Human Rights Watch sprach mit Opfern

Katars Polizei misshandelt queere Menschen: "Sie schlugen mich bis zur Bewusstlosigkeit"

Wolfgang Kumm
Die Regenbogenfahne steht vor Toleranz
deutsche presse agentur

Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch (HRW) erhebt erneut schwere Vorwürfe gegen das Emirat Katar. Knapp einen Monat vor Beginn der international höchst umstrittenen Fußball-Weltmeisterschaft wirft HRW der Polizei in dem Golfstaat vor, queere Menschen festzunehmen und zu misshandeln. Zwischen 2019 und 2022 dokumentiert die Organisation sechs Fälle von schweren und wiederholten Schlägen und fünf Fälle von sexueller Belästigung in Polizeigewahrsam. Der letzte Fall soll sich sogar erst im September ereignet haben.

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Eine Frau wurde bis zur Bewusstlosigkeit geschlagen

Die Festnahmen sollen sich dem Bericht zufolge willkürlich aufgrund von Äußerlichkeiten ereignet haben. Wie HRW schreibt, sollen die Polizisten etwa inhaftierten Transgender-Frauen eine sogenannte Konversationstherpaie zur Bedingung für eine Freilassung gemacht haben. Dabei soll die sexuelle Orientierung oder die selbstempfundene geschlechtliche Identität einer Person verändert oder sogar unterdrückt werden. Die Therapie sollte in einem von der Regierung geförderten Zentrum für „Verhaltensmedizin" durchgeführt werden.

Human Rights Watch zufolge berichteten vier Transgender-Frauen, eine bisexuelle Frau und ein homosexueller Mann, wie sie von Mitgliedern des katarischen Innenministeriums in einem unterirdischen Gefängnis in der Hauptstadt Doha festgehalten wurden. Sie seien beschimpft worden und sogar körperlichen Misshandlungen ausgesetzt gewesen. Dabei soll es sich um Ohrfeigen, Schläge und Tritte gehandelt haben. Eine Interviewt sagte HRW, dass sie so lange geschlagen worden sei, bis sie das Bewusstsein verlor.

Eine Transgender-Frau berichtet, dass sie auf der Straße von Sicherheitskräften festgenommen worden war, weil sie "Frauen nachgeahmt" habe. Im Polizeiautos, so wird sie in dem HRW-Bericht zitiert, schlugen sie sie, bis ihre Lippen und Nase bluteten, und traten ihr in den Bauch. Dann soll ein Beamter gesagt haben: "Ihr Schwulen seid unmoralisch, also werden wir dasselbe mit euch sein."

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Katar reagiert empört auf die Anschuldigungen

Die Liste der Vorwürfe reicht indes noch weiter. Die Sicherheitsbeamte hätten auch noch Geständnisse erpresst, verweigerten den Häftlingen den Zugang zu Rechtsbeistand, Familienangehörigen und medizinischer Versorgung. Alle von Human Rights Watch Interviewten sagten, die Polizei habe sie schließlich dazu gezwungen, Versprechen zu unterschreiben, dass sie "unmoralische Aktivitäten einstellen würden. Angeklagt worden seien aber nicht.

Das Emirat wies die Anschuldigungen derweil vehement zurück und verurteilte den Bericht der Organisation: "Katar toleriert keine Diskriminierung von irgendjemandem, und unsere Politik und Verfahren basieren auf einer Verpflichtung zu den Menschenrechten für alle", sagte ein Regierungsbeamter. (tno)

RTL-Reportage: Rote Karte statt Regenbogen

Homosexualität ist in Katar mit hohen Strafen belegt - Auspeitschen, bis zu sieben Jahre Haft, sogar die Todesstrafe ist möglich. Zur Fußball-Weltmeisterschaft 2022 sollen zwar auch LGBTIQ+-Fans im Wüstenstaat willkommen sein, Einheimischen wird das Ausleben ihrer Sexualität dennoch verwehrt bleiben. In der Dokumentation sprechen RTL-Reporter exklusiv mit Einheimischen über ihre schwierige Lage. Den Film von den RTL-Reportern Jonas Gerdes und Timo Latsch finden Sie hier auf rtl+!