Marina Krauss kämpfte stundenlang um Laura DahlmeierReinhold Messner sicher: Vergeblicher Rettungsversuch bleibt „lebenslange Belastung”

von Daniel Becker und Phillip Oldenburg

Tragödie auf dem Berg!
Nach dem Tod von Laura Dahlmeier sitzt der Schock noch immer tief. Bei allen. Besonders schwer dürfte es für Marina Krauss sein. Über Stunden hatte die Seilpartnerin von Laura Dahlmeier versucht, die 31-Jährige zu retten. Vergeblich. Die dramatischen Momente wird sie wohl nie vergessen.

Marina Krauss setzte für Laura Dahlmeier ihr eigenes Leben aufs Spiel

Bergsteiger-Legende Reinhold Messner geht davon aus, dass die dramatische Situation am Berg Marina Krauss für den Rest ihres Lebens beschäftigen wird. „Es bleibt eine lebenslange Belastung”, erklärt Messner im Gespräch mit RTL und führt aus: „Das ist ein Eingriff ins Leben ohnegleichen.”

Wie Dahlmeiers Management zuvor verriet, hatte Krauss nach dem Unglück auf einer Höhe von 5.700 Metern viele Stunden versucht, die Biathlon-Olympiasiegerin zu retten – und dabei ihr eigenes Leben aufs Spiel gesetzt. Es waren hochdramatische Momente. Doch alle Bemühungen waren vergeblich. Nachdem Dahlmeiers Seilpartnerin keine Lebenszeichen vernehmen konnte, habe sie sich für einen Rückzug aus der Gefahrenzone und den weiteren Abstieg entschieden.

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Reinhold Messner, Bergsteiger, steht nach der Aufzeichnung der WDR Talkshow «Kölner Treff» im Studio.
Bergsteiger-Legende Reinhold Messner.
Thomas Banneyer/dpa/Archivbild

Ob Krauss nach Tragödie psychologische Betreuung in Anspruch nehmen wird, kann Messner nicht beurteilen. Er selbst habe trotz ähnlicher Traumata keine Betreuung gehabt, „weil das gar nicht möglich war”.

Trotz der „schwierigen und dramatischen” Erfahrung glaubt Messner, dass es eine Erfahrung ist, die anschließend von „großem Wert” sein kann. „Dieser Widerspruch ist nicht auflösbar. Aber diese Nahtod-Erfahrungen tragen uns in eine Dimension des Jenseitigen. Wir sind dabei nicht gestorben, aber wir sind am Leben geblieben, als ob wir gestorben wären.”

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Reinhold Messner respektiert Laura Dahlmeiers letzten Willen

Woran Dahlmeier letztendlich starb, ist abschließend noch nicht geklärt. Auf Grundlage der Erkenntnisse aus dem Hubschrauber-Überflug und der Schilderungen der Seilpartnerin zur Schwere der Verletzungen geht ihr Management zwar vom „sofortigen Tod Laura Dahlmeiers” aus. Doch der Leichnam der 31-Jährigen befindet sich noch auf dem Berg. Die Biathlon-Ikone selbst hatte schriftlich verfügt, dass man sie nicht retten oder bergen soll, wenn dadurch Lebensgefahr für andere entstehe. „Ich respektiere das und finde diese Haltung großartig”, betont Messner. „Es ist der Beweis dafür, dass sie das, was sie getan hat, auch geistig durchschaut hat.”

Ein solcher letzter Wille gehöre laut der Bergsteiger-Legende zum Wertekalog des traditionellen Alpinismus. „Ja, das passiert häufiger. Wer 200 Jahre Alpinismus einigermaßen verfolgt und verinnerlicht hat, weiß, dass viele Bergsteiger eine ähnliche Botschaft hinterlassen haben. Für die Angehörigen, für das Nachher.” Die Werte seien entstanden, „weil viele Bergsteiger erkannt haben, dass es immer ein Restrisiko gibt.”

Ob Dahlmeiers letzter Wille respektiert wird, scheint derzeit allerdings unsicher. Pakistanische Medien berichten, dass der Körper der Doppel-Olympiasiegerin doch geborgen werden soll – aber nur, wenn es die Bedingungen zulassen!

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Nichtsdestotrotz sei es laut Messner „großartig” gewesen, dass am Laila Peak eine Rettung versucht worden sei. „Das ist auch eine Selbstverständlichkeit, denn das gehört auch zum Bergsteigen dazu, dass wir alles tun, um ein fremdes Leben, wenn wir es retten können, zu retten. Das heißt, wir stehen uns alle gegenseitig bei.” Wenn es aber keine Rettung mehr gebe, wenn es zu spät sei, „wird eine noch intakt seiende Person den Weg nach unten suchen und ihr eigenes Leben retten. Es wäre eine Unmenschlichkeit, das eigene Leben aufs Spiel zu setzen, wenn das zweite Leben nicht mehr rettbar ist.” Genau das hat Dahlmeiers Seilpartnerin getan. Bleibt zu hoffen, dass sie es schafft, die schlimme Erfahrung irgendwie zu verarbeiten. (mit dpa)