Blasen-Doc im Interview Diese Geheimtipps gegen Blasenentzündung kennen selbst viele Urologen nicht

Was tun, wenn es in der Blase brennt?
Diese Frage stellen sich sehr viele Betroffene von Blasenentzündungen. Denn in nicht wenigen Fällen helfen Antibiotika kaum noch weiter. Was man sonst noch tun kann gegen die brennenden Schmerzen in der Blase weiß Prof. Dr. Stephan Roth. Im Interview mit RTL.de verrät er seine besten Tipps und Tricks gegen akute und chronische Blasenentzündungen.
Minipille kann schuld an Blasenentzündungen ein
RTL.de: Welche Symptome sind typisch für akute und chronische Blasenentzündungen?
Prof. Dr. Stephan Roth: Eine akute Blasenentzündung ist meistens mit starken Schmerzen und Wasserlassen verbunden. Dazu gehöre häufige Toilettengänge und mitunter auch Blut im Urin. Im Unterschied dazu sprechen wir von einer chronischen Blasenentzündung, wenn eine Frau mehr als drei bakterielle Entzündungen im Jahr hat. Dann äußert sie sich genauso wie die akute. Der chronische Schmerz in der Blase kann aber etwas ganz anderes sein. Das kann vom Rheuma der Blase, von der interstitiellen Zystitis oder auch vom Blasenkrebs kommen. Diese Krankheiten machen aber nicht diese akuten Beschwerden, wie sie die Frauen mit Blasenentzündungen kennen.
Wieso sind besonders oft Frauen betroffen?
Das ist anatomisch bedingt, weil die Frauen eine ganz kurze Harnröhre haben von 4 bis 5 Zentimetern, während die Männer durch die Harnröhre mit dem Penis dann 25 bis 30 Zentimeter distanzmäßig viel geschützter sind. Bei der Frau kann es viel leichter zu aufsteigenden Infekten kommen von dem Introitus der Scheide aus nach oben oder durch Geschlechtsverkehr, weil es dann rein mechanisch einmassiert wird. Bei Frauen in oder nach der Menopause fehlen im Alter sehr oft die lokalen Östrogene in der Scheide. So kommt es zu einer deutlich verminderten Abwehrsituation. Die Östrogene führen nämlich dazu, dass in den Schleimhautgewebe der Scheide Glucagon gebildet wird. Das ist ein Zucker und von diesem Zucker ernähren sich die Milchsäurebakterien. Und wenn die Milchsäurebakterien nicht genügend Nahrung haben, arbeiten sie schlecht und deswegen kann es kann leichter zu den aufsteigenden Infekten kommen.
Welche Ursachen gibt es für Blasenentzündung?
Ursächlich können Operationen und Fehlbildungen sein. Wenn man von der akuten Entzündung ausgeht, gibt es zum Beispiel, was relativ selten ist, auch die Ausstülpung der Harnröhre, sogenannte Divertikel, in denen sich Bakterien oder Eiter ansammeln. Daher gibt es Frauen bei denen bei Druck auf die Blase oder beim Geschlechtsverkehr ein Sekret aus der Harnröhre heraus kommt. Dann drückt sich diese Ausstülpung leer. Wenn man Frauen untersucht, die wiederkehrende Blasenentzündung haben, guckt schaut man sich die Harnröhre an. Das geht ganz gut mit einer beim Ultraschallsonde, weil man damit die Ausstülpungen erkennen kann, die dann zu einem Versteck für Bakterien werden können, um zu gucken ist da so ein Depot an Bakterien ist, was immer wieder zu Infekten führt. Häufiger ist eine lokale Situation Schwieriger ist die Situation bei jungen Frauen, wo man nicht weiß, wo das herkommt. Es gibt zum Beispiel Theorien, die sagen, dass die Minipille einen lokalen Östrogenmangel auslöst. Dann kann man versuchen, in Absprache mit der Frauenärztin vielleicht eine andere Pille zu nutzen oder lokal Östrogen in die Scheide zu geben, um zu schauen, und zu sehen, ob es nachfolgend dann zu weniger aufsteigenden Infekte kommt.
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Wann ist eine Antibiotika-Therapie die beste Wahl?
