Paar will sich nicht mit 50 Euro abspeisen lassenTrockenshampoo-Dose explodiert und zerlegt das Badezimmer - wer haftet für den Schaden?

Theresa Gierlinger und Christoph Dikany finden ihr Badezimmer Ende Oktober nach Feierabend in diesem Zustand vor. Der Grund: Eine Trockenshampoo-Spraydose war explodiert.
Theresa und Christoph finden ihr Badezimmer Ende Oktober nach Feierabend in diesem Zustand vor. Der Grund: Eine Trockenshampoo-Spraydose war explodiert.
Privat, Theresa Gierlinger / Christoph Dikany, Privat

Eine Spraydose mit Trockenshampoo explodiert im Bad, während deren Besitzer auf der Arbeit sind - zum Glück! Denn das Bad und der Schrank, in dem sich die Dose befand, wurden dabei halb gesprengt. Die Betroffenen, ein Paar aus Österreich, wollen nun die Kosten für den Schaden vom Hersteller ersetzt bekommen. Doch der sieht sich offenbar nicht in der Haftung. Welche Gesetze würden in einem solchen Fall in Deutschland greifen?

Badezimmerschrank regelrecht gesprengt - wie konnte das passiert sein?

Als Theresa G. (28) und Christoph D. (34) aus dem österreichischen Neustift im Mühlkreis Ende Oktober an einem Abend von der Arbeit zurück nach Hause kommen, machen sie eine gruselige Entdeckung: Der Badezimmerschrank liegt umgekippt auf dem Boden, der obere Bereich ist regelrecht abgesprengt, drumherum ein Riesenchaos. Die Ursache: In ihrer Abwesenheit ist eine Trockenshampoo-Dose der Marke Syoss explodiert, die beiden finden die Überreste der Dose in dem Chaos.

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Lag eine unsachgemäße Behandlung vor? Christoph beteuert uns: „Die Dose war nicht beschädigt, die untere Sicherheitswölbung war nicht nach außen gewölbt, was ein Hinweis auf Überdruck wäre, es fand keine Krafteinwirkung von außen statt, die Dose wurde trocken neben handelsüblichen anderen Sprays gelagert und befand sich nicht in der Nähe von Wärmequellen oder Elektrogeräten.“ Wie konnte das also passiert sein?

Hersteller-Labor glaubt die Ursache zu kennen

Christoph, der als Außendienstangesteller arbeitet, und seine Freundin Theresa, Bankangestellte, wenden sich an die zum Henkel-Konzern gehörenden Verantwortlichen bei Syoss und reklamieren den Schaden. Syoss will den Vorfall prüfen und bittet die beiden darum, die explodierte Dose einzusenden. Henkel-Pressesprecherin Nicola Surholt bestätigt uns auf Nachfrage, dass Experten die explodierte Dose im Labor untersucht haben. Das Ergebnis, so Surholt: „Dabei zeigte sich eine für Fachleute charakteristische Einprägung beziehungsweise Quetschung im unteren Dosenbereich, die die Ursache für das letztendliche Bersten der Dose sein dürfte.“

Theresa und Christoph wollen den Schaden in ihrem Badezimmer behoben sehen.
Theresa und Christoph wollen den Schaden in ihrem Badezimmer behoben sehen.
Privat, Theresa Gierlinger / Christoph Dikany, Privat
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Henkel verweist auf strenges Prüfverfahren

Die Pressesprecherin verweist außerdem auf ausgiebige Testungen und hohe Sicherheitsstandards, bei denen jede einzelne Syoss Trockenshampoo-Dose im Rahmen eines standardisierten Prüfverfahrens geprüft werde. Pro Produktbatch würden des Weiteren sogenannte Rückhaltemuster zur Seite gelegt, um die Qualität jeder Produktcharge im Nachhinein noch einmal genau überprüfen und dokumentieren zu können. Genau dies sei im Fall der Charge passiert, aus der die von dem Paar gekaufte Dose stammte. „Die Rückstellmuster der betroffenen Charge von Frau G. und Herrn D. wurden umgehend geprüft und getestet und waren einwandfrei“, so die Henkel-Pressesprecherin gegenüber RTL.

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Wo kommt die Qeutschung her?

