Diplomatie im Krim-Konflikt gescheitert: USA drohen Russland mit Sanktionen
Ungeachtet heftiger weltweiter Kritik stimmen die Bewohner der Krim an diesem Sonntag über einen Anschluss an Russland ab. Moskau unterstützt das Vorhaben der russlandfreundlichen Krim-Regierung und nimmt dabei Sanktionen der USA und der EU in Kauf. Im UN-Sicherheitsrat hat Moskau per Veto eine Resolution gegen das geplante Referendum verhindert. Wird Russland jetzt aus der G8 ausgeschlossen.

Laut einem Bericht des 'Spiegel' droht Russland, seinen Status als G8-Mitglied zu verlieren. Die sieben wichtigsten Industriestaaten (G7) bereiteten derzeit ein Treffen ohne Russland vor, berichtet das Nachrichtenmagazin unter Berufung auf Berliner Regierungskreise. Das G8-Treffen war ursprünglich für Juni im russischen Sotschi geplant. Als alternativen Treffpunkt habe die britische Regierung London vorgeschlagen, berichtet der 'Spiegel' weiter. Dies sei bei den anderen Teilnehmern, zu denen die USA, Deutschland, Japan, Kanada, Italien und Frankreich gehören, auf Wohlwollen gestoßen.
Die Verfassungsrechtsexperten des Europarats halten das Referendum für illegal, weil es sowohl gegen die Verfassung der Ukraine als auch gegen die Verfassung der Region Krim verstoße. Zudem entsprächen die Umstände der Abstimmung nicht den demokratischen Standards, heißt es in einem Papier der sogenannten 'Venedig-Kommission'. Diese soll ihr Rechtsurteil der Vollversammlung am 21. und 22. März vorlegen.
Russland hat unterdessen eine Resolution gegen das umstrittene Referendum verhindert. Im UN-Sicherheitsrat machte das Land von seinem Veto-Recht Gebrauch. Bei der Sondersitzung stimmte Moskau wie erwartet gegen den von den USA vorgelegten Entwurf und blockierte ihn trotz der Zustimmung der 13 von 15 Staaten. In dem Papier sollten alle Staaten aufgerufen werden, das Krim-Referendum nicht anzuerkennen.
Das ukrainische Parlament erklärte in einem symbolischen Protest gegen das Referendum das Parlament der Krim für aufgelöst. Zuvor hatte Interimspräsident Alexander Turtschinow die Beschlüsse auf der Krim für unzulässig erklärt. Umgekehrt erkennt die prorussische Führung der Schwarzmeerhalbinsel die nach dem Sturz des Präsidenten Viktor Janukowitsch gebildete Regierung in Kiew nicht an. Der Oberste Sowjet der Krim in Simferopol hatte stattdessen das Referendum angesetzt sowie die Unabhängigkeit von der Ukraine beschlossen.
Die USA und die EU-Staaten wollen auf das Unabhängigkeitsreferendum rasch mit weiteren Sanktionen reagieren. Die EU-Außenminister wollen an diesem Montag Kontensperrungen und EU-Einreiseverbote für Personen beschließen, die sie für das Referendum verantwortlich machen. US-Vizepräsident Joe Biden wird von Montag bis Mittwoch nach Polen und ins Baltikum reisen, um mit den dortigen Regierungen über die Unterstützung der territorialen Integrität der Ukraine zu beraten.
Menschenrechtler warnen: Aktivisten auf der Krim entführt
Der französische Präsident François Hollande sagte zu der Entwicklung des Konflikts: "Weder Frankreich noch die Europäische Union werden die Gültigkeit dieser Pseudo-Abstimmung anerkennen." Ein Waffenembargo gegen Russland schloss er vorerst aus. Auf die Frage, ob Paris die Lieferung bereits von Russland bestellter Kriegsschiffe aussetzen würde, sagte er: "Das ist die dritte Sanktionsstufe. Wir sind bei der ersten." Italiens Regierungschef Matteo Renzi sagte bei einem Treffen mit Hollande, das Referendum sei zwar "rechtlich wertlos", doch es müsse "alles getan werden, um zurück zum Verhandlungstisch zu kommen".
Menschenrechtler kritisierten Druck und Übergriffe auf Aktivisten und Journalisten auf der Krim. Paramilitärische Einheiten sowie selbsternannte Verteidigungskräfte würden Gegner des Referendums sowie Reporter angreifen und entführen, teilte die Organisation Human Rights Watch (HRW) mit. So seien sechs Aktivisten auf der Krim entführt worden, die im Februar in Kiew für den Sturz des Präsidenten Janukowitsch demonstriert hätten. Die Krim-Behörden müssten den "Zustand der Rechtlosigkeit" beenden, die Uniformierten entwaffnen und die Schuldigen bestrafen. Die "Selbstverteidigungskräften" schüfen ein Klima der Bedrohung und Einschüchterung.
In Moskau gingen am Samstag jeweils Zehntausende Gegner und Befürworter des Krim-Referendums auf die Straße. Kreml-Gegner protestierten mit Parolen wie "Hände weg von der Ukraine!" und "Schluss damit, Schande über Russland zu bringen!" gegen die Krim-Politik des Präsidenten Wladimir Putin. Darunter waren der frühere Vize-Regierungschef Boris Nemzow und die Punkband Pussy Riot. Kremltreue Kräfte forderten den Anschluss der Krim an Russland.
Der Europarat will die Lage der Minderheiten in der Ukraine prüfen. Eine gemeinsame Arbeitsgruppe mit Vertretern des ukrainischen Parlaments und des Kiewer Justizministeriums soll zudem eine Justiz- und Legislativreform für die Ukraine voranbringen. Das Ministerkomitee des Gremiums hatte sich am Freitag im Krim-Konflikt hinter die Ukraine gestellt, aber eine friedliche Lösung angemahnt.
Der Konflikt in der Ukraine nimmt derweil immer blutigere Ausmaße an. Bei einer Schießerei zwischen radikalen Gruppierungen in der Stadt Charkow sind zwei Menschen getötet worden. Ein Polizist wurde verletzt, wie der ukrainische Innenminister Arsen Awakow mitteilte. "Es sind etwa 30 Menschen von beiden Seiten des Konflikts festgenommen worden", teilte der Minister mit. Ermittler würden die Hintergründe der Bluttat klären. Awakow warnte vor "Provokateuren", die die Lage in der Ukraine destabilisieren wollten.