Wenn Sie eine unkomplizierte Entzündung haben, kann man versuchen, ohne Antibiotika auszukommen. Unkompliziert heißt, man hat kein Fieber. In dem Moment, wenn eine Frau Fieber hat, muss man Antibiotika nehmen weil eine Gewebebeteiligung vorliegt. Gefährlich ist, wenn es zur aufsteigenden Entzündung in der Niere kommt, die bis zu einer gefährlichen Blutvergiftung führen kann.
Wann lohnt es sich, Hausmittel zu probieren?
Wenn man ab und zu mal eine Entzündung hat, die leichteren Grades ist, kann man es anderweitig probieren als mit Antibiotika. Es gibt dazu eine gute Untersuchung von der Allgemeinmedizinerin Frau Gágyor, die in Würzburg an der Universität arbeitet. Die Sie hat in einem vergleichenden Studiendesign untersucht, ob Frauen mit einer leichten Harninfektion akuten Blasenentzündung und ohne Fieber auch ohne Antibiotika auskommen. Die eine Hälfte hat viel getrunken und Schmerzmittel genommen (Ibuprofen). Die andere Hälfte hat Antibiotika genommen. Beides war gut. Es dauerte allerdings bei den Leuten, die kein Antibiotika hatten länger, bis die Beschwerden weg waren. Wenn man es schnell und sicher haben will, nimmt man Antibiotika. Dann kriegt man zu 90 Prozent die Entzündung weg. Wer Antibiotika vermeiden möchte, bei dem dauert es zwei bis drei Tage länger, aber und die Wahrscheinlichkeit dass die Blasenentzündung ausheilt, beträgt auch liegt ungefähr 66 Prozent. Eine wichtige Studie die zeigt, dass es auch ohne Antibiotika gehen kann. laut Studie, dass die Blasenentzündung weggeht.
Nur wenige Hausmittel helfen wirklich
Welche Hausmittel sind effektiv gegen Blasenentzündung?
In der akuten Therapie sollte man viel trinken zum Ausschwemmen. Gegen die Schmerzen kann man Schmerzmittel nehmen. Ansonsten kann man einen Tee trinken. Er heißt Canephron und ist ein Gemisch von Tausendgüldenkraut, Liebstöckel und Rosmarin. Dieses Pflanzengemisch Das einzige, was ist tatsächlich mal einmal untersucht worden ist. Dabei war der Tee Dieser Tee war ähnlich gut wie Antibiotika und war . Er war also nicht der antibiotischen Therapie nicht unterlegen. Wenn es dennoch nichts bringen sollte, dann lasst es weg, weil es halt auch das Geld kostet. Es gibt natürlich noch Echinacea, Ackerschachtelhalm und viele weitere natürliche Mittel die helfen sollen bei Blasenentzündung, aber deren Wirkung ist nicht ausreichend belegt. Das andere was man akut machen kann, was immer wieder empfohlen ist wird ist die Mannose. Da ist jetzt im letzten Jahr eine große Untersuchung gemacht worden. Fast 300 Frauen hatten als Studienteilnehmer jeden Tag 2 Gramm Mannose genommen und die anderen 300 Frauen keine Mannose Es gab in der Gruppe der Frauen, die Mannose eingenommen haben, genauso viele Blasenentzündungen wir bei denen , die nichts genommen haben. Es hat nichts gebracht. Also das Geld kann man sich sparen.
Wie sieht es mit Cranberry aus? Das wird ja auch sehr oft bei Blasenentzündungen empfohlen.
Cranberry, die Moosbeere, bringt bei der akuten Infektsituation nichts. Da gibt es eine Metaanalyse von allen Studien, die es gibt. Dort hat sich gezeigt: Wenn man Cranberrys nimmt, hat man eine Reduktion um 30 Prozent, dass es zu einer Harnwegsinfektion kommt. Cranberrys kann man empfehlen aber muss da muss man darauf achten, dass man etwas nimmt, das sozusagen genügend Wirkstoff aufnimmt. Bei den Cranberrys sind das pro Tag ungefähr 36 Milligramm von Proanthocyanidin, abgekürzt PAC.
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Das verbotene Salz
Kennen Sie noch weitere Geheimtipps bei hartnäckigen Blasenentzündungen?
