Lockdown-Schlupfloch gefundenMäc-Geiz, Kodi und Action sind weiter geöffnet

Abhängte Regale bei Mäc-Geiz
Abhängte Regale bei Mäc-Geiz
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Eigentlich müssen seit drei Tagen die meisten Geschäfte geschlossen bleiben, denn zum Schutz der Bevölkerung vor dem Corona-Virus darf nur noch das Nötigste eingekauft werden. Deshalb müssen auch Non-Food-Discounter wie Mäc-Geiz, Kodi oder Action dicht machen – eigentlich. Aber die Geschäfte wurden kreativ und haben offenbar ein Schlupfloch gefunden, um doch öffnen zu können. Nicht nur die Bürger finden solche Aktionen grenzwertig, wie der Lockdown-Trick von Douglas gezeigt hat. Auch so mancher Mitarbeiter der betroffenen Filialen ist davon wenig begeistert.

Abhängen statt schließen bei Mäc-Geiz

Es sieht ein wenig anders aus bei Mäc-Geiz als noch vor dem Lockdown, denn überall hängen durchsichtige Folien in den Gängen und verdecken bestimmte Produkte. Für den Kunden heißt das: diese Ware darf nicht gekauft werden – der Rest aber schon. Hier kann also jeder genau wie vor dem Lockdown gemütlich shoppen gehen, nur das Sortiment hat sich verringert.

Der Grund für die Öffnung liegt im Angebot: Läden wie Mäc-Geiz, Kodi oder Action haben ein Mischsortiment. Das heißt: Zum Verkauf stehen nicht nur unerlaubte Produkte, sondern auch die, die zum täglichen Bedarf gehören. Bietet ein Laden mehr als 50 Prozent dieser erlaubten Ware an, darf er öffnen.

Mäc-Geiz trotz Lockdown geöffnet
Mäc-Geiz-Filiale am 18.12.2020
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Auch Mitarbeiter verwirrt: Briefpapier darf verkauft werden, Süßigkeiten aber nicht

Schlupf-Locktaktik bei Mäc-Geiz
Mäc-Geiz eröffnet trotz Lockdown
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Selbst für die Angestellten der geöffneten Non-Food-Discounter stößt die Schlupfloch-Taktik auf Unverständnis, denn die Öffnung der Filialen führt auch für sie zu Mehrarbeit. Angestellte von Kodi oder Mäc-Geiz müssen nicht nur den halben Laden abhängen, sondern dann auch noch den verdutzten Kunden erklären, warum sie nicht alles kaufen können, was sich sonst im Sortiment befindet.

Zudem ist der Wunsch nach einer Pause vom harten Corona-Arbeitsalltag im Einzelhandel groß. Vor dem Lockdown hätte man ihnen regelrecht die Bude eingerannt, jetzt würde man die Zeit lieber mit der Familie verbringen statt in einem halb leeren Geschäft zu arbeiten, erzählt ein Filial-Angestellter.

Einige Mitarbeiter befürworten aber auch die Öffnung der Läden, da sie froh sind, nicht in Kurzarbeit gehen zu müssen.

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So reagiert Mäc-Geiz auf RTL-Anfrage

Die Führungsetage von Mäc-Geiz will von einem Schlupfloch nichts wissen. Auf RTL-Nachfrage heißt es: „Wir richten uns bei der Öffnung unserer Filialen streng nach den Verordnungen und Allgemeinverfügungen der Länder, die je nach Bundesland unterschiedlich sind. Wo die amtlichen Vorschriften dies vorgeben, haben wir die betreffenden Teile unseres Sortiments abgehängt.“ Darüber hinaus stehe das Unternehmen nach eigenen Angaben ständig in Kontakt mit den zuständigen Behörden.

Die Öffnung der Filialen trägt laut Mäc-Geiz nicht nur dazu bei, die Kundendichte im Einzelhandel zu entzerren. „Sie sind auch gut erreichbar, sodass die Einkaufswege zur Grundbedarfsdeckung kurz gehalten werden“, fügt PR-Manager Matthias Leibe hinzu.

Weiterhin stehe vorallem die Gesundheit der Mitarbeiter und Kunden an oberster Stelle.

Bis zu einer Milliarde Umsatzeinbußen pro Tag

Die Gründe für das Vorgehen von Mäc-Geiz lassen sich nur erahnen. Pro Tag macht der gesamte Einzelhandel in Deutschland während des Lockdowns bis zu einer Milliarde Euro Verlust am Tag. „Die Weihnachtszeit und die Tage zwischen den Jahren sind traditionell die umsatzstärkste Zeit im Einzelhandel. Der Lockdown-Handel verzeichnet in diesem Jahr voraussichtlich Umsatzeinbußen in Höhe von 36 Milliarden Euro. Bis zu 50.000 Geschäfte mit 250.000 Beschäftigten sind in Gefahr“, erklärt HDE-Hauptgeschäftsführer Stefan Genth gegenüber RTL.

Handelsverband-Chef: "Politik muss fair und passgenau helfen"

Der Handelsverband Deutschland fordert mehr Fairness. „Das ist für den Dezember im Vergleich zur Gastronomie derzeit nicht der Fall.“, so Genth. „Auch der Handel muss Aufnahme in die Umsatzerstattung über die Dezemberhilfen finden. Und in der Überbrückungshilfe brauchen wir entscheidende Anpassungen im Detail, damit die Hilfe die richtigen Unternehmen in der passenden Höhe erreicht. Über all das sprechen wir derzeit intensiv mit der Politik.“

Eröffnungen im Lockdown können Marke schaden

Läden wir Mäc-Geiz oder Kodi wollen offenbar nicht auf politische Hilfen warten und helfen sich mit ihrem Schlupfloch-Prinzip stattdessen lieber selbst. Strategien wie diese können aber auch nach hinten losgehen, weiß Markenexperte Jon Christoph Berndt. „Marken sind dazu da, dass sie sozial und solidarisch sind“, sagt er im Interview mit RTL. Auch in Krisenzeiten ist es wichtig für Unternehmen einen kühlen Kopf zu behalten und lieber auf den schnellen kurzfristigen Umsatz zu verzichten, als einen Imageschaden zu erleiden.

Kreativität der Einzelhändler kennt keine Grenzen: Viel Kritik für Douglas

Auch Douglas hatte zu Beginn des Lockdown für Schlagzeilen gesorgt, weil sie ihre Geschäfte mit einem Trick weiterhin vor der Schließung bewahren wollten: es sollte nur der Teil mit einem Angebot von Drogerieprodukten für den Einkauf geöffnet bleiben, den Drogeriemärkte sind von den Lockdown-Bestimmungen ausgenommen.

Doch die Douglas-Chefin ruderte zurück, schloss alle Filialen und greift auf ein legales Schlupfloch zurück: das Click and Collect System. Die Ware muss zwar im Internet bestellt werden, kann dann aber beim Händler vor Ort abgeholt werden. Auch Saturn, Ikea oder Baumärkte versuchen so, ihre Umsatzeinbußen gering zu halten.

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