Sie wog nur noch knapp 26 Kilogramm

Demenzkranke 93-Jährige stirbt unterernährt: Ihr Sohn steht vor Gericht

Jörg K. im Amtsgericht Hannover.
Jörg K. im Amtsgericht Hannover.
RTL Nord

Wenn Kinder ihre pflegebedürftigen Eltern aus dem Heim holen, dann häufig, um sich selbst um sie zu kümmern. Der heute 74-jährige Jörg K. aus Hamburg ist dieser Pflicht laut Staatsanwaltschaft Hannover nicht nachgekommen, nachdem er seine demenzkranke Mutter im Dezember 2016 aus einem Seniorenwohnheim in ihre eigene Wohnung nach Hannover geholt hat. Ein halbes Jahr später ist sie tot. Jörg K. muss sich deshalb vor dem Amtsgericht Hannover verantworten und versucht zu erklären, was vor rund fünf Jahren passiert ist.

Unterernährt und ausgetrocknet

Offenbar hat Jörg K. seine 93-jährige Mutter Margot häufig allein gelassen, so ist es bei der Verlesung der Anklage zu hören. Er soll sie zuvor aus dem Seniorenheim geholt haben, weil es ihm dort nicht gefiel und er für seine Mutter einen neuen Platz finden wollte. Es habe im Heim zu wenig Personal und schlechte Betreuung gegeben, es sei auch nicht sauber gewesen, erklärt Jörg K. dem Richter. Der 74-Jährige habe seine Mutter zu Weihnachten 2016 aus dem Heim geholt „weil es einfach nicht mehr ging“. Und weiter: „Ich hatte naiverweise geglaubt, dass ich einen freien Platz bekommen könnte. Ich wollte, dass sie gar nicht lange in der Wohnung ist.“

Jörg K.: "Diese Zeit ist eine ganz schwere Zeit für mich gewesen“

Jörg K. äußert sich bei der Verhandlung im Amtsgericht Hannover ausführlich zu den Vorwürfen.
Jörg K. äußert sich bei der Verhandlung im Amtsgericht Hannover ausführlich zu den Vorwürfen.
RTL Nord

Laut Anklageschrift lebte der heute 74-Jährige selber in Hamburg, während seine Mutter in der Wohnung in Hannover war. Jörg K. erzählt vor Gericht, er dachte, dass er der Aufgabe, seine demenzkranke Mutter zu pflegen, gewachsen sei. „Diese Zeit ist eine ganz schwere Zeit für mich gewesen, grauenvoll“, sagt der 74-Jährige im Gericht. Es habe Momente gegeben, in denen sie ihn erkannt habe und dann wieder nicht. Auch sei sie, so erzählt der Angeklagte, manchmal in der Lage gewesen, selber zu kochen, manchmal aber auch nicht. Fast bis zuletzt habe Margot von sich aus trinken wollen. Wenn Jörg K. zwischendurch nicht da war, habe er immer geschaut, was noch im Kühlschrank war und so geprüft, was seine Mutter gegessen hatte.

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Mutter war in hilfloser Lage

Als sie starb, soll Margot nur noch knapp 26 Kilo gewogen haben und stark ausgetrocknet gewesen sein. Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass der Angeklagte gewusst habe, dass seine Mutter dauerhafte Pflege benötigte und ihre Nahrungs- und Flüssigkeitsaufnahme überwacht werden musste. Sein Verteidiger Christoph Burchard ist der Meinung, Jörg K. habe die Gefahr nicht realistisch einschätzen können. Es sei keine gute Idee gewesen, ihm die Verantwortung zu geben, sich um die kranke Mutter zu kümmern.

Gefahr des Todes bestand

Jörg K. wird von der Staatsanwaltschaft gefährliche Körperverletzung durch Unterlassen vorgeworfen. Er habe seine Mutter nicht zum Arzt gefahren und sei nur stunden- oder tageweise in der Wohnung gewesen. Auch Aussetzung ist ein Tatvorwurf, weil der Sohn seine Mutter in einer hilflosen Lage im Stich gelassen habe, obwohl sie in seiner Obhut war. Jörg K. habe sie so einer schweren Gesundheitsschädigung und sogar der Gefahr des Todes ausgesetzt. Die Vorwürfe streitet Jörg K. nicht ab.