Bundesfinanzminister im RTL-Interview
Lindner befürchtet Stromlücke im Winter und fordert Kernenergie bis 2024
Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) befürchtet im Winter eine Stromlücke und fordert deswegen: Die Atomkraftwerke müssen weiterlaufen. Und zwar bis 2024! Außerdem spricht er sich im RTL/ntv-Interview gegen eine „Gratis-Mentalität“ aus. Ein weiteres 9-Euro-Ticket oder ein vergleichbares Nachfolge-Modell lehnt er deswegen ab.
Christian Lindner über Energie aus Atomkraft: "Werden nicht die alte Strategie verfolgen können"
Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) hat das Gas-Einsparziel der Europäischen Union begrüßt. „Ja, wir müssen mit dem Gas jetzt besser wirtschaften. Das ist ein Beitrag dazu, auch länger eine krisenhafte Versorgungssituation durchhalten zu können“, sagte Lindner gegenüber RTL/ntv.
Lindner nannte als mögliche Einsparmaßnahmen die Optimierung der Einstellungen bei Gas-Heizungen oder den Wechsel ins Homeoffice über Weihnachten/Neujahr in großen Behörden, damit die Gebäude nicht beheizt werden müssten. Somit könne man die Situation auch ohne die „teilweise etwas ulkigen Hinweise, wie etwa beim Duschen“, bewältigen, so Lindner.
Gefragt nach einer möglichen Verlängerung der Laufzeiten von deutschen Atomkraftwerken, sagte Lindner: „Wir werden über eine längere Zeit nicht die alte Strategie verfolgen können, mit Gas Strom zu produzieren, bis wir hinreichend viel Solar- und Windstrom haben.“
Lindner will Laufzeit von Kernkraftwerken prüfen: „Es geht nicht um viele Jahre"
Zudem könne man nicht wieder auf Braunkohle setzen, da diese sehr klimaschädlich sei. Lindner fügte hinzu: „Wir sehen auf der anderen Seite, dass aufgrund der hohen Gaspreise Menschen veranlasst sein könnten, wieder mit Strom zu heizen und sich Heizlüfter anzuschaffen. Das könnte auf eine Stromlücke hinauslaufen, die uns möglicherweise länger als nur einige Monate beschäftigt.“
Deswegen müsse man den Weiterbetrieb der Kernkraftwerke vorbehaltlos prüfen: „Es geht nicht um viele Jahre, aber möglicherweise müssen wir uns mit dem Gedanken anfreunden, auch im Jahr 2024 etwa noch Kernenergie zu brauchen.“
Lindner gegen weiteres Entlastungspaket in diesem Jahr: „Bin gegen Gratis-Mentalität“
Einem weiteren Entlastungspaket erteilte Lindner in diesem Jahr eine Absage. „In diesem Jahr ist das ein Paket von über 30 Milliarden Euro gewesen. Mehr kann der Staat nicht. Auch der deutsche Staat hat Grenzen dessen, was er finanziell schultern kann“, sagte er. Lindner betonte, dass man die Staatsausgaben reduzieren und „raus aus den Schulden“ kommen müsse: „Im nächsten Jahr, das ist auch mein Vorschlag, gibt es ein neues Entlastungsprogramm für das Jahr 2023.“ Mit Blick auf steigende Nebenkosten für Mieterinnen und Mieter werde man zwar prüfen, ob es weitere Maßnahmen geben müsse, allerdings seien Mieter in Deutschland bereits „sehr geschützt.“
Lindner sagte zudem, er sei gegen eine Verlängerung oder ein Nachfolgemodell des 9-Euro-Tickets: „Ich halte davon nichts. Ich bin gegen eine Gratis-Mentalität. Und das noch mit Steuergeld zu subventionieren, halte ich auch für ungerecht.“
Lindner begründete seine Aussagen damit, dass zwar die Menschen in den Städten von so einem Ticket profitierten, aber: „Wissen Sie, wer das finanziert? Das finanziert die Familie mit einem mittleren Einkommen, die auf dem Land lebt, Steuern zahlt, keinen Bahnhof hat und auf das Auto angewiesen ist.“ Lindner schlug hingegen vor, sowohl Tankrabatt als auch 9-Euro-Ticket auslaufen zu lassen und wiederum die „Entfernungspauschale“ zu erhöhen. Dies sei nicht nur für die Pendler mit dem Auto gedacht, auch die Pendlerinnen und Pendler mit anderen Verkehrsmitteln würden davon profitieren, so Lindner: „Das ist mein Angebot.“
Hochzeitsfeier auf Sylt? "Das ist eine reine Privatsache"

Christian Lindner und seine Frau Franca Lehfeldt haben im Juli auf Sylt geheiratet und wurden dafür heftig kritisiert. Zu pompös, zu üppig, eine solche Feier in Kriegszeiten sei das falsche Signal – würde Lindner die Hochzeit mit diesem Wissen noch einmal so feiern? Da macht der Finanzminister dicht: Schmallippig und fast schon etwas trotzig bekommt unser Reporter auch auf mehrfache Nachfrage nur eine einzige Antwort: „Das ist eine reine Privatsache.“
Das ganze Interview können Sie am Dienstag Abend (27.07.2022) um 0.25 Uhr in einem RTL Nachtjournal Spezial sehen.
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