Täter überwältigt und niedergeschlagen
Anschlag auf LGBTQIA*-Club: Held verhinderte schlimmeres Blutbad - "Dutzende Leben gerettet"
Nach dem schrecklichen Angriff auf einen Nachtclub der LGBTQIA*-Community in Colorado Springs rätselt die Polizei noch über das Motiv des mutmaßlichen Schützen. Denn Anderson Lee A. (22) sitzt in Gewahrsam und schweigt. Unterdessen zeigt sich, dass das Blutbad noch viel schlimmer hätte enden können. Ein Gast verhinderte das. Der Club-Besucher überwältigte den Angreifer – und hat so wohl viele Leben gerettet. Im Video spricht ein Augenzeuge über die furchtbare Nacht im Club Q.
US-Korrespondent Christopher Wittich: Das wissen wir über den Täter
Gast reagierte sofort und schlug Schützen nieder

Nach den tödlichen Schüssen in einem populären LGBTQIA*-Nachtclub im US-Bundesstaat Colorado hat der mutmaßliche Schütze Anderson Lee A. bisher nicht mit der Polizei gesprochen. Das sagte Polizeichef Adrian Vasquez der „New York Times“. Bei der Attacke wurden fünf Menschen getötet und 25 weitere verletzt. Die Behörden versuchen zu ermitteln, ob es sich bei der Tat um Hasskriminalität handelte. Denn sie ereignete sich in der Nacht zum „Transgender Remembrance Day“, einem Gedenktag für transgeschlechtliche Menschen, die wegen Transhass getötet worden sind. In dem Lokal mit dem Namen „Club Q“ sei für die Nacht eine Transgender-Party mit Drag-Show angesetzt gewesen, berichtete der Lokalsender „KRDO“. Laut Vasquez habe es keine früheren Drohungen gegen den Club gegeben.
Der 22-jährige Schütze habe den Club nach Überzeugung der Polizei mit einem Sturmgewehr und einer Handfeuerwaffe betreten und sofort um sich geschossen. Er habe dabei kein Wort gesagt. Schließlich sei er von einem Gast überwältigt worden und befinde sich nun verletzt im Krankenhaus. Der Gast habe dem Mann eine Waffe entreißen und ihn damit niederschlagen können, sagte der Bürgermeister von Colorado Springs, John Suthers, der „New York Times“. „Er hat Dutzende und Aberdutzende Leben gerettet“, betonte einer der Club-Besitzer, Matthew Haynes, bei einer kurzfristig angesetzten Trauerveranstaltung. Der Angriff sei dadurch nach rund einer Minute vorbei gewesen, so Polizeichef Vasquez. Ein anderer Gast habe ihm geholfen, den Täter am Boden zu fixieren, bis die Polizei eintraf. "Während sich der Verdächtige im Club aufhielt, stellten sich ihm mindestens zwei heldenhafte Menschen entgegen, kämpften mit ihm und konnten ihn davon abhalten, weitere Menschen zu töten und zu verletzen. Wir sind ihnen zu großem Dank verpflichtet."
Mutmaßlicher Täter soll Mutter mit Bombe bedroht haben

Nachdem die Polizei den Namen des Angreifers veröffentlichte, wurde bekannt, dass er laut Behördenunterlagen im vergangenen Jahr einen Polizeieinsatz durch eine Bombendrohung gegen seine Mutter ausgelöst hatte. Zunächst blieb unklar, was aus den damaligen Ermittlungen gegen ihn wurde und wie er an seine Waffen kam. Der Club rief auf seiner Facebook-Seite zum Sammeln von Spenden für die Opfer auf. In Interviews mit Lokalsendern bezeichneten Gäste das Lokal als einzigen Club seiner Art in Colorado Springs, der für sie ein „sicherer Hafen“ gewesen sei, in dem sie sie selbst sein konnten.
Die Polizei hatte anfangs von 18 Verletzten gesprochen. Im Tagesverlauf korrigierte sie die Zahl dann auf 25 hoch, wie die Sender CNN und KKTV berichteten. Wie viele Menschen zum Tatzeitpunkt im Club waren, blieb zunächst unklar. Den Besitzern zufolge war es - möglicherweise wegen des kalten Wetters - nicht ganz so voll wie sonst an einem Samstagabend.
Biden nach Club-Anschlag: „Wir dürfen Hass nicht tolerieren“

KRDO sprach von einem der größten Polizeieinsätze in der Geschichte von Colorado Springs. Die Polizei betonte, nachdem der erste Anruf drei Minuten vor Mitternacht eingegangen sei, habe man bereits um 00.02 Uhr den Verdächtigen in Gewahrsam genommen. US-Präsident Joe Biden sprach den Opfern und Angehörigen sein Mitgefühl aus. Er betonte, dass die Schwulen-, Lesben- und Trans-Gemeinschaft in Amerika in den vergangenen Jahren „schreckliche Gewalt“ erlebt habe. „Wir dürfen Hass nicht tolerieren“, schrieb Biden in einer Stellungnahme und bekräftigte seine Forderung nach einer Verschärfung der Waffengesetze.
2016 waren bei einer Attacke auf den bei der LGBTQIA*-Gemeinschaft populären Nachtclub Pulse in Orlando 49 Menschen getötet worden. Der Schütze bekannte sich zur Terrororganisation Islamischer Staat (IS). Im Juni diesen Jahres – kurz vor der Pride Parade – wurden zwei Menschen bei einem Anschlag auf den LGBTGIA+-Club "London Pub" in der norwegischen Hauptstadt Oslo getötet, zwanzig Personen wurden schwer verletzt. Kurz nach dem Vorfall war ein Mensch in der Nähe des Tatorts festgenommen worden, die Polizei sprach von einem Terroranschlag.
LGBTIA* ist die englische Abkürzung für Lesben, Schwule, Bisexuelle, Transgender, Inter- und Asexuelle. Oft werden auch die Varianten LGBTQ und LGBTQI verwendet. Jeder Buchstabe steht für eine eigene Geschlechtsidentität oder sexuelle Orientierung. (dpa, cwa)