Vor 20 Jahren erreicht der Terror eine neue Dimension
9/11 hat Hamburg gezeichnet - hier lebten die Attentäter

Vor 20 Jahren erschüttern die Terroranschläge am 11. September in New York und Washington die Welt. Einen Tag später ein weiterer Schock für Hamburg: Die Spur der damals noch mutmaßlichen Attentäter führt direkt in die Hansestadt. Deshalb gibt es in Hamburg am Freitag bereits eine Schweigeminute und gemeinsam mit dem US-Generalkonsul enthüllt der Erste Bürgermeister Peter Tschentscher Gedenktafeln, die zukünftig Teil eines Mahnmals sein sollen.
40-Stunden-Schicht bei der Polizei

Drei der vier Attentäter haben jahrelang in Hamburg gelebt und die Anschläge hier vorbereitet. Geahnt hat das niemand. 2001 zeigt eine Liste des FBI mit den Namen der damals noch mutmaßlichen Attentäter, die Verdächtigen sind in Hamburg-Harburg registriert. Martin Bähr leitet zu dieser Zeit bei der Hamburger Kriminalpolizei die Ermittlungen und arbeitet 40 Stunden durch. "Es war mir sofort klar, dass dieses einen Rieseneinsatz nach sich ziehen würde und eine große spektakuläre Geschichte werden würde – sehr zum Nachteil meiner Heimatstadt", sagt er 20 Jahre später RTL Nord gegenüber.
Bis dahin eine unvorstellbare Tat

Einsatzkräfte in Hamburg durchsuchen kurz nach den Anschlägen mehr als 20 Wohnungen. In der Marienstraße 54 finden sie Beweise. Mohammed Atta, der 33-jährige Ägypter steuerte am Morgen des 11. September das erste von vier entführten Flugzeugen in den Nordturm des World Trade Centers. Sein Freund und Komplize Marwan al-Shehhi flog das zweite Flugzeug. Vorwürfe, dass solche Taten in Hamburg geplant, aber nicht rechtzeitig aufgedeckt worden sind, macht sich der ehemalige Einsatzleiter nicht. "Es war auch zu diesem Zeitpunkt überhaupt für niemanden vorstellbar, dass man ein Flugzeug für so etwas missbrauchen könnte“, erklärt Bähr.
Attentäter galt als „sehr hilfsbereit“
Auch Prof. Dittmar Machule, bei dem Atta seine Diplomarbeit an der Technischen Universität Hamburg-Harburg (TUH) schrieb, hat das nicht geahnt und beschreibt ihn kurz nach dem Attentat als "sehr hilfsbereit, sehr freundlich, sehr engagiert, kritisch diskutierend“, dazu sei er „eigentlich ein Mensch gewesen, den man als angenehmen Partner empfand."
Kommilitonen damals geschockt
Fassungslosigkeit herrscht 2001 auch unter den Studenten der TUH. Die drei Attentäter haben hier jahrelang völlig unauffällig Elektrotechnik und Schiffbau studiert. Dass das Studentenleben die perfekte Tarnung einer islamisch fundamentalistischen Terrorzelle war, ahnte niemand. "Ich find‘s einfach unglaublich, wenn man sich überlegt, dass man neben diesen Leuten in der Vorlesung gesessen hat“, sagt damals ein Student. „Und es keinem aufgefallen ist, dass er in irgendeiner Weise terroristische Veranlagungen hatte. Und die Leute wohnten nebenan, zwei Häuser weiter von mir."
"Botschaft an die Zukunft"
Mittlerweile gehört das US-Generalkonsulat zu den bestgeschützten Gebäuden Hamburgs und der Schock sitzt auch heute noch bei den Hamburgern tief. Dazu sagt der Bürgermeister am Freitag auf der Gedenkveranstaltung: "Deshalb ist dieser Schrecken, den wir vor 20 Jahren erfahren haben auch eine Botschaft an die Zukunft, uns genau dafür einzusetzen, dass es friedlich zugeht in der Welt, das wir ein religiöser miteinander, ein Verständnis der Kulturen und der Völker füreinander entwickeln." (nid)