA würden es schon lange so machen.

Die Ängste, welche die Entscheidung bei vielen Menschen auslöse, erklärt der Experte folgendermaßen: „Wir sind es einfach nicht mehr gewohnt - seit Corona noch viel weniger - mit dem normalen Lebensrisiko umzugehen. Und wir glauben, immer alles noch sicherer machen zu müssen. Das klingt ja zunächst mal gut. Wer könnte da was dagegen haben“, so Specht. Das Problem sei nur, dass es dieses „alles immer sicherer machen“ nicht umsonst gebe. Daher sei es besser, auch positiv Getestete unter kontrollierten Bedingungen arbeiten zu lassen als sie zuhause einzusperren.“ Die Sorge, dass dies neue Wellen befeuere, teilt er nicht. „Mit Superspreading-Events am Arbeitsplatz würde ich nicht rechnen“, so der Mediziner. (nri)

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