Zahlen ohne Scheine
Kartenzahlung auf dem Vormarsch – immer mehr Kunden verzichten aufs Bargeld
Ob auf dem Wochenmarkt, im Supermarkt oder beim Bäcker: Immer mehr Menschen greifen zur Karte statt zum Bargeld. Eine neue Studie des Handelsinstituts EHI zeigt, wie stark sich das Zahlverhalten in Deutschland verändert hat.
Kartenzahlung als Kaufanreiz auf dem Markt
Auf dem Wochenmarkt in Köln ist bargeldloses Bezahlen längst angekommen. Dunja Uhrmacher verkauft dort frisches Obst und Gemüse – und hat ihre Technik angepasst: „Kunden, die bei uns am Stand sind, gucken und irgendwas Schönes sehen, sich dann aber denken ‚Ach, ich habe nur 20 Euro in der Tasche. Aber ich habe ja schon so viel eingekauft und kann das jetzt nicht mehr mitnehmen.‘ Dann sage ich einfach: ‚Ja, ich habe aber Kartenzahlung.‘ Und dann – schwuppdiwupp –kaufen die noch mal vier Teile extra. Das ist ein totaler Kaufanreiz, auf jeden Fall.“
Mehr als 60 Prozent der Umsätze mit Karte
Im ehemaligen Bundestag in Bonn hat das Kölner EHI Retail Institute am Dienstag (06.05.) seine neue Studie vorgestellt. Demnach wurden im vergangenen Jahr 63,5 Prozent des gesamten Einzelhandelsumsatzes in Deutschland mit Karte bezahlt – ein neuer Höchstwert. Horst Rüter vom EHI erklärt: „Das mobile Bezahlen wird immer populärer und dort liegen wir mittlerweile bei zwölf bis 13 Prozent an kartengestützten Zahlvorgängen.“ Besonders bei jüngeren Kunden sei das Bezahlen per Smartphone beliebt.
Regierung plant Pflicht zur Kartenzahlung
Noch zahlen viele Menschen kleinere Beträge weiterhin bar – zum Beispiel beim Bäcker oder im Kiosk. Doch der Trend ist eindeutig: Vor zehn Jahren hielten sich Bar- und Kartenzahlung die Waage. Spätestens mit der Corona-Maßnahmenzeit bekam die Karte einen deutlichen Schub. Nun will auch die Politik eingreifen. Die Bundesregierung plant, eine Pflicht zur Annahme von Kartenzahlung einzuführen – um Steuerhinterziehung zu erschweren. Horst Rüter sieht darin einen historischen Schritt: „Das ist das erste Mal seit 35 Jahren, seitdem ich diese Entwicklung verfolge, dass jetzt regierungsseitig in die bestehende Zahlungslandschaft versucht wird einzugreifen.“
Datenschutz und Kosten als Kritikpunkte
Doch nicht alle begrüßen die Entwicklung. Für Händler sind vor allem internationale Kreditkarten ein Kostenfaktor – sie verursachen bis zu viermal höhere Gebühren als die in Deutschland weit verbreitete Girocard. Auch Datenschützer äußern Bedenken: Wer digital bezahlt, hinterlässt Spuren. Bewegungsprofile, Konsumverhalten und sensible Daten können erfasst werden. Bargeld schützt vor dieser Form der Kontrolle. Kritiker warnen: Wenn das Bargeld verschwindet, geht auch ein Stück Freiheit verloren.