Es gibt tatsächlich zwei Sachen, die die meisten Urologen nicht kennen. Es gibt zum Einen ein Salz. Das heißt Methenamin. Die EU hat das leider verboten. Man kann es aber über Auslandsapotheken bekommen. Da nimmt man zweimal am Tag eine Kapsel mit einem Gramm ein. Das Besondere an diesem Salz ist, dass es unverändert im Urin ausgeschüttet wird. Wenn der Urin sauer ist, spaltet sich der Urin dann auf in Stickstoff und Formaldehyd. Formaldehyd lässt Bakterien nicht weiter wachsen. Wenn man dieses Methenamin einnimmt, hat das denselben Effekt zur Vermeidung von Infektionen wie eine Dauerantibiose. Eine Studie, die in England erschienen ist, hat das endgültig bewiesen. Ich habe viele Patienten, die es nehmen. Das Salz sorgt für eine um 70 Prozent verringerte Wahrscheinlichkeit, dass es zu einer Blasenentzündung kommt. Diejenigen denen das Methenamin nicht hilft und die immer wieder bakterielle Entzündungen haben, aber nichts mehr schlucken wollen, weil sie zum Beispiel massive Probleme mit dem Darm bekommen, können sich ebenfalls helfen. Man kann sich nämlich das flüssige Antibiotikum mit einem feinen Katheter in die Blase spritzen. Damit bekommt kriegen sie bekommen die Betroffenen die Entzündungen auch weg. Der große Vorteil ist die hohe Konzentration und nichts wird durch die Schleimhaut der Blase aufgenommen. Deswegen gibt es keine systemischen Nebenwirkungen.
Warum ist Methenamin in der EU verboten?
Weil Formaldehyd gebildet wird. Es ist bekannt, dass Formaldehyd, wenn man es einatmet, zu Kehlkopfskrebs führen kann. Wenn man es als Tablette schluckt, kommt es laut Messungen so im Urin an und man atmet nichts ein. Daher passiert auch nichts.
Was halten Sie von Bakteriophagen?
Das gilt inzwischen als eine Art Wundermittel. Bakteriophagen sind Viren, die nur von Bakterien leben und die helfen tatsächlich. Wenn sie zum Beispiel chronisch entzündete Wunden haben, können sie die Bakteriophagen auf die Wunde legen und die säubern die Wunde. Das ist ein ganz tolles Mittel. Bakteriophagen wirken aber nur dann, wenn man sie dorthin gibt, wo sie wirken sollen. Man müsste sie also direkt in die Blase spritzen. Die Tabletteneinnahme bringt nichts weil die Bakteriophagen nicht dort ankommen, wo sie hinsollen.
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Darf man Kaffee trinken bei Blasenentzündung?
Ja. Kaffee trägt sogar dazu bei, dass die Blase leer wird, weil Kaffee einen Wasser treiben Effekt hat wie Tee. Dadurch scheidet man etwas mehr aus. Auf der anderen Seite ist natürlich so, wenn Frauen die eine Blasenentzündung haben, durch den Reiz und die Schmerzen sowieso auf die Toilette rennen.
Wie sollte man sich ernähren wenn man häufig Blasenentzündungen hat?
Es gibt keine wissenschaftlichen Belege dafür, dass eine bestimmte Ernährung gegen Blasenentzündungen hilft. Aber es gibt viele Theorien. Eine davon ist, dass Flavonoide, also diese ganzen Farbstoffe in Pflanzen, etwas bringen. Wenn man also viel mediterrane Kost isst, hilft das wahrscheinlich nicht nur zur Krebsvorbeugung, sondern auch bei Blasenentzündung. Also viel Obst und Gemüse essen ist immer gut.
Es lohnt sich also auch, die Ernährung umzustellen und das Immunsystem zu stärken, oder?
Genau, das kann man alles machen. Es gibt ja die Theorien, dass möglicherweise Frauen mit Vitamin-D-Mangel vermehrt zu Blasenentzündungen neigen. Vor allem im Winter kann es sich daher lohnen, auf die eigene Vitamin-D-Versorgung zu achten. Aber wenn jemand mit einer chronisch bakteriellen Blasenentzündung trotz guter Ernährung immer wieder Blasenentzündungen hat, dann hat das andere Ursachen.
Wie oft „darf“ man die Toilette aufsuchen, wenn man eine Blasenentzündung hat?
Bei einer akuten Blasenentzündung ist es immer gut, Wasser zu lassen. Wenn es um den chronischen Zustand geht, hat es eine andere Bedeutung. Wenn dann jemand immer auf die Toilette geht, kann das die Blase künstlich klein machen. Bei einer akuten Blasenentzündung ist es im Gegenteil gut, viel zu trinken und die Blase häufig leer zu machen, damit die Bakterien ausgeschwemmt werden.
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