Social-Media-Trend

„Ich zähle jetzt bis drei …“ Wie Kinder die Drohsätze von früher heute beantworten

Wenn sich Kinder Erwachsenen anvertrauen, sollten keine Fragen nach Details gestellt werden. Das sollte man Fachleuten überlassen.
Eine bindungsorientierte Erziehung stärkt die Eltern-Kind-Beziehung.
Annette Riedl/dpa/dpa-tmn
von Lauren Ramoser

„... und dann ist die Welt wieder in Ordnung!“
So beendet die Tochter einer Influencerin den alten Drohsatz, den heute immer noch viele kennen dürften, in einem Experiment mit ihrer Mutter. Ein aktueller Social-Media-Trend, der richtig ans Herz geht! Familienberaterin Ruth Marquardt erklärt, mit welcher Form der Erziehung Eltern definitiv auf dem richtigen Weg sind.

Drohsätze kennen viele Eltern aus ihrer Kindheit

Wenn Kinder nicht machen, was ihre Eltern wollen, gibt es seit Generationen Ärger. Aus ihrer Kindheit dürften viele noch klassische Androhungen kenne: ,Wenn das jetzt noch einmal runterfällt, setzt es was’, ‚Solange du unter meinem Dach wohnst, machst du, was ich sage‘, ‚Ich zähle jetzt bis drei und dann gibt es Ärger‘ – und das sind nur einige Beispiele für Sätze, mit denen Eltern ihre Kinder unter Druck setzen, damit sie gehorchen.

Doch was lösen diese Sätze in Kindern aus? „Wenn Eltern selbst gelernt haben, dass Gehorsam durch Strafen oder Drohungen erreicht wird, dann ist das das Mittel, auf das sie zurückgreifen”, erklärt Ruth Marquardt im Gespräch mit RTL.

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In Kindern würden diese überholten Sätze vor allem eines auslösen: „Angst, Unsicherheit und das Gefühl, nur dann in Ordnung zu sein und liebenswert, wenn sie sich anpassen“, erklärt Marquardt. Sie würden den Kleinen das Gefühl geben, nur dann geliebt zu werden, wenn sie gehorchen.

Social-Media-Trend zeigt enge Bindung von Eltern und Kind

Aktuell werfen Clips in den sozialen Netzwerken ein ganz neues Licht auf die Erziehungsmethoden moderner Eltern. Influencerin Nadine Obert (@nadine_freesoul) beginnt die bekannten Sätze und lässt ihre Tochter aus dem Hintergrund des Videos antworten.

„Wenn das jetzt noch einmal runterfällt...“, beginnt Obert. „...dann ist das nicht schlimm“, antwortet die Kinderstimme. Ihre Mutter lächelt glücklich. Das nächste Beispiel: „Solange du unter meinem Dach wohnst...,“ startet Obert. „… bin ich sicher“, finalisiert ihre Tochter.

Unter dem Video überschlagen sich Follower mit positiven Kommentaren. Viele schreiben, dass sie vor Rührung Tränen in den Augen gehabt hätten. Eine Reaktion, die Marquardt gut nachvollziehen kann. „Wenn ein Kind den Satz ,Ich zähle jetzt bis drei’ mit ,und dann ist alles gut’ beendet, zeigt es, dass dieses Kind ein wundervoll offenes Mindset gelernt hat. Statt Strafe und Angst regieren Mut, Unterstützung und Zuversicht!“

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Eltern setzen auf bindungsorientierte Erziehung

Dass die Kinder in den aktuell trendenden Videos so positiv antworten, liegt an der bindungsorientierten Erziehung der Eltern. „Immer mehr Eltern setzen auf Beziehung statt Erziehung”, sagt Ruth Marquardt. „Eltern verstehen: Je liebevoller und verständnisvoller sie mit ihren Kindern umgehen, desto sicherer entwickelt sich die emotionale Bindung zwischen Eltern und Kindern und desto selbstbewusster und emotional stärker werden ihre Kinder.”

Laut Expertin zeige dieser neue Trend eine sehr positive Entwicklung auf, aber es sei auch „ein langer Weg”.

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Was, wenn man Kindern trotzdem droht?

Nicht immer gelingt es, auf liebevolle Kommunikation zu setzen, im Alltag bringen Kinder ihre Eltern schließlich nicht selten an den Rand des Wahnsinns. „In Momenten von Druck und Überforderung ‚rutscht mir das eben so raus‘. In genau solchen stressigen Situationen greifen Eltern dann eben unbewusst auf diese alten Muster zurück“, weiß Expertin Marquardt.

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Eltern sollen sich deswegen nicht verrückt machen, aber dennoch über die Situation nachdenken und überlegen, warum sie gerade so gehandelt haben. „Jeder kleine Schritt zählt. Jede Situation, in der wir uns für Verständnis statt für Macht entscheiden, stärkt unsere Kinder“, so die Expertin. „Es geht darum, Eltern zu ermutigen, neue, liebevolle Wege zu finden – Wege, die auf Verbindung und Vertrauen basieren statt auf Drohungen und Druck.“ So könne es gelingen, „starke, empathische und respektvolle Menschen von morgen” zu erziehen.