Kommentar zur WM 2022 in KatarDer Boykott ist alternativlos!

ARCHIV - 02.12.2010, Schweiz, Zürich: Joseph Blatter, damals FIFA Präsident, hält einen Zettel mit der Aufschrift «Katar» während der Bekanntgabe des Ausrichters der Fußball-WM 2022. (zu "dpa-Themenpaket zur Fußball-Weltmeisterschaft 2022 in Katar") Foto: Walter Bieri/KEYSTONE/dpa +++ dpa-Bildfunk +++
2010 bekam Katar den Zuschlag für die WM 2022 - die Kritik an der Entscheidung ist groß (Archivbild).
hpl wb mr hpl ole jai fux, dpa, Walter Bieri

Die Fußball-WM in Katar droht schon vor dem Turnierstart zu einer großen Skandal-Veranstaltung zu mutieren. Ein Eklat jagt den nächsten. Nun ist die Kritik an den Ausrichter neu entfacht worden, nachdem Botschafter Khalid Salman Homosexualität als „geistigen Schaden“ bezeichnet hat. Die RTL-Redakteure Tobias Nordmann und Jan Luhrenberg kommentieren und beleuchten in einem Pro & Contra, ob ein Boykott nun angebracht ist – oder nicht.
Den Contra-Kommentar von Tobias Nordmann lesen Sie hier.

Die Menschenrechtsverletzungen wiegen zu schwer

Vor allem den hartgesottenen Fußball-Fans bricht sicher das Herz. Aber so ist das mit schlechten Nachrichten halt immer. Fest steht jedoch: An einem Boykott der WM in Katar führt nun kein Weg mehr vorbei. Es gab zuletzt schon viele gute Gründe für diese Haltung – der Tod tausender Gastarbeiter auf den offiziellen WM-Baustellen etwa oder die gekaufte Vergabe. Doch nun zeigen die offenen Aussagen des WM-Botschafters, der Homosexualität mit einem „geistigen Schaden“ gleichsetzt, ein neues Maß an unverzeihlichen Menschenrechtsverletzungen. Und das Khalid Salman diese Aussage ausgerechnet in einem Interview mit dem deutschen ZDF – und somit einem im demokratischen Sinne toleranten Medium – tätigt, setzt dem ganzen Irrsinn sprichwörtlich die Krone aufs Haupt.

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Ein globales Zeichen ist unbedingt erforderlich

Hinzu kommt: Die von den katarischen Verantwortlichen ausgesprochene Sicherheitsgarantie für alle, die diese WM vor Ort feiern wollen, also auch Schwule, Lesben und queere Menschen, ist an Scheinheiligkeit nicht zu überbieten. Es mag ja sein, dass während des Turniers keine Vorfälle passieren. Doch zur Wahrheit gehört auch: Aktuell warnen Menschenrechtsorganisationen und schlagen Alarm! Zuletzt berichtete Human Rights Watch noch, dass queere Menschen in Katar misshandelt werden. Damit solche Zustände und auch solch eklige Zitate wie das des WM-Botschafters endlich (und auch nach dem Turnier) der Vergangenheit angehören, ist ein globales Zeichen unbedingt notwendig. Und da ist ein WM-Boykott sicher eine einfache und sehr effektive Lösung.

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Video: 11-Freunde-Redakteur Philipp Köster: "WM der Schande"

Was können Fans aus Deutschland tun?

Die Fragen, die sich nun berechtigterweise stellen, sind: Was können Fans aus Deutschland tun? Und was bringt ein Boykott überhaupt? Es muss ja kein Boykott im großen Stil sein. Zuhause auf der Couch die Spiele der deutschen Nationalmannschaft schauen, sollte erlaubt bleiben. Schließlich wollen ARD und ZDF in ihrer Berichterstattung auch bewusst auf die Probleme in Katar hinweisen. Und Aufmerksamkeit ist der erste Schritt einer jeden Problemlösung. Doch eine Reise in den Wüstenstaat sollte keine Alternative darstellen. Das hilft den Minderheiten dort keineswegs. Vielmehr sollten Fans einfach weniger Fanartikel und Stadiontickets kaufen oder weniger Spiele im Fernsehen verfolgen. Unter dem Druck wegbleibender Einnahmen überlegt sich die FIFA dann vielleicht doch mal intensiver, ob sie das Turnier wieder in einen solchen Staat vergibt.