Bundestag stimmt neuen Milliardenhilfen für Griechenland zu

Alles wie erwartet: Der Bundestag hat den finanziellen Zugeständnissen der Euro-Länder an das pleitebedrohte Griechenland mit breiter Mehrheit zugestimmt. Die schwarz-gelbe Koalition verfehlte dabei bereits zum dritten Mal die symbolisch wichtige Kanzlermehrheit. CDU, CSU und FDP kamen auch nur relativ knapp auf eine eigene einfache Mehrheit. 297 Koalitionsabgeordnete stimmten mit Ja. Für die Kanzlermehrheit wären mindestens 311 Stimmen aus Union und FDP notwendig gewesen.

Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) spricht am 30.11.2012 im Deutschen Bundestag in Berlin. Die Parlamentarier stimmen nach der Debatte über weitere Finanzhilfen für Griechenland ab. Foto: Wolfgang Kumm/dpa  +++(c) dpa - Bildfunk+++
Der Bundestag stimmte dem neuen Griechenland-Paket zu
dpa, Wolfgang Kumm

Nach einer hitzigen Debatte votierten 473 der 584 Parlamentarier für die Vorlage des Bundesfinanzministeriums, 100 stimmten dagegen, elf enthielten sich der Stimme. Das Parlament segnete den Beschluss der Euro-Finanzminister ab, der Athen zwei Jahre mehr Zeit gibt, die mit den Geldgebern Griechenlands vereinbarten Haushaltsziele umzusetzen. Für Deutschland bedeutet das Votum den Verzicht auf Hunderte Millionen Euro.

Die Zustimmung reißt eine Finanzlücke von rund 14 Milliarden Euro auf. Sie soll dadurch geschlossen werden, dass Gewinne der anderen Euro-Länder aus den bisherigen Krediten an Griechenland in das Land zurückgeschleust werden. Außerdem wollen die Euro-Länder die an sie ausgekehrten Gewinne der EZB aus dem Kauf griechischer Staatsanleihen an die Regierung in Athen zurückgeben. Der Bundeshaushalt wird dadurch alleine im kommenden Jahr um rund 730 Millionen Euro belastet.

Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) attestierte den Griechen "deutliche Reformfortschritte", fordert aber weiter Geduld mit dem Euro-Krisenland ein. "Es stellen sich erste Erfolge ein, aber der vor uns liegende Weg ist noch lang", sagte er in einer Regierungserklärung vor der Abstimmung. Die griechische Regierung arbeite mit großem Engagement an der Umsetzung der Reformvorgaben der Geldgeber. Griechenland habe sein Staatsdefizit in den vergangenen Jahren deutlich abbauen können. Außerdem sei es dem Land gelungen, seine Wettbewerbsfähigkeit deutlich zu verbessern.

Bereits vor der Debatte war deutlich geworden, dass der Bundestag den neuen Milliarden-Hilfen zustimmen würde. SPD-Chef Sigmar Gabriel sagte, die Entscheidung sei "im Kern richtig". Ungeachtet der Zustimmung kritisierte Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier die Regierung. Er warf ihr vor, die Bevölkerung in der Euro-Krise weiter zu täuschen. Aus Angst vor den anstehenden Wahlen in Deutschland scheue die Koalition davor zurück, den Menschen die ganze Wahrheit zu sagen. Ein Schuldenerlass für Griechenland sei unausweichlich. Dieses Eingeständnis scheue die Koalition aber jetzt noch "wie der Teufel das Weihwasser". Trotz aller Bedenken stehe die SPD zu ihrer europolitischen Verantwortung. "Wir können die Griechen jetzt nicht im Stich lassen."

Linkspartei will in Karlsruhe klagen

FDP-Fraktionschef Rainer Brüderle verteidigte die Auflagen der internationalen Geldgeber für das krisengeschüttelte Griechenland als ambitioniert, aber notwendig. "Was Griechenland durchmacht, ist eine bittere Therapie. Aber die Reformnotwendigkeiten dort sind auch riesig", sagte er. Zeit für ein bisschen Wahlkampf fand er auch noch, als er dem SPD-Kanzlerkandidaten Konzeptionslosigkeit vorwarf: "Wo ist denn der Plan des Oberweltökonomen Peer Steinbrück für die Rettung der Euro-Zone?"

Nach Ansicht von Grünen-Fraktionschef Jürgen Trittin sind die neuen Griechenland-Hilfen das Ergebnis einer falschen Politik der Bundesregierung. Diese habe zu lange auf reines Sparen und Kürzungen gesetzt. "Mit einer reinen Austeritätspolitik ist der Euro nicht zu retten", sagte er. Diese Einsicht habe sich bei Schwarz-Gelb jedoch zu spät durchgesetzt.

Die stellvertretende Linken-Fraktionsvorsitzende Sahra Wagenknecht kritisierte die Hilfen für Griechenland als "verantwortungsloses Verbrennen von Steuergeldern" zugunsten von Banken und Spekulanten. Mit jedem Sparpaket werde die Situation in Griechenland nur noch schlimmer. "Hören Sie auf, die Wählerinnen und Wähler für dumm zu verkaufen", sagte sie zur Koalition. Es sei bereits heute abzusehen, dass es einen Schuldenschnitt für Griechenland geben und dieser für Deutschland sehr teuer werde. Die Linkspartei hatte schon vorher angekündigt, am Bundesverfassungsgericht gegen das Rettungspaket zu klagen.