Wie unser Hirn verlegte Gegenstände wiederfindet
Demenz-Durchbruch? Britische Forscher entdecken neuartige Nervenzellen

Wer kennt es nicht: Man ist ohnehin schon viel zu spät dran und auf dem Sprung ins Büro, da ist der Autoschlüssel weg. Spurlos verschwunden, obwohl man ihn vorhin noch hatte. In der Regel finden wir ihn meist wieder. Wie genau das funktioniert, haben nun britische Forscher herausgefunden: Sie haben einen neuen Typ von Gehirnzellen – die sogenannten Vector Trace Zellen – entdeckt, der uns dabei hilft, uns zu erinnern, wo wir unseren Autoschlüssel oder auch das Handy beispielsweise liegen gelassen haben. Diese Entdeckung könnte außerdem erklären, warum Menschen mit Demenz unter Gedächtnisverlust leiden.
Vector Trace-Zellen helfen uns, verlegte Gegenstände wiederzufinden
Es ist bereits seit längerem bekannt, dass GPS-ähnliche Gehirnzellen „Karten“ der Orte speichern, an denen wir uns aufgehalten haben, wie zum Beispiel die Küche oder das Innere eines Büros. Die nun neu entdeckten Vector Trace-Zellen zählen zu den Nervenzellen (Neuronen). Diese leiten elektrische Impulse von einem Ort zum anderen und übermitteln dabei Informationen von Zelle zu Zelle. Nervenzellen sorgen beispielsweise dafür, dass wir im Bruchteil einer Sekunde die Hand zurückziehen, nachdem wir auf eine heiße Herdplatte gefasst haben.
Die Vector Trace-Zellen kodieren kombinierte Entfernungen und Richtungen zu Objekten wie dem Autoschlüssel, die kürzlich gesehen wurden, nun aber nicht mehr vorhanden sind. „Es sieht so aus, als ob Vektor Trace-Zellen mit kreativen Gehirnnetzwerken verbunden sind, die uns helfen, unsere Handlungen zu planen und uns komplexe Szenarien vor unserem geistigen Auge vorzustellen“, sagt Studien-Koautor Dr. Colin Lever von der University of Durham.
Das Zusammenspiel der Vector Trace-Zellen ermöglicht es uns wahrscheinlich, dass wir die räumlichen Beziehungen zwischen uns selbst und Objekten in einer Szene wieder herstellen und uns daran erinnern können, selbst wenn diese Objekte – in unserem Beispiel der Autoschlüssel - für uns nicht direkt sichtbar sind.
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Möglicherweise Meilenstein in der Alzheimer-Forschung
Die neue Entdeckung könnte helfen zu erklären, warum Menschen, die an Krankheiten wie Demenz und Alzheimer leiden, an Gedächtnisverlust leiden. Allein in Großbritannien gibt es etwa 850.000 Demenzpatienten – und mit zunehmendem Alter der Bevölkerung steigt die Zahl.
„Vector Trace-Zellen könnten dabei helfen, die Forschung zur Alzheimer-Krankheit voranzubringen“, erklärt Studien-Mitautor Dr. Steven Poulter, ebenfalls von der Durham University. „Vector Trace-Zellen helfen mir, mich daran zu erinnern, wo meine Tochter ihre Muscheln vergraben hat - nämlich drei Meter von meinem Liegestuhl entfernt in diese Richtung.“
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Wichtiger Ansatz für effektivere Therapien von Alzheimer
Vector Trace-Zellen befinden sich nämlich in einem Bereich des Gehirns, der bei Hirnleistungsstörungen wie der Alzheimer-Krankheit zu den ersten gehört, die angegriffen werden. „Dies könnte erklären, warum ein häufiges Symptom und ein wichtiges Frühwarnzeichen bei Alzheimer das Verlieren oder Verlegen von Gegenständen ist“, so Dr. Poulter weiter.
Die Idee, dass der Verlust oder die Veränderung solcher Zellen ein früher Biomarker für die Krankheit sein könnte, könnte zu einer früheren Diagnose und effektiveren Therapien für eine der hartnäckigsten Krankheiten der Gegenwart führen.