40-jähriger Lkw-Fahrer vor Gericht
Pferde-Killer schlachtet Tiere im Kreis Jena ab - war es ein Blutopfer für behinderten Sohn?
von Denise Kylla und Frank Vacik
Pferdebesitzerin Tina Hesse (28) ist wütend. Im September 2020 wurden fünf ihrer geliebten Tiere im Reitsportverein „Mühle Cospeda“ aufgeschlitzt. Dringend tatverdächtig: der 40-jährige Christian J. Der Berufskraftfahrer muss sich jetzt wegen einiger Verstöße gegen das Tierschutzgesetz und unerlaubtem Besitz einer Schusswaffe vor dem Amtsgericht in Jena verantworten. Vor Ort kommen unfassbare Details ans Licht.
Mutmaßlicher Pferde-Ripper wurde schon mal verurteilt
Die Vorwürfe gegen Christian J. sind grausam. Er wird beschuldigt, in sechs Fällen mehrere Pferde brutal abgeschlachtet zu haben. Zwischen Juli 2019 und September 2020 starben immer wieder Tiere im Umkreis von Jena. Es gab Angriffe in Löberschütz, Döbritschen, Münchenroda, bei Closewitz und auch in Cospeda. Dort traf es dann die Pferde von Tina Hesse. Am Freitag war die Betroffene bei Gericht, es ist bereits der zweite Prozesstag bei dem sie freiwillig anwesend ist. Denn die Pferdeliebhaberin will sichergehen, dass der Mann eine angemessene Strafe bekommt. „Es wäre wichtig, dass er nicht nur eine Freiheitsstrafe bekommt, sondern auch auf psychischer Basis behandelt wird“, findet Tina Hesse. Immerhin war der Angeklagte vor zehn Jahren schon einmal als Tierquäler aufgefallen. Damals wurde er zu 14 Monaten Haft verurteilt und soll wohl ein Teilgeständnis abgelegt haben. Den Angeklagten jetzt zu sehen, nehme Hesse sehr mit. „Ich habe ein mulmiges Gefühl“, sagt sie.
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Verdächtiger soll von einem Blutopfer gesprochen haben
Auch der ehemals beste Freund des Mannes war heute im Gerichtsaal. Was er zum mutmaßlichen Tatmotiv von Christian J. sagt, ist kaum zu fassen. Angeblich soll der Angeklagte einmal mit einem blutgetränkten Speer nach Hause gekommen sein. Als Erklärung habe der 40-Jährige dann gesagt, er habe ein Blutopfer für seinen Sohn erbracht. Das Kind des Angeklagten ist autistisch. Außerdem soll der Lkw-Fahrer erzählt haben, dass er es lustig finde, wenn Tiere verletzt würden.
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Die Ex-Frau des Angeklagten lässt ebenfalls kein gutes Haar an Christian J. Sie habe ihn damals wegen Tierquälerei angezeigt, weil sie seine grausamen Taten nicht mehr mitansehen konnte. Einmal sei er abends, nachdem er ein Pferd getötet habe, ins Ehebett gekommen, wo die Frau mit dem Sohn lag. Der Vater habe seinem Kind über den Kopf gestreichelt und gesagt: „Ich habe Blut vergossen und den Teufel gebracht, damit unser Sohn sprechen lernt.“ Sein „Baby und größter Schatz“ sei außerdem ein Luftgewehr gewesen, dass er so umgebaut hatte, dass er auch größere Tiere damit verletzen konnte.
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Mutmaßlicher Pferde-Ripper weist die Schuld von sich
Im Gerichtssaal stellt der Angeklagte den Fall ganz anders da: Sein ehemaliger Kumpel sei der Täter und wolle ihm alles nur in die Schuhe schieben. Außerdem habe er bei einem Teil seines Geständnis’ vor zehn Jahren gelogen, um seinen besten Freund in Schutz zu nehmen. Dabei habe er zwei Taten gestanden, die eigentlich auf die Rechnung des Kumpels gingen.
Psychologin über Tier-Ripper: Die Empathie fehlt
Psychologin Jane König hat RTL zu dem Prozess begleitet. Sie hält die Aussagen des Angeklagten für fragwürdig. „Ich habe das Gefühl, es wird hier sehr geschickt vorbereitet, dass man dann nachher alle Vorwürfe ganz gut vom Tisch weisen kann“, schätzt sie die Lage ein. Immerhin wäre es nicht sein erstes Verbrechen in Zusammenhang mit Tieren.
Aber wie kommt es überhaupt dazu, dass Menschen Tiere quälen? König: „Es gibt zwei Möglichkeiten: Die eine ist, dass es nur eine Art Blitzableiter wäre aus einer affektierten Situation heraus.“ Bei dem Angeklagten habe die Expertin aber eher das Gefühl, dass der Grund in mangelnder Empathie läge. „Dass da Hintergründe sind und Sozialisation, die da eine Rolle spielen.“ Demnach könnte noch eine biologische Ursache hinzukommen. Im Hirnbereich, in dem Empathie verwurzelt sei, könnte zum Beispiel die nötige Ausprägung fehlen. Gepaart mit einer fehlenden Sozialisation könnte so ein soziopathisches Verhalten ohne Reue entstehen.
Verhandlung bis Ende März
Der Gerichtsprozess ist bis zum 25. März angesetzt. Der nächste Verhandlungstag soll schon der erste Februar sein.