Kritische Nährstoffversorgung in jungen JahrenVegetarisches Essen für Kinder - gesund oder riskant? Das sagen Experten!

Eating vegetables by child make them healthier
Gemüse und Obst sind wichtig - aber führt eine vegetarische Ernährung zu Mangelerscheinungen?
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Viel Obst und Gemüse ist gesund, das weiß ja jedes Kind!
Aber ist eine rein vegetarische Ernährung auch gut für die Kleinen und Kleinsten im Wachstum? Das sagen Ärzte und Ernährungsexperten dazu.

Vegetarisch für Kinder? Es muss gut gemacht sein!

Linsenaufstrich statt Leberwurst auf dem Schulbrot, Möhren statt Knackwurst in der Kita-Brotbox und Sojabratlinge statt Schweineschnitzel auf dem heimischen Teller. Immer mehr Menschen ernähren sich ohne Fleisch, Fleischprodukte und Fisch - aber ist eine rein vegetarische Ernährung auch für die Kleinen und Kleinsten in der Wachstumsphase gut und richtig? Die einen sagen Ja, die anderen Nein. Es gibt Risiken und Vorteile.

„Man kann nicht pauschal sagen, dass vegetarische Ernährung immer gut ist, sondern es kommt auf die Zusammensetzung an”, sagt der Vorsitzende der Stiftung Kindergesundheit, Berthold Koletzko. „Es gibt auch die sogenannten Keks-und-Pudding-Vegetarier, die sich schlecht ernähren, mit vielen veganen Fertigprodukten oder populären Pflanzendrinks mit einer oft leider schlechten Nährstoffzusammensetzung.”

Es sei unbestritten, dass eine Ernährung mit vielen pflanzlichen Lebensmitteln empfehlenswert sei. „Das heißt aber nicht, dass sie zwingend frei sein muss von Fleisch und Fisch.” Es gebe auch Studiendaten, die auf Risiken für die Nährstoffversorgung und das Wachstum bei einer rein vegetarischen Ernährung hinweisen.

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Versorgung mit Eisen, Zink, Jod, Vitamin B12 oder Omega-3-Fettsäuren ist kritisch

„Eine vegetarische Ernährung ist gut möglich im Kindesalter, wenn man es richtig macht”, betont der Münchner Stoffwechselexperte. Die ausreichende Versorgung mit wichtigen Nährstoffen wie Eisen, Zink, Jod, Vitamin B12 oder Omega-3-Fettsäuren könne bei fleisch- und fischloser Kost aber kritisch werden.

Eine gut zusammengesetzte Ernährung, die auch Eier, Milch und Milchprodukte enthält, könne Abhilfe schaffen. Allerdings: „Die Risiken sind umso größer, je rascher das Kind wächst, also im Säuglingsalter, im frühen Kindesalter und noch einmal beim Wachstumsspurt in der Pubertät.”

Koletzki rät, zumindest in diesen Phasen bisweilen etwas Fisch oder Fleisch zu essen.

Eine gute vegetarische Ernährung habe auch viele Vorteile. Zum Beispiel: Die Kalorienzufuhr ist geringer, was Übergewicht bei Kindern vorbeugt. Der hohe Ballaststoffgehalt wirke sich positiv auf die Darmgesundheit aus. Diese Vorteile könne man aber auch erreichen, wenn man ab und zu Fisch und hochwertiges Fleisch esse.

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Mangel an Eisen und Vitamin B12 auf: Arzt warnt vor veganer Ernährung

Der Bonner Kinderarzt Axel Gerschlauer weist auf die positiven Aspekte einer vollwertigen vegetarischen Ernährung hin, die prinzipiell auch für Kinder gelten: „Über ein verringertes Risiko für Übergewicht, Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder Krebs im späteren Alter würden wir uns auch bei Kindern freuen.” Vor einer veganen Ernährung ganz ohne tierische Produkte wie Milch und Eier warnt der Sprecher des Berufsverbandes der Kinder- und Jugendärzte (BVKJ) Nordrhein allerdings ausdrücklich.

Wenn er Säuglinge oder Kleinkinder in seiner Praxis untersuche, stoße er gelegentlich auf Mangelerscheinungen, für die der Verzicht auf Fleisch verantwortlich sein könnte, berichtet Gerschlauer.

„Riskant sind bei dem Verzicht auf Fleisch im Kindesalter - und hier gilt: je jünger, desto riskanter - mögliche Nährstoffmängel. So kann der Mangel an Eisen und B12 zu Blutarmut, Schwäche, neurologischen Schäden und Entwicklungsstörungen führen.” Die meisten fleischlos ernährten Kinder und Jugendlichen, die zum ersten Mal zur Blutabnahme kommen, sind nicht ausreichend mit Eisen und B12 versorgt.

Wie seht ihr das?

Die Ergebnisse der Umfrage sind nicht repräsentativ.

Achtung: Kinder sind keine kleinen Erwachsenen!

„Kinder sind keine kleinen Erwachsenen und haben aufgrund des Wachstums und der Entwicklung ihres Gehirns und der anderen Organe deutlich höhere Ansprüche an eine konsequent gute Nährstoffversorgung als Erwachsene, bei denen alles schon fertig ist“, erklärt der Kinderarzt. Der „limitierende Faktor” sei jedoch die Menge an Nährstoffen, die aufgenommen werden kann.

„Ein Magen ist bei Kindern ungefähr so groß wie die eigene Faust.” Die Nährstoffe sollten also nicht zu viel Volumen haben.

Ein Argument pro Fleisch: In fleischhaltigen Breien für die erste Lebensphase ist Eisen in hochkonzentrierter Form enthalten. Und auch B12 sei in Fleisch in ausreichender Menge zu finden. Als Startpunkt für eine vegetarische Kinderernährung empfiehlt der BVKJ-Sprecher: „Je älter, desto besser.”

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Fleisch muss gezielt ersetzt werden - dann ist es unbedenklich

Die Bonner Forscherin Ute Alexy hält eine vegetarische Ernährung für Kinder für „unbedenklich”. Allerdings unter einer zentralen Voraussetzung: „Fleisch nicht einfach weglassen, sondern gezielt ersetzen durch Vollkornprodukte oder Hülsenfrüchte wie Linsen, Bohnen, Erbsen.” Gleichzeitig weist sie darauf hin, dass die offizielle Ernährungsempfehlung für Kinder bislang immer noch Mischkost ist - also mit Fleisch und Fisch.

Derzeit werde unter anderem bei der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) an Ernährungsempfehlungen für Kinder und Jugendliche gearbeitet, die auch ein „vegetarisches Leitbild” enthalten sollen, so die Ernährungsexpertin, die an den Arbeiten beteiligt ist.

Milch, so Alexy, sollten Kinder trinken - zum einen wegen des Kalziums für den Knochenaufbau. Und: Vor allem konventionell gehaltene Kühe erhalten in Deutschland Kraftfutter mit Jodzusatz, sodass die Milch auch zur Jodversorgung von Kindern und Jugendlichen beiträgt, erklärt sie. Zwei Studien mit jeweils rund 400 Teilnehmern - einmal bei Ein- bis Dreijährigen, einmal bei Sechs- bis 18-Jährigen - hätten keine Defizite in der Gruppe der Vegetarier gezeigt, sagt die Wissenschaftlerin, die an beiden Analysen beteiligt war. (Yuriko Wahl-Imme/dpa/ija)