Wie die Jury ihre Entscheidung begründet DAS ist das Unwort des Jahres 2023

Frank Rumpenhorst
„Remigration“ wurde zum Unwort des Jahres 2023 gekürt.
deutsche presse agentur

„Remigration“ ist das Unwort des Jahres 2023!
Das gab die Jury der sprachkritischen Unwort-Aktion am 15. Januar in Marburg bekannt. Daneben hatten Wörter wie „Sozialklimbim“ oder „Stolzmonat“ zur Auswahl gestanden. Die Aktion soll für einen angemessenen Sprachgebrauch sensibilisieren.
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Wort „Remigration“ verletzt Grundrechte von Menschen mit Migrationsgeschichte

„Rechter Kampfbegriff“ und „beschönigende Tarnvokabel“ – die Jury findet klare Worte für das Unwort des Jahres 2023. Was mit seiner Verwendung gefordert werde, verletze die Grundrechte von Menschen mit Migrationsgeschichte.

„Das Wort ist in der Identitären Bewegung, in rechten Parteien sowie weiteren rechten bis rechtsextremen Gruppierungen zu einem Euphemismus für die Forderung nach Zwangsausweisung bis hin zu Massendeportationen von Menschen mit Migrationsgeschichte geworden“, begründete die Jury ihre Entscheidung.

Man kritisiere die Verwendung des Wortes, weil es im vergangenen Jahr als „rechter Kampfbegriff, beschönigende Tarnvokabel und ein die tatsächlichen Absichten verschleiernder Ausdruck gebraucht wurde“.

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Unwort des Jahres greift aktuelle Debatte auf

Mit ihrer Unwort-Auswahl greift die mehrheitlich aus Sprachwissenschaftlerinnen und -wissenschaftlern bestehende Jury eine hochaktuelle Debatte auf. Am vergangenen Mittwoch hatte das Medienhaus Correctiv Rechercheergebnisse zu einem Treffen in einer Potsdamer Villa veröffentlicht, an dem im November auch einzelne AfD-Funktionäre sowie einzelne Mitglieder der CDU und der erzkonservativen Werteunion teilgenommen hatten.

Der frühere Kopf der rechtsextremen Identitären Bewegung in Österreich, Martin Sellner, hatte der Deutschen Presse-Agentur bestätigt, dass er dort über Remigration gesprochen habe. Wenn Rechtsextremisten den Begriff Remigration verwenden, meinen sie in der Regel, dass eine große Zahl von Menschen ausländischer Herkunft das Land verlassen soll - auch unter Zwang.

Die Sprachwissenschaftlerin und Jury-Sprecherin Constanze Spieß hatte bereits im Dezember berichtet, dass Remigration unter den Einsendungen für die Unwort-Kür war - also schon vor der nun aktuellen Debatte.

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Diese Wörter sind auf Platz zwei und drei

Auf Platz zwei setzte die Jury den Begriff Sozialklimbim, der im Zuge der Debatte um die Kindergrundsicherung verwendet worden sei. Durch diese Wortwahl werde die Gruppe einkommens- und vermögensschwacher Personen herabgewürdigt und diffamiert und zugleich die Gruppe der Kinder, die von Armut betroffen oder armutsgefährdet seien, stigmatisiert. Den dritten Platz belegt der Begriff Heizungs-Stasi. Die Jury kritisierte den mit Blick auf das Gebäudeenergiegesetz verwendeten Ausdruck als „populistische Stimmungsmache gegen Klimaschutzmaßnahmen“.

Das Unwort des Jahres wurde nach verschiedenen Kriterien aus Vorschlägen ausgewählt, die Bürgerinnen und Bürger bis 31. Dezember 2023 eingereicht hatten. Insgesamt gab es dieses Mal 2.301 Einsendungen, das waren deutlich mehr als im vorangegangenen Jahr. Sie enthielten 710 verschiedene Begriffe, von denen knapp 110 den Kriterien der Jury entsprachen.

Als Unwort des Jahres kommen nach Angaben der Verantwortlichen Begriffe und Formulierungen infrage, die gegen die Prinzipien der Menschenwürde oder Demokratie verstoßen, die gesellschaftliche Gruppen diskriminieren oder die euphemistisch, verschleiernd oder irreführend sind. Wie häufig ein Begriff vorgeschlagen wurde, ist nicht entscheidend für die Unwort-Kür. Für 2022 war die Wahl auf Klimaterroristen gefallen. (dpa/akr)