"Genialer" Götze reicht nicht

Hinten klemmt's - darum ist Flicks WM-Kader nicht titelreif

Bundestrainer Hansi Flick hat seinen Kader für die Fußball-WM 2022 bekannt gegeben. Doch taugt der für den großen Wurf, für den fünften Stern? Die RTL-Redakteure Tobias Nordmann und Martin Armbruster analysieren das deutsche Team für Katar.
Kraft der Künstler! Lesen Sie hier die Gegenmeinung von Tobias Nordmann

Es reicht vorne, aber hinten nicht

Er hat ihn zurückgeholt, Hansi Flick, den Mario Götze. Der WM-Held von 2014 soll der deutschen Fußball-Nationalmannschaft in Katar das gewisse Extra verleihen. Ein nachvollziehbarer „Move“ des Bundestrainers. Zum Wüsten-Titel wird’s für Flicks Männer aber trotzdem nicht reichen. Dafür hat die DFB-Elf an anderer Stelle zu große Probleme.

Ein „genialer“ Fußballer sei Götze, lobte Flick bei der Bekanntgabe seines WM-Kaders. Einer, der „intuitive Gedankenblitze“ hat – und dank dieser Gabe beim Hochglanz-Turnier von Scheichs und FIFA die magischen Momente liefern soll. Rio reloaded?

Nun, offensiv ist die deutsche Mannschaft sicher sehr gut besetzt. Dass Götze, der bei der sagenumwobenen Frankfurter Eintracht wieder blüht, mitfährt, ist folgerichtig. Götze kann den Unterschied machen, ebenso Jungstar Jamial Musiala, auch ein Thomas Müller, wenn die Gräten der Nation zeitig fit werden. Gerade mit Blick auf Götze kann man einwerfen, dass auch die „Offensive Meisterschaften gewinnt“.

Ins Buch der großen Fußball-, ja sogar Mannschaftssport-Weisheiten hat es der Satz aber nicht umsonst nicht geschafft. Hier steht in (digitalen) Stein gemeißelt: „Defense wins championships“ – die Defensive gewinnt Titel. Und genau an der Stelle mangelt es Flicks Aufgebot an der nötigen Weltklasse.

Flick: "Kein einfacher Anruf" - Hummels nach Katar-Aus enttäuscht

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Innen wie außen zu schwach besetzt

Mit Real Madrids Abwehr-Anführer Antonio Rüdiger verfügt Deutschland nur über eine Defensiv-Kante, die die nötige internationale Reife mitbringt. Nico Schlotterbeck? Gut, aber häufig noch zu zittrig. Niklas Süle? In seiner momentanen Form ein Unsicherheitsfaktor. Matthias Ginter? Grundsolide, mehr nicht. Armel Bella Kotchap: Ein Talent, aber im Nationalteam noch zu unerfahren. Dass mit Mats Hummels ein erfahrener Recke zuhause bleibt, könnte sich rächen.

Und nicht nur in der Innenverteidigung klemmt es. Auch über die Außen kommt zu wenig. Gewiss: Christian Günther ist das HB-Männchen in Person, ackert die Linie rauf und runter. Der Kapitän des SC Freiburg kann die Lücke, die auf dieser Position gefühlt seit Philipp Lahm klafft, aber ebenso wenig schließen, wie Thilo Kehrer, Lukas Klostermann oder David Raum.

DFB-Elf ist zu anfällig: Das zeigt auch das 3:3 gegen England - im Video

Defensiv fehlt es Deutschland nicht nur an individueller Klasse. Auch mannschaftlich passte es zuletzt nicht zusammen. Das wilde 3:3 gegen England und das 0:1 gegen Ungarn haben gezeigt: Die DFB-Elf ist zu anfällig, wird zu schnell fahrig, ist zu einfach zu treffen.

Ob Flick das bis zum Anpfiff in Katar abstellen kann? Fraglich. Da hilft es auch nichts, dass Deutschland hinter der Abwehr mal wieder mit Torwart-Exzellenz hoch drei besetzt ist. Irgendwann rettet auch ein Neuer, ter Stegen oder Trapp nicht mehr.