Jetzt spricht das Opfer im RTL-Interview

Nach Raubüberfall in Varel: Frau 500 Meter von Auto mitgeschleift

Gurjit Kaur wurde Opfer eines Raubüberfalls. Im Interview erzählt sie von der Tat.
Gurjit Kaur wurde Opfer eines Raubüberfalls in ihrem Auto. Im Interview erzählt sie von der Tat.
Crimespot

Diese Frau musste dem Tod ins Auge blicken: Als Gurjit Kaur (40) ihr Auto startet, steigt ein Mann (41) ein und bedroht sie mit einem Messer. Sie versucht, zu fliehen, bleibt allerdings am Sicherheitsgurt hängen. Der Täter gibt Gas, schleift die Frau 500 Meter über die Straße. Schließlich schnallt er sie ab und flüchtet. Die 40-jährige bleibt schwer verletzt liegen. Die Polizei kann den Täter zum Glück schnappen, am Dienstag beginnt der Prozess wegen versuchten Mordes und schweren Raubes. Im RTL-Interview spricht Gurjit Kaur über die schreckliche Tat.

Maskierter Mann überfällt Gurjit Kaur in ihrem Auto

Sie kann sich an den schrecklichen Tag am 11. Dezember noch genau erinnern: Es ist ein kalter Freitagabend. Gurjit Kaur betreibt mit ihrem Ehemann Pardeep Chhena gemeinsam eine Pizzeria im niedersächsischen Varel. Nach Feierabend geht Gurjit Kaur gegen 22 Uhr zu ihrem Auto. Der Motor läuft bereits, ihr Mann hat das Auto ein paar Minuten vorher gestartet, damit es bei den eisigen Temperaturen vorwärmt.

Sie steigt ein, schnallt sich an und will losfahren: „Plötzlich steigt jemand durch die Hintertür ein“, erzählt die 40-jährige. „Er war komplett maskiert, nur die Augen konnte man sehen und ich habe so Angst gekriegt.“

Überfall in Varel: Täter lässt Schwerverletzte auf der Straße liegen

Gurjit Kaur erzählt, wie sie in ihrem Auto am Gurt festhing und 500 Meter über die Straße mitgezogen wurde.
Gurjit Kaur erzählt, wie sie in ihrem Auto am Gurt festhing und 500 Meter über die Straße mitgezogen wurde.
Crimespot

Von hinten greift der maskierte Mann sie mit einem Messer an, versucht sie zu würgen. Gurjit Kaur wehrt sich, kämpft, schreit um Hilfe. Sie windet sich aus dem Griff des Angreifers, stößt die Tür auf und steigt mit den Beinen aus dem Auto aus. Doch der Anschnallgurt löst sich nicht. Der 41-jährige Mann springt nach vorne auf den Fahrersitz, schubst die angeschnallte Frau weiter aus dem Auto: „Mein Oberkörper und meine Beine lagen auf der Straße und er ist einfach losgefahren und hat beschleunigt.“

500 lange Meter geht die Höllenfahrt, Gurjit Kaur wird an der Seite des Autos über die Straße geschleift: „Als ich nicht mehr reden konnte, ich war fast bewusstlos, hat er angehalten, mich abgeschnallt. Er hat mich einfach auf der Straße liegen gelassen und ist weitergefahren“, erinnert sie sich an die schrecklichen Minuten. „Ich hatte das Gefühl, er wollte mich umbringen. Er wollte mich töten.“

Anzeige:
Empfehlungen unserer Partner

Anwohner alarmieren Rettungskräfte

Gurjit Kaur leidet unter dem Überfall noch schwer. Täglich hat sie Schmerzen, muss Medikamente nehmen.
Gurjit Kaur leidet unter dem Überfall noch schwer. Täglich hat sie Schmerzen, muss Medikamente nehmen.
Crimespot

„Ich konnte nicht mehr laufen, die Verletzungen waren so stark“, beschreibt Gurjit Kaur die Minuten nach der Tat. „Es war so schrecklich. In einem Moment habe ich gedacht: Es ist jetzt vorbei alles“, erzählt sie mit tränenerstickter Stimme. „Ich dachte, ich bin schon tot.“ Mit letzten Kräften schleppt sie sich zu der nächsten Haustür und klingelt: „Gott sei Dank haben sie die Tür aufgemacht und direkt die Polizei und den Krankenwagen angerufen.“

Dieser bringt sie schwer verletzt ins Krankenhaus. Fünf Wochen bleibt sie da, siebenmal muss sie operiert werden, zahlreiche Hauttransplantationen sind notwendig. Und auch zu Hause muss sie zwei Monate im Rollstuhl bleiben, ist auf ständige Hilfe angewiesen. Noch immer hat sie täglich Schmerzen, muss weiter Medikamente nehmen.

Nun kämpfe sie sich langsam zurück in die Normalität: „Ich versuche, das alles zu vergessen und mein normales Leben wiederzubekommen.“ Mittlerweile traue sie sich sogar schon wieder alleine ins Auto – die Angst vor einem erneuten Angriff sei aber immer da.

Der Täter ist der Bruder eines Mitarbeiters

Gurjit Kaur und ihr Ehemann Pardeep Chhena sind fassungslos über die Tat.
Gurjit Kaur und ihr Ehemann Pardeep Chhena sind fassungslos über die Tat.
Crimespot

Besonders schlimm: Gurjit Kaur und ihr Ehemann Pardeep Chhena (43) kennen den Mann! Es sei der Bruder eines Mitarbeiters, der öfter mit finanziellen Problemen ins Restaurant gekommen sei. „Ich habe ihm öfter mal geholfen mit Geld, Essen und Getränken“, erzählt der Inhaber der Pizzaria. „Immer wenn er da war, haben wir miteinander gesprochen, er war schon wie ein guter Kumpel. Dass gerade der dann sowas tut, das war ein Schock für uns“, so der 43-Jährige.

Finanzielle Probleme seien auch der Grund für den Überfall gewesen. Der Täter hatte es wohl auf den Tagesumsatz der Pizzeria abgesehen. Bis heute versteht Pardeep Chhena die Tat nicht: „Ich frage mich immer wieder: Wieso hat er das gemacht? Wir waren immer so gut zu ihm und das ist der Dank dafür?“

Polizei kann den Täter schnappen - Prozess in Oldenburg beginnt

Zum Glück kann die Polizei das Auto orten und den Täter schnappen. Im April hat die Staatsanwaltschaft Oldenburg Anklage wegen schweren Raubes und versuchten Mordes gegen den 41-jähriger Mann erhoben. Am Dienstag (15. Juni) startete nun der Prozess vor dem Landgericht Oldenburg. Laut der Gerichtssprecherin erwarte den Mann im Falle der Verurteilung eine Strafe zwischen fünf und 15 Jahren. (nfi)