„Uns geht das Licht aus“ – Energiepreis-Protestwelle in ganz Norddeutschland
Verzweifelte Bäcker-Geschwister wenden sich mit eindringlicher Botschaft an Olaf Scholz
von Jan Flemming, David Meyer-Wilmes und Christo Tatje
„Die Energiepolitik, die in Deutschland aktuell betrieben wird, macht uns richtig große Sorge. Und nicht nur uns, sondern dem gesamten Bäckerhandwerk“, teilt Axel Oppenborn von der Bäckerei Calenberger in Peine auf Instagram mit. In einer Videobotschaft richtet er sich direkt an Bundeskanzler Olaf Scholz sowie Wirtschaftsminister Robert Habeck und fordert die beiden zu schnellem Handeln auf.
Existenz der Bäckerei bedroht
Konkret fordert Axel Oppenborn die Politiker auf, an einer Demonstration am 14. September in Hannover teilzunehmen. „Diese Angelegenheit ist Chefsache“, sagt er und weist daraufhin, dass an diesem Tag mehr als 50 Bäckerei-Betriebe teilnehmen würden. „Um uns Lösungen und Unterstützung anzubieten“, erklärt der Inhaber der Familienbäckerei. Vielen der Betriebe gehe es mittlerweile um Alles oder Nichts.
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„Die Kosten fliegen uns aktuell um die Ohren“
Axel Oppenborn leitet den Betrieb zusammen mit seinem Bruder Kai Oppenborn. Beiden geht es nicht nur um den eigenen Familienbetrieb, sondern auch um die insgesamt 240 Jobs ihrer Mitarbeiter. Auf das Jahr gesehen seien die Ausgaben für die Energiekosten nunmehr unbezahlbar. „Wir hatten immer ungefähr 360.000 Euro Kosten für Erdgas und Strom. Aktuell hat sich das vervierfacht und wir bezahlen aktuell 1,4 Millionen Euro dafür und das können wir nicht leisten“, schildert Axel den Ernst der Lage bei Instagram. Das Video wurde mehr als 20.000 Mal geklickt.
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Kosten können nicht an Kunden weitergegeben werden
„Diese Mehrbeträge kann man nicht erwirtschaften, weil wir die gestiegenen Energiekosten nicht auf die Backwaren umlegen können“, ergänzt sein Bruder Kai im Interview mit RTL. Auch die Kunden hätten eine Mehrbelastung Zuhause und könnten sich gestiegene Brötchenpreise nicht leisten. „Da ist irgendwann eine Grenze erreicht, wo der Verbraucher dann auch nicht mehr bereit ist zu zahlen oder zahlen kann, selbst wenn er wollte“, führt er fort.
Bäckereien schließen sich zur Demonstration zusammen
Inzwischen schließen sich immer mehr Bäckereien in der Region Hannover zusammen, um der Politik Druck zu machen. Sie alle würden durch die gestiegenen Energiekosten im wahrsten Sinne des Wortes um jeden Krümel kämpfen. „Da waren Betriebe, die sich vor einem halben Jahr jetzt noch nicht unbedingt an einen Tisch gesetzt hätten. Wir sind Mitbewerber auf dem Handwerksbackwarenmarkt in Hannover, aber wir alle haben jetzt ein großes Problem zusammen“, beschreibt Kai Oppenborn den Ernst der Lage.
Protestaktion „Uns geht das Licht aus“
Nicht nur im Raum Hannover tun sich die Bäckereien zusammen. In ganz Norddeutschland brennt am Donnerstag in vielen Bäckereien kein Licht. In mehr als 70 Prozent der Betriebe seien Gasöfen in der Nutzung. Sie alle seien deshalb von den Preisexplosionen schwer getroffen. „Wir möchten Unterstützung in dem Sinne, dass wir vielleicht eine Deckelung des Gaspreises haben. Und diese Unterstützung darf nicht in Form eines Kredites laufen, denn der ist nachher wieder schwierig zurückzuzahlen“, betont Katharina Daube, die sechs Bäckereifilialen in Hamburg betreibt.
Die niedersächsische Landespolitik reagiert
„Es geht hier nicht um ein bis zwei Prozent Rendite, die uns da flöten geht. Es geht darum, dass selbst ein gesundes Unternehmen auf Dauer nicht durchhalten kann“, betont Kai Oppenborn von der Calenberger Bäckerei in Peine. Für die 22 von ihm und seinem Bruder betriebenen Filialen soll es ebenfalls eng aussehen, gesteht er. Zusammen mit seinem Bruder hofft der Bäcker, dass sich durch das Social-Media-Video und die vielen Protestaktionen endlich und vor allem schnell etwas tut. „Die Betriebe sind jetzt betroffen“, betont Kai Oppenborn. Wenigstens die Landespolitik sei auf ihn und die anderen Bäcker schon zugekommen und hätte ihre Unterstützung zugesagt. Was genau bei den Gesprächen an Lösungen herauskommt, sei aber noch offen.