Biathlon-Stars im Kreuzfeuer der Kritik

Corona-Brüder sollen mit anderen Athleten fliegen - dann ändern sich die Pläne

L-R Second placed Tarjei Boe of Norway, winner Johannes Thingnes Boe of Norway and Martin Ponsiluoma of Sweden during the medal ceremony after the men s Biathlon World Cup 12.5 km pursuit event in Nove Mesto na Morave, Czech Republic, March 4, 2023. CTKxPhoto/LubosxPavlicek CTKPhotoP2023030404155 PUBLICATIONxNOTxINxCZExSVK CTKPhotoP2023030404155
Mit FFP2-Maske bei der Siegerehrung: Tarjei Bö (links) und Johannes Thingnes (Mitte) triumphierten trotz Corona-Infektion vor Martin Ponsiluoma auf dem Podium.
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Egoismus, Leichtsinn oder doch nur sportlicher Ehrgeiz? Trotz herausragender Leistungen beim Weltcup-Verfolgungsrennen im tschechischen Nove Mesto stehen die Brüder Johannes Thingnes und Tarjei Bö mächtig in der Kritik. Das Brüderpaar ging trotz positivem Corona-Test an den Start. Doch damit nicht genug.

Verband bestätigt Corona-Infektion der Bö-Brüder

Spätestens bei der Siegerehrung hätten es die Zuschauer erahnen können. Biathlon-Ausnahmekönner Johannes Thingnes Bö und sein Bruder Tarjei betraten das Podium mit einer FFP2-Maske, während der Drittplatzierte Martin Ponsiluoma keinen Mund-Nasen-Schutz trug. Denn trotz positiver Tests vor dem Wettkampf traten die Biathlon-Brüder an, wie sich im Anschluss herausstellte.

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„Wir sind beide unsicher. Wir wissen nicht genau, ob wir es haben oder nicht, aber sowohl ich als auch Johannes hatten einen positiven Test mit einer schwachen Linie“, gab Tarjei Bö gegenüber „NRK“ zu. Die offizielle Bestätigung durch den Verband erfolgte schließlich noch am späten Sonntagabend.

Biathlon-Legende kritisiert "riskanten" Start

Ein offizielles Startverbot für positiv getestete Athleten sehen die Biathlon-Regularien nicht vor. Vielmehr trägt der jeweilige Sportler die Verantwortung für sein Handeln. Obwohl die Bö-Brüder nach eigenem Bekunden nahezu symptomfrei waren, wurde ihr Verhalten als leichtsinnig angesehen.

Lese-Tipp: „Ihre Entscheidung“: Corona kann Bö-Brüder nicht stoppen

Biathlon-Legende Ole Einar Bjørndalen zeigte Verständnis für den Start des Brüderpaares. Allerdings beurteilte er das Verhalten von Johannes Thingnes und Tarjei Bö hinsichtlich möglicher Folgeschäden einer Infektion dennoch als „riskant“. Gegenüber dem norwegischen TV-Sender „TV2“ nahm er den Verband in die Pflicht. Er müsse dafür sorgen, dass „gesagt wird, wann du eine Pause machen solltest“, so Bjørndalen.

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Eine Rückkehr mit Nebengeräuschen

Wie die norwegische Zeitung NRK berichtet, sollten Johannes Thingnes und Tarjei Bö am Montag ursprünglich sogar gemeinsam mit anderen Biathleten in ein Flugzeug nach Östersund gesetzt werden. Nicht überall stieß diese Idee auf Gegenliebe. Kritik folgte von der direkten Konkurrenz.

Der Schwede Sebastian Samuelsson zeigte für den Start der Brüder zwar noch Verständnis, einen gemeinsamen Flug kritisierte er allerdings. "Ich kenne nicht alle Details, aber wenn sie Symptome haben und krank sind, dann ist es nicht so cool, dass sie in dieses Flugzeug steigen", so Samuelsson gegenüber NRK. Auch der deutsche Biathlet Benedikt Doll war sichtlich über die Pläne der Norweger verärgert: „Sie können andere anstecken. Das ist kein Geheimnis. Wenn ich krank gewesen wäre, wäre ich mit dem Auto gefahren. Ich wäre nicht in ein Flugzeug gestiegen."

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Entwarnung vom Verband

Noch am späten Sonntag sah sich der norwegische Biathlon-Verband offenbar dazu gezwungen, auf die Kritik zu reagieren. In einer Pressemitteilung hieß es, dass Johannes Thingnes und Tarjei Bö nach Absprache mit dem Trainer- und Ärzteteam nun doch pausieren müssen. Beide Athleten kehren gesondert nach Norwegen zurück und werden den Start des vorletzten Weltcups im schwedischen Östersund am Donnerstag verpassen. Nationalteamchef Per Arne Botnan geht von einem frühestmöglichen Start am Sonntag aus.

Die Aufregung über einen gemeinsamen Flug der Bö-Brüder und ihren Konkurrenten konnte Botnan nicht nachvollziehen. Die Ansteckungsgefahr in Flugzeugen sei seines Erachtens überschaubar, wie er NRK erklärte. Daran scheint der norwegische Verband auch nicht rütteln zu wollen, denn Johannes Thingnes und Tarjei Bö sollen nun per Linienflug aus Prag nach Norwegen zurückkehren. (dpa, rdr)