Expertin schätzt die Mucinex-Methode ein Schneller schwanger durch Hustenmittel – was ist dran am TikTok-Trend?

Eine kleine Pille soll Großes bewirken - aber was ist dran?
Ein unerfüllter Kinderwunsch kann zur großen Belastung werden, viele Betroffene wünschen sich so sehr ein Kind, dass sie für einen positiven Test wirklich alles probieren würden. Aber ein Hustenmittel? Auf der Social-Media-Plattform TikTok sind Clips aufgetaucht, in denen Frauen behaupten, dass ein entsprechendes Medikament die Chancen auf eine Schwangerschaft tatsächlich erhöhe. Wir erklären was dahintersteckt und haben bei einer Gynäkologin nachgehakt, ob da wirklich etwas dran sein kann.
Medikament soll den Schleim im Gebärmutterhals lösen
„Wir nehmen jetzt die Pille, die uns hilft, ein Baby zu bekommen” - so oder so ähnlich heißt es in etlichen TikTok-Videos. Die Rede ist dabei von Mucinex, einem Husten- und Erkältungsmedikament, das in den USA frei erhältlich ist. Frauen nehmen demnach dieses und andere schleimlösende Mittel, die den gleichen Wirkstoff – Guaifenesin – enthalten, um endlich schwanger zu werden. Andere wiederum berichten sogar, dass die sogenannte Mucinex-Methode bei ihnen schon geklappt habe, sie seien nach der Einnahme tatsächlich schwanger geworden.
Welche Idee dahinter steckt, erklären zwei britische Experten für Reproduktionsbiologie auf der Wissenschaftsplattform „The Conversation“. Um die Eizelle zu erreichen und befruchten zu können, muss das Spermium zunächst durch den Gebärmutterhals. Ist dort aber zu viel oder zu dicker Schleim, könne es sein, dass die Spermien nicht durchkommen. „Die Idee ist, dass das Mucinex den Gebärmutterhalsschleim verdünnt und es den Spermien so erleichtert, die Eizelle zu erreichen.”
Lese-Tipp: Wirbel um Abnehmspritze – ungewollt schwanger nach Einnahme? Frauenärztin klärt auf
Gute Idee oder kompletter Schwachsinn?
„Davon halte ich überhaupt rein gar nichts!” Gynäkologin Dr. Dorothee Struck findet im Gespräch mit RTL deutliche Worte. Ein Medikament gegen Husten sollte nicht auf diese Weise zweckentfremdet werden. „Es kann nicht funktionieren, denn das Bronchial-Flimmerepithel ist biologisch komplett anders aufgebaut als der Muttermund, wo ganz andere Zellen vorkommen”, erklärt die Expertin.
Zudem habe der Schleim im Muttermund eine komplett andere Funktion, erklärt Dr. Struck. „Das ist biologisch total faszinierend, dass er kurz vorm Eisprung so eine Pförtnerfunktion hat. Er sagt: Bakterien bleiben weiterhin draußen, wir wollen ja keine Eileiterentzündung. Aber die Spermien, die dürfen rein! Das heißt, das ist etwas ganz anderes als eine Reaktion auf eine Entzündung, die ausgeworfen werden soll, weil der Körper sich gegen Viren und Bakterien wehrt.”
Die Einnahme einiger Schleimlöser könne sogar gefährlich werden, betont die Expertin. „Wenn man es überdosiert, kann es bis hin zu Muskellähmungen kommen, im schlimmsten Fall Muskellähmung der Atemmuskulatur. Ist es das wirklich wert?”

Warum springen so viele auf den Trend auf?
Aber wieso machen so viele Frauen diesen Trend nach, für den keine validen wissenschaftlichen Nachweise gibt?
Viele Frauen würden sich zu schnell Stress mit der Familienplanung machen, so Dr. Struck. „Wir erwarten in dem Moment, in dem wir die Pille absetzen oder mit der Verhütung aufhören, dass gleich etwas passiert.” Würden die Frauen dann nicht sofort schwanger werden, würden viele sehr schnell glauben, dass bei ihnen etwas nicht stimme. Und dann nach einer schnellen Lösung suchen – wie der Mucinex-Methode.
Die Gynäkologin betont, dass die Wahrscheinlichkeit einer Empfängnis selbst unter optimalen Bedingungen – bei jungen, gesunden Menschen – bei maximal 25 Prozent pro Zyklus liege. „Das heißt mit 35 Jahren können durchaus 18 Monate Wartezeit im normalen Bereich sein, ohne dass was kaputt ist.”
Lese-Tipp: Sport in der Schwangerschaft: Drei Mythen im Check
Was können Frauen stattdessen tun, wenn es mit der Schwangerschaft nicht klappt?
Zunächst sollten sich Frauen bewusst machen, wann die besten Tage sind, um schwanger zu werden, so Dr. Struck. In den zwei Tagen vor dem Eisprung würden die Chancen am besten stehen. Zudem rät die Gynäkologin dazu, mit einer Ärztin oder einem Arzt zu sprechen. Oft würde es auch am Mann und seiner Spermienqualität liegen, wenn es mit einer Schwangerschaft nicht klappe. Das sollte alles bei Fachärzten getestet und abgeklärt werden, anstatt zu einer nicht wirksamen Anti-Husten-Pille zu greifen.
Aber was ist mit den Frauen, die auf TikTok behaupten, sie seien schwanger geworden, nachdem sie das Hustenmittel genommen haben? „Zufall,” sagt die Ärztin. Oder Placeboeffekt. „Das hat aber gar nichts mit dem Hustenlöser zu tun.“