Das Paar wundert sich über die Erklärung: „Wir waren an dem Tag ja gar nicht zu Hause“, sagt Christoph. „Von uns gab es keine Gewalteinwirkung auf die Dose.“ Die Frage sei also: Wo kommt die Quetschung her? Sie könne ja genauso gut nach der Explosion entstanden sein, meint Christoph. Henkel sieht sich hier aber nicht in der Haftung. Sie schreiben uns: „Wann und wo es zu der entsprechenden äußeren Beeinträchtigung der Syoss Dose gekommen ist, vermögen wir nicht abschließend zu beurteilen, können aber nur davon ausgehen, dass dies außerhalb unseres Einflussbereiches und ohne unsere Kenntnis geschehen sein muss.“

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Trotzdem hat man bei Syoss auch Verständnis für die „sehr unangenehme Erfahrung“, die das Paar machen musste – und bietet als Entschädigung ein Überraschungspaket mit Produkten oder eine einmalige Zahlung in Höhe von 50 Euro an.

Der obere Bereich des Schrankes wurde regelrecht gesprengt.
Der obere Bereich des Schrankes wurde regelrecht gesprengt.
Privat, Theresa Gierlinger / Christoph Dikany, Privat

„Was wäre passiert, wenn ich die Dose in der Hand gehalten hätte?“

Damit wollen sich Christoph und Theresa aber nicht abspeisen lassen – und lehnen das Angebot ab. Sie sagen: „Wir bleiben nun selbst auf den Kosten und dem Aufwand für den neuen Schrank sitzen, obwohl wir gar nichts dafür können.“ Es gehe um keine wirklich hohe Summe, aber angesichts dessen, dass ihr Bad erst zwei Jahre alt und in einem echt tollen Zustand war, sei es schon sehr ärgerlich. Außerdem wollen die beiden auf die Gefahr aufmerksam machen: „Ich habe schon ein paar Mal darüber nachgedacht, wie das alles ausgegangen wäre, wenn ich die Dose zu dem Zeitpunkt in der Hand gehalten hätte“, sagt Christoph uns. Sie haben sich daher schon an den österreichischen Konsumentenschutz gewandt.

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Klassisches Beispiel für Produkthaftung

Rechtsanwältin Nicole Mutschke
Anwältin Nicole Mutschke erklärt: Bei „Mangelfolgeschäden“ ist in Deutschland der Hersteller Ansprechpartner.
Mutschke Rechtsanwaltsgesellschaft mbH, Mutschke Rechtsanwaltsgesellschaft mbH

Aber wer würde denn nach deutschem Recht in einem solchen Fall haften? Das haben wir Rechtsanwältin Nicole Mutschke gefragt. Sie sagt: „So, wie der Fall sich darstellt, scheint er ein klassisches Beispiel für die sogenannte Produkthaftung zu sein.“ Nach deutschem Recht sei bei Mängeln oder Fehlern eines Produktes eigentlich grundsätzlich der Verkäufer der erste Ansprechpartner. „Anders sieht es allerdings aus, wenn das wesentliche Problem eigentlich nicht bei Fehlern des Produktes selbst liegt, sondern bei Schäden, die ebendieses Produkt an anderen Dingen oder auch bei Menschen verursacht hat“, so die Anwältin. Richtiger juristischer Gegner sei bei solcher sogenannten „Mangelfolgeschäden“ in der Regel der Hersteller.

Keine Haftung bei diesen Umständen

Allerdings liege auch nach dem Gesetz beispielsweise gerade dann keine Haftung vor, wenn nach den Umständen davon auszugehen sei, dass das Produkt den Fehler, der den Schaden verursacht hat, noch nicht hatte, als der Hersteller es in den Verkehr brachte. Oder der Fehler nach dem Stand der Wissenschaft und Technik in dem Zeitpunkt, in dem der Hersteller das Produkt in den Verkehr brachte, nicht erkannt werden konnte. „Ist streitig, ob einer der oben genannten Umstände vorliegt, der die Haftung ausschließt, so trägt der Hersteller die Beweislast“, erklärt sie uns. „Allerdings trägt für den Fehler, den Schaden und den ursächlichen Zusammenhang zwischen Fehler und Schaden der Geschädigte die Beweislast.“