Kommentar zur WM 2022 in KatarBei einem Boykott gewinnt nur Katar!

ARCHIV - 16.05.2019, Katar, Doha: Zuschauer verfolgen das letzte Fußballspiel während der Einweihungsfeier des Al-Janoub-Stadions. Die Fußballweltmeisterschaft in Katar findet vom 20. November bis 18. Dezember 2022 statt. Foto: Kamran Jebreili/AP/dpa +++ dpa-Bildfunk +++
Die FIFA hofft bei der Fußball-WM in Katar auf volle Stadien (Symbolbild).
MDB JJ pat, dpa, Kamran Jebreili

Die Fußball-WM in Katar droht schon vor dem Turnierstart zu einer großen Skandal-Veranstaltung zu mutieren. Ein Eklat jagt den nächsten. Nun ist die Kritik an den Ausrichter neu entfacht worden, nachdem Botschafter Khalid Salman Homosexualität als „geistigen Schaden“ bezeichnet hat. Die RTL-Redakteure Tobias Nordmann und Jan Luhrenberg kommentieren und beleuchten in einem Pro & Contra, ob ein Boykott nun angebracht ist – oder nicht.
Den Pro-Kommentar von Jan Luhrenberg lesen Sie hier.

Der Fokus auf die Missstände ist wichtig

Darf man diese Fußball-Weltmeisterschaft noch schauen? Nein, sagt die Moral. Zu viele Skandale, zu viele Eklats, zu viele tote Gastarbeiter auf den Baustellen. Bedeutet also: Boykott? Nochmal nein. Das klingt absurd? Ja, mag sein, ist es aber nicht. Denn genau jetzt braucht es Fokus. Und zwar den vollen Fokus. In den vergangenen Monaten hat sich die Wut auf das Emirat und die FIFA unaufhaltsam beschleunigt. Zurecht. Wo anfangen und wo aufhören mit all dem Wahnsinn, der sich seit der Vergabe 2010 Bahn gebrochen hat? Man weiß es nicht.

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Umfrage: Werden Sie die WM in Katar boykottieren?

Und der Wahnsinn hört ja nicht auf! FIFA-Boss Gianni Infantino versuchte gerade erst, die Nationen zu ermutigen, das Politische aus dem Turnier rauszuhalten. Dann taucht das Zitat eines Botschafters auf, der „Schwulsein als geistigen Schaden“ bezeichnet. Und wenn die FIFA-Generalsekretärin noch dazu aufruft, nach Katar zu reisen, um zur "größten Show aller Zeiten zusammenzukommen", dann ist das der blanke Hohn und eine verbale Schändung all der Toten, deren Blut an den Mega-Stadien in der Wüste klebt. Ja, es gäbe so viele Argumente, bei der WM nicht zuzuschauen, sie zu boykottieren.

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Ein Boykott kommt jetzt zu spät

Aber damit würde Katar zum Gewinner werden. Denn längst nicht überall auf der Welt scheren sich die Leute um die Skandale der Wüsten-WM. Der Weltfokus ist dem Turnier sicher. Ein Boykott, etwa der großen Verbände, hätte vorzeitig passieren müssen. Nun nimmt alles seinen gewohnten Lauf. Und deswegen gilt: hinschauen. Genau hinschauen. Nicht im Stillen klagen und schimpfen. Es gilt die Reporter vor Ort mit Interesse zu ermutigen, den Dingen auf den Grund zu gehen. Sich nicht einschüchtern zu lassen. Das wird schwer genug. Es braucht Mut – und Aufmerksamkeit.